Die Polizei kontrolliert auf der Partymeile aufgemotzte Autos – sie schaut genau hin Foto: factum/Granville

Diskutieren Sie mit - Nach dem Unfall auf der Theodor-Heuss-Straße, als ein 18-Jähriger seinen 300-PS-BMW zu Schrott fuhr und dabei Passanten in Gefahr brachte, setzt die Polizei auf strenge Kontrollen. In der Nacht zum Sonntag hat sie 32 Fahrzeuge kontrolliert und vier Fahrverbote verhängt.

Stuttgart - Es ist ein Katz-und-Maus-Spiel, das sich Polizei und Raser, die mit den Pferdestärken ihrer aufgemotzten Autos Eindruck schinden wollen, fast jedes Wochenende auf der Theodor-Heuss-Straße liefern. In der Nacht zum Sonntag ist es wieder so gekommen. Da legte sich die Polizei mit 17 Beamten auf die Lauer nach Verkehrssündern. Als die Tuning-Szene das spitz bekam, vermied sie waghalsige Fahrmanöver in der Innenstadt und wartete ab.

„So ist es eigentlich immer. Wenn wir da sind, ist es ruhig“, sagt Roland Haider, seit 15 Jahren Leiter der Verkehrspolizei. Doch sobald die Polizei das Feld räume, gehe es wieder los mit quietschenden Reifen und Motorengeheul. Haider ist 58, die Verkehrssünder charakterisiert er als junge Männer, die selten älter als 25 Jahre sind. Um 1 Uhr ist bei der Polizei in der Regel Schluss mit den Kontrollen, da fängt für manche der Raser die Nacht erst an. Bis 1 Uhr kontrollierte die Polizei am vergangenen Samstag 32 Fahrzeuge, die wegen ihrer Bauart oder des Fahrverhaltens der Lenker verdächtig waren. Dabei war die Polizei auch mit Motorrädern im Einsatz.

Das Partyvolk hilft gern zu den Autotunern

„Auf der Theo selbst vermeiden wir Streifenwagen, da das zu viel Aufmerksamkeit auf sich zieht und sich das Feiervolk gerne aufseiten der Raser schlägt und uns bei der Arbeit behindert“, sagt Haider. Also winken die Polizisten auf den Motorrädern verhaltensauffällige Fahrer raus, die die Kollegen am Rotebühlplatz dann samt Untersatz unter die Lupe nehmen.

Allzu euphorisch begrüßen auch die betroffenen Autofahrer die Maßnahmen der Polizei nicht. „Haben Sie nichts Besseres zu tun?“, fragt ein Mann, dessen BMW auf verbotene bauliche Veränderungen überprüft wird. Er darf nach gut einer Viertelstunde weiterfahren. Etwas freundlicher begegnen die jungen Burschen mit den PS-starken Karren naturgemäß den Polizeibeamtinnen. Die Ausbeute des Abends: Vier Temposünder müssen mit einem Fahrverbot rechnen. Der Schnellste war mit 111 Sachen durch die Innenstadt gebrettert, wo Tempo 50 erlaubt ist. Fünf Fahrzeuge wurden wegen illegaler Umbauten aus dem Verkehr gezogen. Das ist etwas über Durchschnitt bei solchen Kontrollen am Wochenende.

Sieben Knöllchen für Falschparker

Seit der Fußballweltmeisterschaft 2006 ziehen Theo und Cityring PS-Protze aus dem Umland an, die nicht genug vom Autokorso-Fahren bekommen konnten. „Es ist eine lose Szene. Manche sind jedes Wochenende da, andere kommen nur vereinzelt. Die meisten stammen aus den Nachbarlandkreisen“, sagt Haider. Der innere Zirkel der Autotuner hat sich während der Polizeikontrollen am Samstag am Schlossplatz aufgehalten und hat parkend darauf gewartet, dass die Polizei wieder abzieht, allerdings im absoluten Halteverbot. Sieben Fahrer erhielten daher Knöllchen über je 35 Euro.

Die Tuner, sagt Haider, müsse man in zwei Gruppen einteilen. „Es gibt da die einen, die sich legal verhalten und ihre Autos eben vorzeigen wollen, und die anderen, die den Kick durch Schnellfahren suchen.“ Darum habe auch die Schließung des Szenetreffs in einem Parkhaus am Neckar die Lage im Zentrum nicht verschärft: Dort waren vor allem Anhänger der ersten Gruppe zu Hause.

Polizei: Tempo 30 am Wochenende denkbar

Nachdem jüngst ein 18-Jähriger seinen 300-PS-BMW auf der Theodor-Heuss-Straße zu Schrott gefahren und wie durch ein Wunder keine Passanten verletzt hatte, erklärte OB Fritz Kuhn (Grüne) die Sicherheit auf der illegalen Rennstrecke zur Chefsache. Stadt und Polizei sind in Gesprächen, wie man der Lage Herr werden kann, wenn die Beamten nicht präsent sind. Haider hält eine temporäre Tempo-30-Zone an Wochenenden und Blitzer für denkbar. Rechtlich gibt es da allerdings einige Hürden, da die Theodor-Heuss-Straße eine Bundesstraße ist.

„Da ist nur in Ausnahmefällen eine Drosselung auf unter 50 km/h möglich, die vom Bundesministerium genehmigt werden muss“, sagt Haider. Das ist zum Beispiel machbar, wenn eine entsprechende Lärmbelästigung der Anwohner durch den Verkehr nachzuweisen ist. Stadtdekan Christian Hermes zumindest fühlt sich seit Jahren durch den Lärmpegel gestört, den die Raser verursachen.

Unfallbrennpunkt ist die Partymeile nicht

Was Unfälle angeht, ist die Theo statistisch gesehen kein Brennpunkt. In diesem Jahr haben sich dort 22 Unfälle ereignet. Neun Personen, die in die Zusammenstöße verwickelt waren, rechnet die Polizei der Autotuner-Szene zu. Zum Vergleich: Jährlich erfasst die Polizei in Stuttgart etwa 25 000 Unfälle. Deshalb kann die Stadtverwaltung beim Bundesminister eigentlich nur die Lärmkarte zücken.