Volkswagen ist in Europa bereits der größte Autobauer, doch VW-Patriarch Ferdinand Piëch und VW-Chef Martin ­Winterkorn wollen mehr: Der Wolfsburger Konzern will die Konkurrenten General Motors und Toyota abhängen und die Nummer eins in der Welt werden – und zwar bis 2018. Foto: dapd

Kein Manager kann sich beim Autoriesen auf den Erfolgen ausruhen – Volkswagen will Nummer eins in Welt werden

Stuttgart - 8,3 Millionen verkaufte Fahrzeuge, 160 Milliarden Umsatz, 16 Milliarden Jahresgewinn, eine halbe Million Mitarbeiter: Volkswagen ist in Europa bereits der größte Autobauer, doch VW-Patriarch Ferdinand Piëch und VW-Chef Martin Winterkorn wollen mehr: Der Wolfsburger Konzern will die Konkurrenten General Motors und Toyota abhängen und die Nummer eins in der Welt werden – und zwar bis 2018.

Ein ehrgeiziges Ziel, das der Autoriese mit einer neuen Führungsmannschaft erreichen will. Dafür haben Piëch und Winterkorn am Wochenende in einer Hauruck-Aktion die größte Personalrochade in der VW-Geschichte durchgesetzt. Das China-Geschäft wird mit einem eigenen Ressort kräftig aufgewertet, die Lastwagensparte neu geordnet und ein Audi-Vorstand ausgewechselt. Rund 30 Spitzenmanager hat VW neu in Stellung gebracht – „und das innerhalb von zwei Tagen“, wie Winterkorn stolz nach der Sitzung des Konzernaufsichtsrats in Stuttgart verkündet.

Vorgestellt wird der Riesenumbau in einem kleinen Saal eines Flughafenhotels. Aufsichtsratschef Piëch trifft etliche Minuten vor der eilig einberufenen Pressekonferenz ein und setzt sich zurückgelehnt in die erste Reihe – direkt gegenüber von Winterkorns Rednerpult. Piëch zeigt sich heiter, stellt gleich zu Anfang eine der ersten Fragen selbst: Wie viele der Neubesetzungen von außen erfolgt seien, will Piëch wissen. Winterkorn lacht. „Keine“, antwortet er. Piëch grinst und fügt später hinzu: „Wir haben auswärts keine besseren gefunden.“

China ist der größte und einer der wichtigsten Märkte für das Autoimperium

So entspannt sich die beiden auch geben, so wird doch deutlich: Keiner kann sich bei VW auf seinen Erfolgen ausruhen. Winterkorn scheut sich nicht, auch Spitzenmanager auszuwechseln. Mit 2,3 Millionen verkauften Fahrzeugen ist China der größte und einer der wichtigsten Märkte für das Autoimperium. Der Bereich wird ausgebaut und erhält ein eigenes Vorstandsressort – allerdings ohne den Mann, der bisher für das Geschäft im Reich der Mitte verantwortlich war. Dabei wurde Karl-Thomas Neumann (61) vor nicht allzu langer Zeit noch als Kronprinz für Konzernchef Winterkorn gehandelt. Doch offenbar konnte er im Unternehmen nicht überzeugen. Gerüchten zufolge soll ihm der Job des Chefentwicklers bei der tschechischen Tochter Skoda angeboten worden sein, er habe ihn aber abgelehnt. Was aus ihm wird? „Wir suchen eine neue Aufgabe im Konzern für ihn“, sagt Winterkorn knapp.

Die Federführung im neu geschaffenen Ressort übernimmt ab September Jochem Heizmann (60), der bisher Konzernvorstand für Nutzfahrzeuge war. „Mit ihm“, sagt Winterkorn, „kann und wird die Erfolgsgeschichte von Volkswagen in China weiter fortgeschrieben werden.“ Mehr als 14 Milliarden Euro will VW zusammen mit seinen Partnern bis 2016 ins Reich der Mitte investieren.

Auch bei Audi dreht sich das Personalkarussell

Heizmanns Nachfolger wird Leif Östling, bislang Chef des schwedischen Lastwagenherstellers Scania. Er soll die drei Lkw-Töchter MAN, Scania und VW-Nutzfahrzeuge stärker an die Kandare nehmen und profitabler machen. Dabei galt Östling (66) lange Zeit nicht gerade als glühender Verehrer einer Kooperation zwischen Scania und MAN. Er machte immer wieder deutlich, dass er nicht viel davon halte, weil beide Produkte unterschiedlich seien. Für Winterkorn ist der Mann mit 40 Jahren Erfahrung dennoch der richtige: Östling und der Vorstand würden durchaus Chancen sehen, bei den Nutzfahrzeugen Synergien von 200 Millionen Euro im Jahr zu erzielen.

Auch bei Audi dreht sich das Personalkarussell: Für Vertriebschef Peter Schwarzenbauer (52) ist die Laufbahn im Konzern vorbei. „Er wird sich um eine neue Tätigkeit bemühen“ ist alles, was Winterkorn zu dieser Personalie sagt. Schwarzenbauer wird vom Marketingleiter im VW-Konzern, Luca de Meo (44), ersetzt. Aus Konzernkreise heißt es, dass in Wolfsburg Unzufriedenheit über Motoren, Verbrauch und Design der Audi-Modelle herrscht.

Piëch und Winterkorn wollen VW bis 2018 nicht nur an die Weltspitze führen, der Konzern soll da auch bleiben. Nach dem Kauf von MAN und dem Motorradhersteller Ducati hat das Autoimperium zwölf Marken unter dem Dach. Der Vertrag des 65-jährigen Winterkorns läuft bis zum Jahr 2016, der des 75-jährigen Piëch ein Jahr länger. Einige Kandidaten haben nun Gelegenheit, sich zu empfehlen.