Bundesmittel in Höhe von 925.000 Euro fließen in Weiterentwicklung. Besucher taucht in virtuelle Welten ein.
Bad Dürrheim - Der Narrenschopf, Deutschlands größtes Fastnachtsmuseum, macht einen Quantensprung in die digitale Welt. Möglich wird das durch Bundeszuschüsse in Höhe von 925 000 Euro innerhalb der nächsten drei Jahre.
Der Ruhmeszug der schwäbisch-alemannischen Fastnacht hält an. Vor zwei Jahren wurde sie von der Unesco in den Stand eines nationalen Kulturerbes erhoben. Und nun fließen Bundesmittel von fast einer Million Euro in die Weiterentwicklung des Museums in Bad Dürrheim. Unter dem Stichwort "Museum4.0" haben sich die Verantwortlichen einiges vorgenommen und dabei namhafte Kooperationspartner mit ins Boot geholt, so auch die Hochschule Furtwangen.
Mit Hilfe digitaler Möglichkeiten soll die Fastnacht in den Museumskuppeln der Kurstadt erlebbar gemacht werden, beschreibt Hochschulprofessor Ullrich Dittler die Ausrichtung. Besondere Brillen erlauben dem Besucher beispielsweise, sich in einen Fastnachtsumzug einzureihen. Das soll Emotionen auslösen und für bleibende Erinnerungen sorgen. Dieses Eintauchen in virtuelle Welten wird nicht nur einer Person möglich sein. Die dritte Kuppel bietet mit ihrer Freifläche ganzen Gruppen die Chance, am Fastnachtsgeschehen teilzuhaben. Dittler vergleicht das mit 180-Grad-Projektionen ähnlich in einem Planetarium, wobei sich die Kuppel im Narrenschopf nicht mit Sternen, sondern närrischem Treiben füllt.
Ein weiteres Ziel: Die Fastnachts-Begeisterten können ihre Erfahrungen der Welt mitteilen. So soll der Internet-Auftritt des Fastnachtsmuseums die Möglichkeit bieten, Erlebnisse auszutauschen, selbst gedrehte Filme von Umzügen aufzuspielen und so ein eigenes soziales Netzwerk in Sachen Fastnacht zu pflegen.
Schätze für alle zugänglich
Roland Wehrle, Präsident der schwäbisch-alemannischen Vereinigung (VSAN), ergänzt, auch die Schätze des umfangreichen Archivs im Narrenschopf sollen digitalisiert und so der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Durch den attraktiver gestalteten Auftritt im Netz erhofft sich Wehrle deutlich mehr Klicks und Interesse für die schwäbisch-alemannische Fastnacht. Auch Wissenslücken sollen geschlossen werden: In Bremen würden sich die Menschen fragen, ob Fastnacht was zum Essen oder Trinken wäre.
Wehrle geht davon aus, dass die positiven Wirkungen umfangreich sind, neben mehr Besuchern im Schopf sei das auch eine Förderung von Tourismus und Wirtschaft in der Region.
Der Narrenschopf als größtes und das Schloss Langenstein als ältestes Fastnachtsmuseum kooperieren bei dem Vorhaben und kommen beide in den Genuss von Fördermitteln. Weitere Beteiligte am Museums-Projekt 4.0 sind das Deutsche Museum München, die Staatlichen Museen zu Berlin mit Humboldt Forum, das Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz sowie das Deutsche Auswandererhaus Bremen. Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien fördert alle Projekte inklusive des in Bad Dürrheims mit insgesamt 15 Millionen Euro für die nächsten drei Jahre.
Wehrle würdigt die Rolle des Bundestagsabgeordneten Thorsten Frei vom hiesigen Wahlkreis für den Förderzuschlag in Richtung Narrenschopf. Frei betont, dass das Projekt nicht nur dem Narrenschopf und dem Schloss Langenstein zugute komme, sondern von den dort gesammelten Erfahrungen und Entwicklungen auch die anderen Museen im Land profitieren könnten.
Der für die inhaltliche Konzeption von "Museum 4.0" im Narrenschopf zuständige Volkskundler Werner Mezger freut sich über die Aufnahme des Narrenschopfs in eine Liga mit Weltklasse-Museen wie den Staatlichen Museen in Berlin und den anderen Projektbeteiligten.
Wie Dittler anmerkt, werde das Konzept nun ausgearbeitet und vermutlich in wenigen Monaten an die praktische Umsetzung gegangen. Es sei vorgesehen, fertiggestellte Teilbereiche mit den Museumsbesuchern zu testen und je nach Reaktionen anzupassen und zu verbessern.
In der Geschäftsstelle im Untergeschoss des Narrenschopfs sollen noch drei zusätzliche Arbeitsplätze eingerichtet werden, die mit ehemaligen Mitarbeitern der Furtwanger Hochschule besetzt werden. Es handle sich um Fachleute mit Informatikwissen, erklärt Dittler.
Der Zeitplan für die Projekt-Umsetzung während der nächsten drei Jahre sei eng gesteckt, so Wehrle. Er hoffe im Anschluss auf eine Folgefinanzierung und entsprechende Zuschüsse.