Das Interesse war enorm: Rund 400 Zuhörer verfolgten gestern in der Osterberghalle die Debatte des Gemeinderats über die geplante Schweinezuchtanlage. Foto: Schück

400 Zuhörer in Osterberghalle in Öfingen. Zweifel an Gutachten. Stadt will durch alle Instanzen.

Bad Dürrheim - Bei einer Enthaltung lehnte der Gemeinderat gestern Abend in der Osterberhalle in Öfingen den Bauantrag von Urban Messner auf Errichtung eines Zuchtschweinestalles mit Ferkelaufzucht in Bad Dürrheim-Oberbaldingen ab.

Klaus Fischerkeller (CDU) enthielt sich der Stimme. Erbitterte Gesichter und gefaltete Hände in der Osterberghalle, wo sich zirka 400 Besucher eingefunden hatten, machten die emotionale Stimmung in der Bevölkerung deutlich. Platzeinweiser und Feuerwehr wiesen im Vorfeld der Veranstaltung den unzähligen Parkenden den Weg. "Das ist heute ein besonderes Baugesuch, das uns als Kur- und Bäderstadt besonders bewegt", erklärte Bürgermeister Walter Klumpp. Allerdings ist die Stadt Bad Dürrheim nicht Genehmigungsbehörde, sonder ndas Regierungspräsidium Freiburg. Dessen Jurist Michael Tröger berichtete in der Sitzung über das formelle weitere Verfahren.

"Eine ganze Region soll für die Bedürftnisse einer einzigen Familie in eine ungewisse Zukunft geschickt werden", rief Rainer Stolz von der Bürgerinitiative gegen eine Schweinefabrik in Bad Dürrheim. "Der jetzt vorgesehene Standort ist untragbar." Die Prädikate der Kurstadt stünden auf dem Spiel.

"Wir haben Vogelschutz, aber wer schützt uns vor den Menschen." Karl-Heinz Strittmatter vom Verein "Menschen für Tiere" wies darauf hin, dass das Vorhaben nicht dem Tierschutz entspreche und erinnerte an das fünfte Gebot "Du sollst nicht töten".

Ausbringen der Gülle auf Feldfläche nicht berücksichtigt

"Sie gehen in einem keimfreien Anzug in den Stall, sind Sie dann noch Landwirt?", rief eine Zuhörerin dem Antragsteller Urban Messner zu, der sein Anliegen vortrug. Verwirrende Berechnung verschiedener Wetterstationen über Winde, die legte Frank Dröscher, Sachverständiger Immisionsschutz, dem Publikum vor. Sein Ergebnis: Es ist zumutbar, dass in zehn Prozent von 24 Stunden Gerüche wahrnehmbar sind, bei der geplanten Anlage seien es nur zwei Prozent. Allerdings, so schränkte Dröscher ein, "wurde das Ausbringen der Gülle auf die Feldfläche nicht berücksichtigt. Damit erntete er Gelächter vom Publikum.

Walter Maier, Leiter des Landwirtschaftsamtes, erklärte, dass man überprüft habe, was mit der Gülle geschehe. Messsner habe Abnahmeverträge für 480 Hektar Fläche vorgelegt.

"Aus unserer Sicht kann die Gülle korrekt ausgebracht werden", so Maier. Eine Reihe von Punkten in den dem Antrag beigefügten Gutachten fand Edith Schütze von Faktor Grün "unzureichend" beleuchtet.

So zum Beispiel das Thema Landschaftsbild und Landschaftsschutz. außerdem wies Schütze, die von der Stadt Bad Dürrheim nun ebenfalls mit einem Gutachten beauftragt werden wird, auf das Vogelschutzgebiet Baar hin. "Es muss nachgewiesen werden. dass Verträglichkeit mit dem Vogelschutz gewährleistet ist.. "Das sind doch alles Gefälligkeitsgutachten", brachte Jürgen Efinger die Wut der Zuhörer zuvor auf den Punkt. Thorsten Heilshorn, Jurist der Stadt Bad Dürrheim, stimmte zu.

Bei Gutachten liege es in der Natur der Sache, dass der Antragsteller sie zu seinen Gunsten anfertigen lasse. "Im Ergebnis ist es so, dass die Gutachten zum Teil unzureichend und falsch sind", so Heilshorn. Er machte deutlich, dass die Stadt alle verfahrensrechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen und den den Klageweg durch alle Instanzen beschreiten will, um das Vorhaben zu verhindern. Sowohl bei Tierschutz, Brandschutz als auch bei Geologie und Artenschutz sieht Heilshorn das Konzept als unzureichend an. "Das Thema Bauleitplanung klammern wir aus, er gibt aber Anlass zu der Vermutung, dass das Vorhaben unvollständig ist."