Ein Blick in den Bereich Industrial Engineering im IMS Gear-Technikzentrum. Foto: IMS Gear

Das Thema ist in aller Munde und geneigt, Menschen in der Automobilzulieferer-Region Schwarzwald-Baar tiefe Sorgenfalten in die Stirn zu graben. Aus gutem Grund?

Schwarzwald-Baar-Kreis - Das EU-Parlament will Schluss machen mit den Verbrennungsmotoren ab 2035. Schon die bisherigen Umwälzungen auf dem Automobilsektor treffen die Wirtschaftsregion Schwarzwald-Baar-Heuberg empfindlich.

Tüftler einfach ausgebremst

Was das Verbrenner-Aus für die Kundschaft bedeutet, ist eine Seite der Medaille – die andere wird mit wirtschaftlichem Blick und damit besonders sorgenvoll betrachtet, denn am Automobilsektor hängen gerade im Musterland Baden-Württemberg viele Arbeitsplätze, auch in der Region. Von den 204.000 sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen in der Region ist grob jeder fünfte in irgendeiner Form der Automotive-Branche zuzurechnen.

Für Birgit Hakenjos, Präsidentin der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg, mag die Nachricht über den Beschluss zum Aus für Verbrennermotoren gehörig Frustpotenzial bergen. Nimmermüde warb man in der Kammer schließlich gerade mit Blick auf die starke Zuliefererregion, dafür, beim Wandel der Branche Technologieoffenheit walten zu lassen. Und nun das: "Bei dem Beschluss des EU-Parlamentes bleibt die Technologieoffenheit auf der Strecke, die wir für eine innovative und wettbewerbsfähige Wirtschaft benötigen würden", stellt sie ernüchtert fest. Und weiter: "So sollten unter anderem auch synthetische Kraftstoffe Teil der europäischen Strategie sein: Denn die Millionen Verbrenner im Bestand sollen ja auch klimafreundlich betrieben werden." Die Tatsache, dass neue Technologien "von vornherein als langfristige Lösung ausgeschlossen" werden, hätte in einer Region der Tüftler und findigen Unternehmer fatale Konsequenzen: Hier finden "weder Innovation noch Investition seitens der regionalen Unternehmen statt, die das Zeug dazu hätten, auf dem neuen Gebiet global führend tätig zu sein".

Hakenjos übt unverhohlen Kritik

Der alleinige Fokus auf die Elektromobilität werde "uns vor große Herausforderungen stellen", warnt Hakenjos, vor allem, wenn der Ausbau der erforderlichen Infrastruktur für die Elektromobilität weiter so zögerlich voranschreite, die Genehmigungen für Windkraftanlagen Jahre in Anspruch nehmen sowie Atomkraftwerke und Kohlekraftwerke in Deutschland abgeschaltet werden sollen. "Statt starrer Vorgaben brauchen wir jetzt eigentlich eine Fachkräfteinitiative, damit erneuerbare Energien auch tatsächlich installiert und in Betrieb genommen werden können. Auch die im Osterpaket angekündigten Maßnahmen zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren bleiben bis jetzt hinter den Erwartungen zurück", übt die IHK-Präsidentin unverhohlen Kritik am politischen Kurs.

Schmidt: "Viel Schatten, wenig Licht"

Martin Schmidt, der stellvertretende Geschäftsbereichsleiter Standortpolitik der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg, sah die Wirtschaft in der Region bereits im vergangenen Jahr vor große Hürden gestellt. "Viel Schatten, wenig Licht" bilanzierte er in der Automobilwirtschaft, dass er nicht ganz schwarz sah, hatte einen bestimmten Grund: "Nicht alle Zulieferer sind abhängig vom Verbrennungsmotor." Auf einen Abgesang der Automobilindustrie stimmte er daher gar nicht erst ein.

Auch der Geschäftsführer des Instituts der deutschen Wirtschaft, Hanno Kempermann, betont: "Die drei Landkreise der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg zählen zu den Top-100 der Automotive-Regionen in Deutschland." Hier sei die Abhängigkeit vom Verbrennungsmotor zwar "vergleichsweise hoch", und das sei eine Herausforderung, aber gleichzeitig besetzten viele Unternehmen bereits heute zukunftsfähige Chancenfelder. "Und die strukturellen Voraussetzungen der Region sind gut, um die Transformation erfolgreich zu gestalten."

Dass sie mit ihrer Einschätzung richtig lagen, zeigt sich nun, viele Monate und einen EU-Beschluss zum Verbrenner-Aus später: Viele Zulieferer in der Region haben bereits in den vergangenen Jahren neue Wege eingeschlagen, sich neu orientiert, neue Märkte und Branchen erschlossen. Viele beispielsweise wanderten in die Medizinbranche ab.

Rückgänge sollen kompensiert werden

So weit ist es bei IMS Gear nicht – und glaubt man Unternehmensvorstand Wolfgang Weber finden sich im Portfolio des Unternehmens mit Sitz in Donaueschingen sowie Villingen-Schwenningen zwar "vereinzelt" auch Komponenten und Baugruppen für Verbrennungsmotoren und deren Peripherie, etwa im Bereich der Abgasrückführung, aber der Anteil dieser Produkte am Gesamtumsatz ist gering. Er liege, so Weber im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten, im niedrigen einstelligen Prozentbereich. "Bis das Ende der Verbrennungsmotoren EU-weit eingeläutet wird, werden wir Umsatzrückgänge oder das komplette Auslaufen dieser Projekte durch Wachstum Bereichen Bremsen, Lenken und Komfortfeatures sowie auf dem Feld der Industrieanwendungen mehr als kompensiert haben", prophezeit Weber.

"Was unsere Produktpalette anbelangt, ist IMS Gear weitestgehend unabhängig davon, ob ein Fahrzeug von Verbrennungsmotoren, per Hybrid-Technik oder rein elektrisch angetrieben wird. Wir konzentrieren uns auf Getriebe und Antriebskomponenten im Bereich Lenken und Bremsen – darunter Parkbremsen und Komponenten für elektromechanische Servolenkungen – sowie Komfortfeatures, wie beispielsweise elektrische Verstellantriebe für Sitze, Lenkrad und Spiegel." Und hier sieht das Unternehmen, mittel- sowie langfristig, "auch weiterhin große Wachstumschancen".