Schwere Unfälle wie der am Samstag auf der B 463 bei Haigerloch-Gruol bringen Einsatzkräfte an ihre Belastungsgrenze. Wie die Einsätze verarbeitet werden, sagte uns Gesamtwehrkommandant Patrick Kornwachs.
Wie Feuerwehrleute oder Sanitäter damit umgehen, wenn Schwerverletzte und leider immer wieder auch Tote aus zum Teil völlig demolierten Fahrzeugen zu bergen sind, darüber sprachen wir mit dem Haigerlocher Gesamtwehrkommandanten Patrick Kornwachs.
Es klingt komisch, man kann zusammen mit Einsatzkräften mitten im schlimmsten Trümmerfeld stehen – und trotzdem über Banalitäten des Alltags sprechen. Patrick Kornwachs kennt das.
Alle stehen unter Adrenalin
Es ist eine Form von Selbstschutz. Alle stünden gewissermaßen unter Adrenalin und seien voll fokussiert auf die Aufgaben, die es notwendigerweise zu erledigen gelte. Das ist logisch: Wenn es anders wäre und unter den Einsatzkräften sozusagen Panik ausbrechen würde, dann wäre eine koordinierte Hilfe nicht möglich. „Wir sind für solche Einsätze gut ausgebildet und machen unseren Job“, sagt er dazu ganz lapidar.
Dennoch sind Feuerwehrleute Menschen und keine Roboter. Bei dem schrecklichen Unfall auf der Bundesstraße zwischen der Abfahrt nach Gruol und Stunzachbrücke waren zwei Tote noch längere Zeit im Fahrzeug eingeklemmt. Nachdem die Polizei ihre Unfallaufnahme abgeschlossen hatte, musste die Feuerwehr sie aus dem Auto holen und dem Bestatter übergeben.
Auch der schlimmste Einsatz ist irgendwann zu Ende
Wer kommt für so eine heikle Aufgabe in Frage? Nicht zwingend die „alten Hasen“, die so was schon häufiger erlebt haben, sondern diejenigen, die sich an diesem Tag dem am besten gewachsen fühlen. „Wir sprechen uns da an der Unfallstelle ab“, so Kornwachs. Er kennt natürlich seine Leute und kann ein Stück weit einschätzen, wer in diesem Moment stärker und wer etwas weniger belastbar ist.
Auch der schlimmste Einsatz ist irgendwann zu Ende und das Adrenalin lässt nach. Dann folgt im Feuerwehrhaus die Nachbesprechung, um das zu verarbeiten, was man gerade erlebt hat.
Nach einem so schweren Unfall wie am Samstag ist hier der Notfall-Nachsorgedienst des DRK für Einsatzkräfte mit dabei. Wie darf man sich das vorstellen? „Man spricht noch einmal über die Situation und jeder darf sagen, wie es ihm dabei ergangen ist“, skizziert der Gesamtwehrkommandant den Ablauf solcher Gespräche. Für diese gibt es kein zeitliches Limit; sie dauern so lange wie es notwendig erscheint.
Gespür der Führungskräfte gefragt
Solche Gespräche sind zur Aufarbeitung des Geschehens hilfreich, aber sie geben keine absolute Garantie dafür, dass damit alles abgehakt ist. Eine Traumatisierung kann bei einer Einsatzkraft auch noch Tage später einsetzen. In so einem Fall ist ein gewisses Gespür der Führungskräfte gefragt, um zu erkennen, das etwas nicht stimmt. Dann käme eine tiefergehende psychologische Betreuung in Frage.
Patrick Kornwachs hatte den Eindruck, dass seine Kameraden den „massiven Einsatz“ am Samstag gut verdaut haben, auch diejenigen, die zum ersten Mal bei so etwas dabei waren.
Mit so einem schrecklichen Verkehrsunfall war die Haigerlocher Feuerwehr schon längere Zeit nicht mehr konfrontiert. Zum letzten Mal im November 2019, als eine Frau mit ihrem Wagen nachts auf der B 463 zwischen Owingen und Kühlem Grund frontal in einen entgegenkommenden Lastwagen fuhr, ihr Fahrzeug Feuer fing und sie im Auto verbrannte.