Einer der erwachsenen Störche am Nest in Biesingen. Das Nest befindet sich auf einem Strommasten, der zwischen zwei Privatgrundstücken steht. Foto: Reutter

Friedrich Widmann schaut nach Brutpaaren in Biesingen und Sunthausen. Witterung hat ihre Tücken.

Bad Dürrheim-Ostbaar - "So ein schlechtes Frühjahr habe ich noch nie erlebt", meint Friedrich Widmann, der im Schwarzwald-Baar-Kreis die Störche betreut, dabei auch die beiden Paare in Sunthausen und Biesingen. Gut sei das kaltfeuchte Wetter sicherlich nicht für den Bruterfolg der Tiere.

Wie Anwohner der beiden Storchennester in Sunthausen und Biesingen berichten, seien die Jungen bereits geschlüpft. "Das schlechte Wetter bietet dabei keinen idealen Start", merkt Vogelexperte Widmann an. Die Eltern setzten sich bei Regen und Kälte schützend auf die Jungvögel. Das gehe allerdings nur, so lange die Jungen noch klein seien. Wenn der Nachwuchs ein wenig älter und größer sei, sei er Regen und Kälte stärker ausgesetzt. Das erhöhe die Gefahr von Verlusten bei den Jungvögeln. Bei starken Gewittern könne es auch mal vorkommen, dass alle Jungen sterben.

Ganz wichtig sei bei der Nestkonstruktion, dass Regenwasser ungehindert und schnell ablaufen könne, damit die Jungvögel möglichst wenig und nur kurzzeitig Wasser ausgesetzt seien. Widmann hofft, dass sich das Wetter in den nächsten Wochen freundlicher zeigt. Rund zweieinhalb Monate dauere es, bis die Küken sich zum flüggen Storch entwickelten. Doch vor dem Ausflug tritt Widmann in Aktion und wird mit Hilfe einer Feuerwehr-Drehleiter die Jungvögel beringen. Das tat er bereits im vergangenen Jahr in Sunthausen und Biesingen, wobei ihm einer der beiden Jungvögel in Sunthausen ausbüxte und davonflog, bevor ihm Widmann den Ring der Vogelwarte Radolfzell am Bein anbringen konnte. In Biesingen, wo im vergangenen Jahr drei Jungstörche zu beringen waren, verlief die Aktion hingegen ohne besondere Vorkommnisse.

Die gefiederten Freunde sind auf dem Vormarsch. Im vergangenen Jahr, einem "guten Storchenjahr", seien es 40 Jungstörche im Schwarzwald-Baar-Kreis gewesen, freut sich Widmann. Der 78-Jährige erinnert sich noch an Zeiten, als er mit der Storchenbetreuung 1994 begann und es lediglich zwei Storchenpaare in Pfohren und Neudingen in der Region gab. Mittlerweile wachse die Population "drastisch". Auch in diesem Jahr seien drei weitere Brutpaare hinzugekommen: eines in Schura, eines in Winzeln sowie ein weiteres Paar in Neudingen. So stieg die Zahl der Brutpaare im Kreis auf insgesamt 17.

"So lange ich es noch machen kann", möchte sich Widmann weiterhin der Storchenbetreuung widmen. Doch mit 78 Jahren sei eben nicht gewiss, wie lange das noch gehe.

Die Kehrseite der Vogelhochzeit

Die Störche seien zwar "herzige Tiere", aber nicht jedermanns Freude, weist eine Anwohnerin des Storchenpaars in Biesingen auf Verunreinigungen auf ihrem Grundstück durch die Vögel hin. Ein Drittel ihrer Wiese könne sie nicht mehr nutzen, weil sie durch den "giftigen" Kot der Vögel verdreckt sei. Das Problem steigere sich, wenn die Jungstörche älter seien. Dann werde im "Fünf-Minuten-Takt" Kot übers Nest gespritzt. Der landet auf der Wiese der Anwohnerin, den Spielgeräten für die Enkel, die dadurch nicht mehr brauchbar seien, außerdem an den Fenstern und auf der Terrasse. An eine gemütliche Kaffeerunde im Freien sei da nicht mehr zu denken. Auch die Fenster müssten häufig geputzt werden, weil der Kot "sehr aggressiv" sei. Wenn er nicht schnell entfernt werde, hinterlasse er dauerhaft Spuren auf dem Glas.

Ihrer Nachbarin gehe es ähnlich, die könne ihren Gemüsegarten nicht mehr nutzen, beschreibt die Frau die verfahrene Situation. Damit die Enkel außer Reichweite der Kotsalven seien, möchte sie nun die Spielgeräte auf die andere Wiesenhälfte verlegen, zur Straße hin. Dort müsse sie allerdings erst einen Zaun anbringen, damit die Kinder nicht einfach auf die Straße rennen könnten.

Im Mai vergangenen Jahres seien sie nach Biesingen gezogen, hätten hier das Haus gekauft. Und mit ihnen seien die Störche gekommen, weist sie darauf hin, dass die imposanten Vögel im vergangenen Jahr das erste Mal in Biesingen brüteten. Bereits im vergangenen Jahr wandte sich die Anwohnerin hilfesuchend ans Landratsamt. Doch passiert sei nichts. Erneut rief sie vor einigen Tagen beim Landratsamt an mit der Bitte, eine Lösung zu finden.

Wie die Pressesprecherin des Landratsamtes, Julia Weiss, erklärt, gehörten Störche zu den "besonders streng geschützten Tierarten". Daraus folge auch, dass "diejenigen, die das – je nach Sichtweise – Glück oder Pech haben, eine solche Tierart zu beherbergen, deren Hinterlassenschaften dulden müssen". Das heiße aber nicht, dass eine solche "für Hausbesitzer verständlicherweise oft sehr unbefriedigende Situation" auf Dauer so bleiben müsse.

Wie Weiss weiter erklärt, habe das Landratsamt auf die Hinweise der Anwohnerin reagiert und deshalb Kontakt mit Biesingens Ortsvorsteher aufgenommen, um abzuklären, ob innerhalb Biesingens ein anderer Nistplatz für die Störche ausgewiesen werden könne. "Leider" habe aber die Ortsverwaltung signalisiert, dass seitens des Ortschaftsrates Biesingen "kein Interesse an einer Umsiedlung" bestehe. Nun wolle Kreisökologe Hans-Peter Straub Kontakt mit der Gemeinde Tuningen aufnehmen und erfragen, wie die mit ihren Störchen umgehen.

Ein Anruf unserer Redaktion bei der Gemeinde ergab, dass die Störche in Tuningen ihr Nest auf dem Dach der Kirche errichtet haben. "Eine Patentlösung" gegen den Kot, der sich seither auf dem Dach der Kirche ablagere, habe die Gemeinde auch nicht, wurde seitens eines Mitarbeiters mitgeteilt. Trotzdem seien die Störche in Tuningen "herzlich willkommen".

Dass die Störche auch in Biesingen eine große Fangemeinde haben, merkt die Anwohnerin an den vielen Schaulustigen, die vor ihrem Grundstück die Vögel beobachten. Die Freude an den Tieren könne sie auch nachvollziehen. Doch die Sache sehe anders aus, wenn man durch die Verunreinigungen der Vögel eben in der Weise betroffen sei, wie sie auf ihrem Grundstück.