Derya Türk-Nachbaur schlug im Internet zwar geballter Hass Unbekannter entgegen, viele Wegbegleiter aus dem direkten Umfeld aber stärken dem couragierten Mitglied des SPD-Landesvorstands den Rücken. Foto: Türk

Hass und Fremdenfeindlichkeit gegen SPD-Kreisvorsitzende nach Beitrag zu Randalen in Stuttgart.

Bad Dürrheim - Geballter Hass und Fremdenfeindlichkeit schlägt der SPD-Kreisvorsitzenden Derya Türk-Nachbaur im Internet entgegen. Sie hat schon beinahe Übung darin, sich dagegen zu wehren. Doch die jüngsten Ereignisse im weltweiten Datennetz schocken auch die couragierte Bad Dürrheimerin sehr.

"Diese H*** würde ich als erstes hängen" - der Satz dürfte sich unauslöschlich in ihr Gedächtnis einbrennen. Genauso unauslöschlich, wie er nun auch dort ist, wo er am Montag geschrieben worden ist: im Internet. Ein User namens Theo D. hat ihn auf der Plattform Facebook unter einer Diskussion des Heidelberger AfD-Vorstandsmitglieds Malte Kaufmann getippt. Einen Aufschrei aber erntete Theo D. mit seinem Kommentar keineswegs - stattdessen ergossen sich nur noch mehr unflätige Beschimpfungen und Hass auf Derya Türk-Nachbaur.

Womit sie sich diesen eingefangen hat? Sie tat, wofür die Kreisvorsitzende der Sozialdemokraten bekannt ist: Sie mischte sich ein. Kaufmann hatte nach den Randalen in Stuttgart, die er offenbar auf Linksextremisten zurückführt, zu "Recht und Ordnung" aufgefordert und dazu, die Antifa zu verbieten und den Linksextremismus auszutrocknen. Über 200 Mal wurde sein Post kommentiert, einer der Beiträge stammte von Derya Türk-Nachbaur: "Wir fangen mal mit dem Verbieten von rechten Populisten an. Sie stehen auf der Liste ganz oben." Kaufmann fühlte sich offenbar herausgefordert, verfasste einen weiteren Beitrag und eröffnete damit eine virtuelle Hetzjagd auf die Bad Dürrheimerin.

Kommentar geduldet

"Die Türk-Nachbaur (ist der Name ein Joke?) schafft sich doch selbst ab. Nur ruhig Blut und Geduld", "Fangen wir besser an, den türkischen Nachbauer wieder nach Hause zu bringen", "ab nach Hause!!!" oder "Gastrecht verwirkt", "Hier reißt sie die Schnauze auf und in ihrem Heimatland würde sie von ihrem Pascha mindestens in den Schrank gesperrt werden, wenn sie es wagt, zu widersprechen" war in der Folge unter dem Beitrag zu lesen. Und eben der eingangs erwähnte Kommentar "Diese H*** würde ich als erstes hängen".

Dass Kaufmann den Hass-Kommentar stundenlang auf seiner Facebook-Seite duldete, brachte ihm eine Anzeige von Türk-Nachbaur an die Internetwache der Polizei Baden-Württemberg ein. Und auch einige kritische Beiträge waren ihm sicher - "Was der Herr Kaufmann hier alles an ekligen Aussagen duldet, ist schon bezeichnend", fand beispielsweise ein Heiner T.

Den Schritt zur Internetwache der Polizei tat Derya Türk-Nachbaur schon häufiger, "aber immer erfolglos". Und stets aus demselben Grund: Drohungen oder Einschüchterungsversuche von Rechts.

"Ob ich Angst habe?", über diese Frage muss sie kurz nachdenken. "Inzwischen nicht mehr", sagt sie dann. "Aber ich hatte ganz doll Angst, als eine Drohung an meine private E-Mail-Adresse ging mit den Koordinaten unseres Hauses", gibt sie dann zu. Eine "Brand-Drohne" sei schon unterwegs, hatte ein Unbekannter ihr damals geschrieben. "Hier wohnen meine Kinder", fügt die SPD-Kreisvorsitzende nachdenklich hinzu und will sich nicht klein kriegen lassen. "Ich lasse Faschisten in diesem Land nicht zu", sagt sie kämpferisch. Und dass sie Angst habe, das sei doch genau das, was diese Leute bezweckten.

Immer wieder wird der Sozialdemokratin vorgeworfen, mit zweierlei Maß zu messen – sich klar gegen Rechts zu positionieren, aber nicht gegen linke Gewalt. Doch im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten betont sie, "linke Gewalt ist genauso zu verurteilen wie rechte" - als Sozialdemokratin aber habe sie es in der Regel eben meist mit dem Gegenwind von Rechts zu tun. "Wenn es Unruhe gibt, so Linksradikale Gewalt anwenden, dann verurteile ich das genauso!"

Im Fall der Bedrohung mit der Brand-Drohne ermittle der Staatsschutz noch immer. Doch man habe ihr wenig Hoffnung gemacht, den Urheber zu finden. "Die IP-Adresse, von der das geschickt wurde, ist wohl nicht zu identifizieren."