Das Wappen Niedersachsens schmückt die ehemalige Feuerwehr-Do 27, die Wolfgang Retzbach aus Bad Dürrheim in etwa 2000 Arbeitsstunden in ein Schmuckstück verwandelt hat. Foto: Schwark Foto: Schwarzwälder Bote

Olditmer: Wolfgang Retzbach restauriert alte Flugzeuge / Viele Stunden Arbeit stecken in jedem Detail

Wolfang Retzbach hat zwei Leidenschaften: das Fliegen und schöne alte Dinge. Manchmal kann der 64-jährige aus Bad Dürrheim beide Passionen in einem Projekt vereinen. In 2000 Arbeitsstunden machte er aus einer legendären Dornier Do 27 ein wahres Schmuckstück.

Bad Dürrheim. Schon als Kind hatte Wolfang Retzbach einen großen Traum: das Fliegen. Mit seinen Kameraden lag er oft im Gras, um den Wolken und Flugzeugen nachzuschauen. An dieser Begeisterung hat sich bei dem heute 64-Jährigen nichts geändert. Seinen Traum vom Fliegen hat er sich vor vielen Jahren erfüllt und in seiner Karriere einiges erlebt. Zahlreiche Typen ist er geflogen – sein Herz verschrieb er jedoch dem Hersteller Dornier. Fünf Exemplare des Typs Do 27, hat er mittlerweile restauriert. Sein neuestes Werk, die Maschine mit der Kennung D-ELTT, ist nach zwei Jahren intensiver Arbeit wieder flügge.

Der feuerrote Vogel verließ die Dornier-Werke in Friedrichshafen mit der Werknummer 430 im Jahr 1959. Bis 1981 war der Leichtmetall-Vogel bei der Bundeswehr im Dienst. Dort ausgemustert, übernahm der Landesfeuerwehrverband Niedersachsen die Maschine als Beobachtungsflugzeug für Wald- und Flächenbrände. Die Do 27 ist für Retzbach etwas Besonderes. In Fliegerkreisen hat sie Kultstatus, ist ein Technikdenkmal einer Epoche: "Sie ist vergleichbar mit einem Opel Kapitän, der in diesen Zeiten für viele Bürger ein großer Traum war", sagt Retzbach. Und es war eine Ära, die er als Kind selbst miterlebte.

Auch Retzbach ist eine schillernde Figur. Der gelernte Baustatiker reiste in alle Welt, lernte fremde Kulturen kennen. Vielleicht wirkt er deshalb so gelassen und scheut sich nicht, den eigenen Weg zu gehen. 1976 gründete er in Friedrichshafen eine Flugschule, später betrieb er eine Boutique. Dazwischen reparierte er Oldtimer-Autos und alte Traktoren. Als Eventgastronom machte er sich mit dem Bregtäler in Bräunlingen einen Namen. Zudem kaufte er im Lauf der Zeit sieben alte Gebäude, die er restaurierte und wieder verkaufte. Mit dem Gasthof Löwen in Biesingen erfüllte er sich als siebtes Objekt seinen großen Traum. Das nahezu 500 Jahre alte Gemäuer brachte er von Grund auf wieder auf Vordermann.

Ein besonderes Faible hat er zudem für alte Technik. Ein originelles Motorradgespann, das er im Alter von 20 Jahren baute, fährt er noch heute. Seine zweite Do 27 schleppt er standesgemäß mit einem Holder-Traktor, Baujahr 1957, und passender Verkehrszulassung VS-DO 27 aus dem Hangar. Wenn er etwas will, kniet sich Retzbach rein. So absolvierte er bei einem Karosseriebauer in Mannheim ein vierwöchiges Praktikum. Der Chef hätte den Mann von der Baar sofort eingestellt. Bevor die Do 27 zum Thema wurde, restaurierte er eine Reihe anderer Motorflugzeuge.

Die D-ELTT hat Retzbach vollkommen runderneuert. Wegen eines Hagelschadens musste sie komplett neu beplankt werden. Vom neuen Fahrwerk über Armaturen, Seile, Leitungen, Kabelverbindungen bis zur letzten Schraube, alles ist überholt. "Die Faszination am Renovieren und Aufarbeiten" trieb Retzbach immer wieder an.

Dabei setzt der 64-Jährige auf altbewährte Handwerkskunst. Gebranntes Weizenmehl mit Ei vermischt wird aufs Metall aufgebracht und mit Terpentinspritzern veredelt. Haltbar wird das ganze durch eine Schicht Klarlack. So erhält das Cockpit die Anmutung einer Luxuslimousine. Die Veredlung des Instrumentenpaneels spart sich Retzbach bei der Feuerwehr-Do 27, die gut sichtbar das Niedersachsen Wappen trägt.

Im Hangar neben dem Internationalen Luftfahrtmuseum in Schwenningen schlummert mit der D-EMKA seit 1991 ein weiterer Schatz. Die zweitälteste Do 27, die gefertigt wurde. Sie hatte dem Fallschirmspringerclub gehört, der sich wegen ihres "Durstes" von ihr trennte. Zwischen 45 und 65 Liter Flugzbezin laufen pro Stunde durch die sechs Zylinder.

1500 Stunden hat Retzbach in die silberne DO 27 investiert. Dazu hält Retzbach ein großes Ersatzteillager vor. Nahezu alles, was kaputt gehen kann oder erneuert werden muss, ist vorhanden – bis hin zur kleinsten Schraube oder Sicherung. "Wenn doch mal was fehlt, tauschen wir Do 27-Piloten uns gerne aus", berichtet der leidenschaftliche Flugzeugführer. Retzbach, viele Jahre Absetzpilot für Fallschirmspringer, schwört auf den robusten und zuverlässigen Vogel. Wie sein Flugfreund Karlheinz Reichmann auch, mit dem er vier Do 27 hegt und pflegt.

Jährlich kommt Retzbach auf rund 100 Flugstunden, fliegt durch ganz Europa und lernt so viele Menschen kennen. 2018 will er eventuell Länder am Schwarzen Meer anpeilen. Aber Retzbach schätzt auch die Heimat. So hebt er bald wieder ab von Schwenningen, schwebt mit seiner Do und ihrem sonoren Sound über die Gipfel der Schwarzwaldberge.

Aber auch am Boden wird im nicht langweilig: Eine weitere Do 27, deren Einzelteile im Hangar von Retzbach lagern, wartet darauf, ins Leben zurückgerufen zu werden.

Die Do 27 ist ein leichtes, robustes einmotoriges Mehrzweckflugzeug mit besonderen Kurzstart-Eigenschaften. Die Maschine war im Dienst der Bundeswehr und anderen Streitkräften. Der Prototyp hob 1954 erstmals ab. Weltweit wurden einschließlich Lizenzbauten mehr als 600 Flugzeuge gefertigt. Rund 130 fliegen noch, davon etwa 55 in Deutschland. Die bekannteste Do 27 war die mit der Kennung D-ENTE von Bernhard Grzimek mit ihrer berühmten Zebrabemalung. Sie spielte eine wichtige Rolle im Film "Serengeti darf nicht sterben". Die Do 27 hat zwölf Meter Spannweite, ihre Motorleistung beträgt 270 PS. Die maximale Geschwindigkeit beträgt etwa 250 Stundenkilometer. Bei einem Fluggewicht von maximal 1,85 Tonnen kann sie bis zu sechs Personen transportieren.