Die Bürgermasken in Bad Dürrheim. Foto: Spitz

Helfer verteilen Exemplare an Ehrenamtliche, Geringverdiener und Pflegende. Große Resonanz.

Bad Dürrheim - Ab Montag brauchen alle Masken – und trotzdem wurden die Initiatoren der Verteilung von Bürgermasken am Mittwochmorgen wider Erwarten nicht von den Bad Dürrheimern überrannt. Die Resonanz ist trotzdem überwältigend und so gut, dass schon über eine Öffnung und Ausweitung der Aktion auf andere Gruppen nachgedacht wird.

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Bürgermeister Jonathan Berggötz hat sich ein unifarbenes Modell in Jeansblau ausgesucht, der Wirtschaftsförderer und Bürgermeister-Referent Alexander Stengelin eines mit frischem Grün und Motiv. Und nicht nur sie, auch die Bürger haben die Qual der Wahl: Auf dem Tisch liegen selbst genähte Behelfsmasken in allen nur erdenklichen Farben, Mustern und Schnitten. Einfache Stoffflächen mit Tunnelzug, gefaltete Exemplare zum Ausklappen, geformte Kappen, mit Gummizug oder Bindeband, schlicht weiß, schrill bunt oder in dezentem Schick.

Unter einem Pavillon haben Uwe Hüls, der Sachgebietsleiter Soziales, Angelika Strittmatter und Wolfgang Götz vom Verein Generationentreff Lebenswert vor dem Albert-Schweitzer-Haus schon früh Position bezogen. Auch Bürgermeister Berggötz kam als Verstärkung hinzu. Doch die Tatsache, dass die Bad Dürrheimer die Ausgabestelle am ersten Tag nicht überrannt haben, wertet hier niemand als Signal dafür, Unnützes zu tun oder gar als Misserfolg. Wie könnte man auch – der Erfolg schließlich ist spürbar, auch wenn er zumindest an diesem Vormittag nicht in Zahlen messbar ist. Er wird auch so deutlich: Angelika Strittmatter ist noch immer ganz baff, was sich aus der leisen Anfrage einer Bürgerin, die von einem Aufruf in Schramberg zum Maskennähen gelesen hat, geworden ist.

Auf einmal ging alles ganz schnell: Bei Jonathan Berggötz hatte man längst offene Türen eingerannt, die Verwaltung fand im Mehrgenerationenhaus nicht nur einen Partner mit eigenem Nähtreff, der sich sogleich begeistert an die Nähmaschinen setzte, sondern auch eine Welle der Solidarität lostrat. Dem Aufruf, die Bad Dürrheimer sollten Masken nähen, folgten die Bürger – und wie. 670 Mundschutze sind es aktuell, ließ Hüls im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten wissen. Und täglich werden es mehr. "Ich habe gerade 43, 44 Näherinnen, die sitzen alle in Heimarbeit", schildert Hüls. Wer mitmachen möchte, bekommt ein Starterset für zehn Masken. "Manche sind unglaublich fleißig, die kommen jeden zweiten Tag", so der Mitarbeiter der Stadtverwaltung beinahe ungläubig. "Das sind unsere Helden", wird Angelika Strittmatter nicht müde zu betonen – und auch, "dass die Stadtverwaltung Bad Dürrheim die Logistik übernimmt", sei alles – nur eben nicht selbstverständlich.

"Ich habe es ja schon mehrfach gesagt: ›Bad Dürrheim, wo täglich neue Kräfte wachsen‹ – und nicht nur Kräfte, auch Ideen", sagt Berggötz strahlend.

In Bad Dürrheim jedenfalls hat an diesem Morgen niemand Sorge, dass die Kurstädter nicht allesamt mit Mundschutzen versorgt sein werden. Und ganz nebenbei gehen an diesem Mittwoch die ersten über den Tisch – nach vorheriger Plausibilitätsprüfung ob der Interessent auch tatsächlich zur zunächst bevorrechtigten Gruppe von Ehrenamtlichen, Geringverdienern oder Pflegenden beispielsweise gehört.

In einem lockeren Gespräch klopfen die Helfer und Initiatoren ab, wer da vor Ihnen steht. Ein Mann von den Maltesern beispielsweise – "ich bin Schulbusfahrer", verrät er auf Nachfrage, darf sich in der Liste notieren, mit deren Hilfe der Überblick bei der Mundschutzvergabe gewahrt werden soll, und darf sich zwei Exemplare aussuchen. Er wählt dezente Modelle aus – und hält ohne es zu wissen, etwas besonderes in Händen, denn das ist er: Der Stoff aus dem die Solidarität ist!