"Was wäre, wenn die Versorgung mit Medikamenten in der Fläche nicht mehr gewährleistet wäre?". Dieser Frage ging der CDU-Bundestagsabgeordnete Yannick Bury mit Apothekern aus der Region in einem Gedankenaustausch nach.
Kippenheim - Dass diese Frage einen weitaus brennenderen Hintergrund hat, als die Bevölkerung dies erahnt, zeigte sich beim Gedankenaustausch, den der CDU-Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises Emmendingen-Lahr, Yannick Bury, mit Apothekern der Raumschaft in der Karls-Apotheke in Kippenheim initiiert hatte.
Als kompetenten Kollegen brachte Bury den stellvertretenden CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Sepp Müller als Mitglied des Gesundheitsausschusses mit. Unter den Gesprächsteilnehmern war auch Friederike Habighorst-Klemm als Mitglied des Landesapotherverbandes Baden-Württemberg und Gastgeber Martin Müller von der Apotheker-Kammer.
Finanzielle Bürden nehmen zu
Alle 27 Stunden schließt in Deutschland eine Apotheke. Die finanziellen Bürden für die Apotheken nehmen in mehreren Bereichen zu. Gründe hierfür: die Erhöhung des Kassenabschlags zu Lasten der Apotheken bei Kassenpatienten, die den überwiegenden Teil der Kunden ausmachen, das Stopfen riesiger Finanzlöcher bei den Gesetzlichen Krankenversicherung auf den Schultern der Apotheker, die gesetzlich vorgeschriebene Erhöhung der Löhne der Angestellten, das seit 2013 nicht an Inflation und Kosten angeglichene Honorar, erhöhte Mieten und Energiekosten, die bei vorgeschriebener Kühlung der Medikamente gravierend zu Buche schlagen.
Und da sind seit geraumer Zeit die Lieferengpässe, die die Apotheken vor gewaltige Probleme stellen. Die Apotheker in der Gesprächsrunde schildern ihre damit verbundenen Probleme eindrücklich: "Ein bis anderthalb Tage in der Woche verbringe ich mit nichts anderem, als zu schauen, wo ich diese und jene Medikamente herbekomme", schildert ein Apotheker.
Dass man im Bestreben, die Kunden zufrieden zu stellen, weitaus mehr hortet, als aktueller Bedarf besteht, das kennen viele Gesprächsteilnehmer aus eigener Erfahrung. "Das sind bisweilen Tausende von Euro, die dafür investiert werden und auf Halde liegen." Ein Apotheker lobt in diesem Zusammenhang das kollegiale Miteinander. "Was der eine nicht (mehr) hat und aktuell nicht bekommt, das hat die Kollegin/der Kollege in der Nachbarschaft bisweilen – und hilft aus."
Hoher Mehraufwand bei Beschaffung von Arznei
Und wie verstehen sich die Klagen und Sorgen der Apotheker mit den langen Warteschlangen ihrer Kunden? Der Grund hierfür, so klären die Experten auf, hängt meist wiederum mit den Lieferengpässen von Medikamenten zusammen. "Wenn der Patient sein gewohntes oder vom Arzt verordnetes Mittel nicht bekommen kann, dann nehmen wir uns die Zeit, um dem Kunden alternative Möglichkeiten aufzuzeigen.
Oder aber wir versuchen, mit dem verordnenden Arzt übers Telefon eine Alternativlösung zu finden – und in den Arztpraxen sind die Telefone auch meist hoffnungslos überlastet", so die einhellige Rückmeldung der Fachleute. Dass nicht alle Kunden Verständnis für die allgemeine Notlage aufbringen und ihren Frust am Apothekenpersonal abladen, ist eine ihrer schmerzlichen Erfahrungen dieser Tage.
Nicht nur den Arztpraxen und Kliniken, sondern auch den Apotheken macht die dramatisch hohe Zahl der erkrankten Kinder große Sorgen. "Wenn dann die wichtigen Antibiotika, Nurofensaft oder was für das kranke Kind grad so wichtig wäre, nicht lieferbar ist, dann ist das einfach schlimm", beklagt eine Apothekerin in der Gesprächsrunde.
Abhängig von asiatischen Ländern
Sepp Müller, der Gesundheitsexperte im Bundestag, sieht in der aktuellen Gesundheitspolitik einiges im Argen. "Der Zug rast ungebremst gegen die Wand", so seine Überzeugung. Angesichts der Abhängigkeiten vor allem von asiatischen Ländern und den sich abzeichnenden Lieferengpässen habe die Union vor Jahren schon eine Stärkung der Pharma-Industrie hier im eigenen Land gefordert, so Müllers Kritik.
Der Gedankenaustausch zwischen Politikern und Apothekern wird als wichtig und hilfreich für beide Seiten eingestuft – und auch mit Blick auf die Öffentlichkeitsarbeit. "Ja, eine Sensibilisierung auch der Öffentlichkeit ist ganz wichtig", so Yannick Bury, der auch weiß, dass die Situation der Apotheken in der Öffentlichkeit sicherlich oftmals falsch eingeschätzt wird.
Info – Lieferengpässe
Etwa 300 Medikamente stehen auf der Liste der versorgungskritischen Wirkstoffe, die das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgibt. Derzeit kommt es vor allem bei Ibuprofen und Hustensäften für Kinder zu Lieferengpässen. Die Versorgung der Patienten ist aber aktuell noch sicher gestellt.