Der Bus war, vom Autobahndreieck Bad Dürrheim kommend, kurz vor der Abfahrt auf die Bundesstraße B 27/33 verunglückt. Foto: Landratsamt Schwarzwald-Baar

Heute vor 30 Jahren, am 6. September 1992, ereignete sich bei Bad Dürrheim eines der schwersten Busunglücke der deutschen Geschichte.

Bad Dürrheim - Der Tag versprach sonnig und warm zu werden, ein Herbstsonntag wie aus dem Bilderbuch. Am frühen Morgen – noch vor Sonnenaufgang – wurden die Ausflügler des Hofer Fichtelgebirgsvereins nach und nach mit dem Bus zu Hause abgeholt, es sollte zum jährlichen Wanderausflug gehen – wahrscheinlich war die Stimmung ausgelassen. Ziel war das Wiesental im Schwarzwald. Dieses Ziel sollte die Wandergruppe jedoch nie erreichen.

Der Bus mit der Seniorengruppe kam gerade von der Autobahn 81, am Autobahndreieck Bad Dürrheim, bog in Richtung Donaueschingen ab. Nach knapp zwei Kilometern kurz vor der Abfahrt auf die Bundesstraße  27 passierte es: Der Bus kam aus zunächst ungeklärter Ursache von der Fahrbahn ab, kippte seitlich auf die Leitplanken und wurde entlang der ganzen Seite regelrecht aufgeschlitzt. Die Armbanduhr eines Opfers blieb um 11.56 Uhr stehen. Die traurige Bilanz am Schluss des Tages: 21 Tote sowie über 30 teilweise Schwerverletzte. Der sonnige Herbsttag hatte für Opfer, deren Angehörige, Ersthelfer und Rettungskräfte einen grauenhaften Anstrich bekommen.

Behörden ziehen ihre Lehren aus dem Unfall

Das Busunglück gilt auch heute, 30 Jahre nach dem Ereignis, als eines der schwersten der Nachkriegsgeschichte in der Bundesrepublik Deutschland. Es war zudem der Auslöser für Änderungen bei verschiedenen Bestimmungen, wie beispielsweise der Ruhezeit. Denn nach Polizeiermittlungen war der Grund für das Unglück eine Übermüdung des Fahrers. Auch die psychologische Betreuung von Opfern, deren Angehörigen und Rettungskräften wurde grundlegend geändert.

Zwei Personen, die diese Entwicklung vorantreiben, waren der Polizeifachschuldozent aus Villingen-Schwenningen, Knud Eike Buchmann, sowie der damalige Leiter des Ordnungsamtes beim Landratsamt Schwarzwald-Baar, Manfred Pfeffinger. Die Berichte, die damals auch in unserer Zeitung erschienen, zeugten von einer unfassbaren Katastrophe. Feuerwehr, Krankenwagen und Polizei waren an diesem Morgen schnell zur Stelle, teilweise warteten bis zu sechs Hubschrauber auf ihren Einsatz. Es waren die Rettungshubschrauber aus Friedrichshafen, Leonberg, Stuttgart und Ulm, die zur Unterstützung der in VS stationierten Kollegen angefordert wurden.

An der Auffahrt musste der Rettungsverkehr geregelt werden, fast nonstop wurden Verletzte in die umliegenden Krankenhäuser gefahren. Die Polizei ermittelte im Nachhinein den vermutlichen Unfallhergang, den auch Rainer Gojowczyk, damals leitender Notarzt vor Ort, in seiner Doktorarbeit aufnahm. Er schrieb seine Dissertation 1997 über den Stellenwert "Leitender Notarzt" bei solchen Unglücken: Die "sich aufschaukelnden Schlingerbewegungen führten schließlich zum Kippen des Busses auf die linke Fahrbahnseite, wo sich die verstärkte Leitplanke einer Brücke über die B 27 befindet.

Die Geschwindigkeit beim Aufprall betrug nach Schätzung der Polizei zu Beginn noch etwa 50 Stundenkilometer. Die noch nicht abgeschlossene Fallbewegung führte dazu, dass das Ende der Leitplanke auf der Stirnseite links neben dem Fahrer den Bus aufriss und weiter nach hinten immer tiefer ins Fahrzeuginnere eindrang.

15 sterben noch direkt am Unfallort

Dabei sei, so die Arbeit, die gesamte linke Seite aufgeschlitzt worden. Weiter heißt es: "Durch die Wucht der Gewalteinwirkung wurden einige Passagiere aus ihren Sitzen gerissen und über das Brückengeländer auf die Böschung zur Bundesstraße geschleudert." Den Ausführungen des Notarztes zufolge verstarben schätzungsweise 15 Opfer noch an der Unfallstelle. Verwickelt in den Unfall war auch ein Pkw. Die Leichen, teilweise bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt, wurden zur Aufbewahrung in die Schwenninger Eishalle gebracht, dort wurden sie nach und nach identifiziert.

Was es schon damals gab: Hunderte von Gaffern, so die Zeitdokumente, die sensationslüstern mit Fernrohren angereist waren, um sich keine Sekunde entgehen zu lassen. Die Anfahrt für sie war denkbar einfach über die alte Bundesstraße, die parallel zur vierspurigen Straße verläuft. Zu dem Zeitpunkt des Unfalls, so ermittelte die Staatsanwaltschaft im Nachhinein, sei der Busfahrer fast 17 Stunden ohne Pause hinter dem Steuer eines Busses gesessen.

Im Jahr 1992 kamen bei mehr als einem Dutzend Busunfälle über 50 Menschen ums Leben. Experten sprachen damals von einer noch nicht dagewesenen Unfallserie.