Die wahre Mutter und ihr Baby bleiben anonym – doch so könnte die Situation am Montagabend an der Babyklappe in Schwenningen gewesen sein. Das Symbolbild entstand an der Original-Klappe am Franziskusheim. Foto: Prokids-Stiftung

Einmal mehr hat die Schwenninger ProKids-Babyklappe der ProKids-Stiftung ein junges Leben gerettet: Das mittlerweile siebte Kind wurde dort abgelegt.

Joachim Spitz, Stiftungsratsvorsitzender der ProKids-Stiftung, bestätigte, dass am Abend des 23. Juni erneut ein Neugeborenes in die Klappe am Franziskusheim in der Neckarstraße gelegt wurde.

 

Der Junge ist bereits das siebte Kind seit 2010, das in der ProKids-Klappe abgelegt wurde. Der Vorfall zeige einmal mehr, wie wichtig die Einrichtung einer Babyklappe in Schwenningen für die gesamte Region ist, betont der Initiator Joachim Spitz.

Ein Zahnrad greift ins andere

„Die Abläufe, die wir gemeinsam mit dem Franziskusheim und dem DRK definiert haben, haben wieder perfekt funktioniert. Zwei Mitarbeiter haben das Baby an sich genommen und die Erstversorgung übernommen, bis der Rettungsdienst da war“, schildert Spitz den Vorgang. Auch die Geschäftsführerin des Franziskusheims, Nicole Kretzschmar, die umgehend informiert wurde, ist zufrieden. „Ich bin glücklich und dankbar, dass die ProKids-Babyklappe im Franziskusheim sein kann, und so toll von den Mitarbeitern und der Geschäftsleitung unterstützt wird. Danke“, bekräftigt Spitz.

Hintergrund

Die ProKids-Babyklappe ist eine Einrichtung für verzweifelte junge Mütter, die sich – aus welchen Gründen auch immer – gegen die Option einer anonymen/vertraulichen Geburt im Klinikum entscheiden. In der Klappe integriert ist ein Kinderbettchen, das kameraüberwacht wird. Sobald die Klappe in der Außenwand des Seniorenheims geöffnet wird, löst sie ein Klingelsignal bei der diensthabenden Pflegefachkraft im Wohnbereich aus. Diese kann schon vom Dienstzimmer aus sehen, ob tatsächlich ein Baby abgelegt wurde und entsprechend schnell reagieren.

Ist dies der Fall, kommt eine Routine in Gang: Das Findelkind kommt ins Schwarzwald-Baar-Klinikum und wird dort in der Kinderklinik gründlich untersucht. Sofern es gesund ist, bleibt es zwei bis drei Tage in der Obhut des Krankenhauses. Hier befindet sich derzeit auch das Baby, das jetzt in die Klappe gelegt wurde.

Viele ziehen an einem Strang

Von Beginn an sind das Jugendamt des Landkreises, der Pflegekinderdienst und der Adoptionsdienst, sowie das Standesamt der Stadt Villingen-Schwenningen beteiligt und stellen die zentralen Weichen für die Zukunft des Kindes. Parallel dazu wird vom Familiengericht umgehend ein Amtsvormund – Das Jugendamt des Schwarzwald Baar Kreises – bestellt, der die rechtliche Vertretung des Kindes übernimmt. Nach der klinischen Untersuchung folgt baldmöglichst die Unterbringung in Bereitschaftspflege – das Kind kommt also vorübergehend zu einer Familie, die sich ihm die erste Zeit annimmt. Erst im Anschluss folgt die Vermittlung in eine Adoptionspflegefamilie, sofern sich die leibliche Mutter oder der Vater nicht doch noch meldet.

In der ProKids-Babyklappe sind Kontaktinformationen, der lokalen Beratungsstellen und der ProKids-Stiftung hinterlegt, so dass die Mutter oder der Vater sich jederzeit melden können und Beratung erhalten – auch dazu, welche Schritte notwendig wären, um die aus einer Notsituation heraus getroffene Entscheidung rückgängig zu machen.

Freude über gesunde Babys

Doch was ist aus den bisherigen Babyklappen-Kindern Schwenningens geworden? Joachim Spitz freut sich und erzählt: „Die Babys, die hier von ihren unbekannten Müttern oder Väter abgelegt wurden, waren allesamt bester Gesundheit und wachsen heute in Adoptivfamilien auf.“ Nun habe auch Baby Nummer sieben die Chancen auf eine solche glückliche Kindheit in intaktem Umfeld. Genau darum geht es Spitz.

Vor Jahren hatte er in der Zeitung er gelesen, dass eine Mutter ihr Neugeborenes in einer Plastiktüte in einem Wald bei Singen abgelegt hatte, wo es zwangsläufig gestorben war. „So etwas darf nicht wieder vorkommen“, beschloss er damals und machte Nägel mit Köpfen: In kurzer Zeit initiierte er den Einbau einer Babyklappe im Schwenninger Franziskusheim. Das Projekt kostete rund 30 000 Euro, doch hat sich für den Stiftungsgründer jeder Cent gelohnt.

Dass am Prinzip der Babyklappe vereinzelt auch immer wieder Kritik geäußert wird, kann er nicht verstehen. „Das Argument, Frauen werde es dadurch leicht gemacht, ein Kind loszuwerden, greift für mich nicht. Diese jungen Mütter sind alle in einer psychischen Ausnahmesituation. Man sollte bedenken: Sie sind in großer Not. Eine Babyklappe ist da nicht nur eine elegante Lösung, elterlicher Verantwortung zu entgehen. Sie ist für das Kind die Chance auf ein zweites leben!“