78-Jährige fordert: Betreuungsbeschluss soll wieder aufgehoben werden / Richter stellt übliche Vorgehensweise dar
Von Markus Reutter
Bad Dürrheim. "Um Gottes Willen, in was bin ich da hineingeraten?" Eine 78-jährige Frau aus Bad Dürrheim fühlt sich "entmündigt" und wehrt sich gegen einen Betreuungsbeschluss, den das Amtsgericht in Villingen über ihre Person verhängt hat.
In den vergangenen Jahren hatte die Frau allerlei Ärger. Ursprünglich wohnte sie in Villingen, habe dort aber unter einem streitsüchtigen Nachbarn gelitten. Etliche Gerichtsverfahren waren deshalb anhängig, was die ältere Dame seelisch sehr belastete. Schließlich zog sie vor eineinhalb Jahren nach Bad Dürrheim. Das Umzugsunternehmen habe allerdings einen Schaden von mehreren Tausend Euro angerichtet, ist die Frau entsetzt und verweist auf Schäden vor allem am Schlafzimmermobiliar. Auch deshalb sind die Anwälte eingeschaltet, und auch das strapaziert die Nerven der 78-Jährigen.
Ihr Leid klagte sie Ende Februar einer Angestellten im Amtsgericht. Der Angestellten gegenüber meinte sie unter Tränen, dass sie alleine alles bewältigen müsse und am Ende sei. Die 78-Jährige vermutet nun, dass die Angestellte im Amtsgericht daraufhin dem Betreuungsgericht einen Hinweis gab und damit den Anstoß für ein Betreuungsverfahren gab. So erhielt die Frau aus Bad Dürrheim Mitte März Post vom Amtsgericht, dass das Gericht "aufgrund einer Anregung" prüfe, "ob für sie ein Betreuer bestellt werden soll".
Im März litt die Frau an einer Gürtelrose, die von ihrem Hausarzt falsch behandelt worden sei, mit einem Schmerzmittel, das ihr aber nicht die Schmerzen nahm, sondern nur dazu führte, dass sie benommen fühlte und es ihr schwer fiel, Gedanken zu fassen. In diesem geschwächten Zustand hätten sich die anfänglichen Gespräche mit dem Betreuungsrichter und der Amtsärztin wie eine Hilfestellung und Unterstützung angehört.
Nachdem dann aber Anfang Mai der Beschluss zur Betreuung ihrer Person erging, war die 78-Jährige über den Wortlaut der Mitteilung beunruhigt. In dem Brief des Betreuungsrichters musste sie lesen, dass eine "demenzielle Störung" als Grund für das Verfahren angegeben wurde. Mit dieser Beurteilung war die Frau überhaupt nicht einverstanden.
Ihre Vorbehalte gegen den Betreuungsbeschluss wurden noch größer, als ihre Hausbank eine Vollmacht von ihr wollte, um der bestellten Berufsbetreuerin, einer Rechtsanwältin aus Villingen, eine Scheckkarte für ihr Konto auszuhändigen. Das ging der älteren Dame nun endgültig zu weit, sie fühlte sich "entmündigt". Über ihr Geld wolle sie niemanden anderen verfügen lassen.
Daraufhin legte sie Widerspruch beim Betreuungsrichter ein. In ihrem Schreiben vom 29. Juni erklärt die 78-Jährige, dass sie mit einer Betreuung in dieser Form nicht einverstanden ist und bittet um die Aufhebung des Beschlusses.
Wie Betreuungsrichter Ulrich Gerlach erklärt, sei in dieser Sache noch keine Entscheidung gefallen. Aber natürlich könnten solche Beschlüsse auch wieder aufgehoben werden, wenn die Lebenssituation des Betroffenen entsprechend sei. Um abzuklären, ob die Person nicht mehr auf Betreuung angewiesen sei, werde bei Bedarf auch ein Gutachten eingeholt.
Derzeit würden im Amtsgerichtsbezirk Villingen-Schwenningen, zu dem auch Bad Dürrheim gehört, insgesamt 1500 Personen betreut. Die Zahl nehme zu, weil die Leute älter würden und damit die Demenzerkrankungen zunähmen. Dabei gebe es auch immer wieder Personen, die eine Aufhebung der Betreuung wünschten oder einen anderen Betreuer wollten. Im Gespräch mit den Betroffenen werde dann geschaut, was möglich und sinnvoll sei oder ob vielleicht Missverständnisse vorliegen, die aus dem Weg geräumt werden könnten.
Bei den Betreuern handle es sich häufig um den Ehepartner oder andere Familienangehörige, aber auch Freunde der Betroffenen kämen für diese ehrenamtliche Aufgabe in Betracht. Bei Bedarf könne aber auch ein Berufsbetreuer bestellt werden. Wer im Vorfeld regeln wolle, wer im Bedarfsfall eine Betreuung seiner Person übernehmen soll, könne eine Vorsorgevollmacht ausstellen. Weitere Informationen zu dem Thema finden sich auch auf der Homepage des Justizministeriums Baden-Württemberg (www.justiz-bw.de).