Immer mehr Päckchen aus China kommen in den USA und in Europa an. Foto: Achim Zweygarth

Die internationalen Regeln zum Postverkehr haben Schlagseite, seit der Onlinehandel aus China boomt. Der US-Präsident hat ein mehr als 100 Jahre altes Abkommen gekündigt. Das kann auch deutsche Verbraucher teuer zu stehen kommen.

Stuttgart - Im Handelsstreit mit China glaubt Donald Trump ein neues Mittel gefunden zu haben, um seine Politik des „Amerika zuerst“ nach vorne zu bringen. Der US-Präsident hat ein Postabkommen gekündigt, das seit fast 150 Jahren den grenzüberschreitenden Verkehr von Briefen, Päckchen und Paketen regelt. Ob die Rechnung, die Trump dabei aufmacht, am Ende aufgeht, ist völlig offen. Deutsche Postkunden könnten ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen werden – durch steigendes Porto.

Laut Trump ist die Vereinbarung unfair gegenüber Unternehmen und Verbrauchern in den USA, zudem koste sie die US-Post jährlich 300 Millionen Dollar. Ob das stimmt ist schwer zu überprüfen. Das Abkommen regelt die Verteilung der Einnahmen im grenzüberschreitenden Postverkehr. Die Details sind nur wenigen Eingeweihten bekannt und werden gehütet wie ein Staatsgeheimnis. Bei offiziellen Anfragen heißt es zumeist: keine Auskunft.

Viele Päckchen aus China

Aus China kommen Unmengen von Päckchen

Im Grundsatz ist die Idee des 1874 – auf deutschen Vorschlag hin – geschlossenen Vertrags ziemlich einfach. Wer einen Brief von Stuttgart nach Schanghai oder San Francisco schickt, der bezahlt dafür heute 90 Cent. Die Hauptarbeit der Zustellung liegt allerdings in den Ländern, in denen der Empfänger wohnt – also bei der China Post oder den US-Kollegen. Die bekommen von den 90 Cent etwas ab, wie viel, das regelt der Vertrag. Das gilt natürlich auch im gegenseitigen Verhältnis – und da liegt das Problem. Seit einigen Jahren kommen aus China Unmengen von Postsendungen in alle Welt – der Onlinehandel macht es möglich. Gleichzeitig wird China in dem Abkommen als Entwicklungsland eingestuft. Das hat zur Folge, dass die chinesische Seite einen vergleichsweise kleinen Anteil an die Post in all den Ländern überweisen muss, die dann die Päckchen auszutragen hat. Zumal chinesische Kunden im internationalen Maßstab geringe Preise für den Posttransport bezahlen. Der „South China Morning Post“zufolge kostet ein Päckchen von China in die USA fünf US-Dollar, das gleiche Päckchen würde innerhalb der USA 20 US-Dollar kosten. Diese Zahlen kennt auch der US-Präsident.

Ein Phänomen, unter dem auch andere Länder leiden. Die deutsche Post habe im vergangenen Jahr 100 Millionen Sendungen aus Nicht-EU-Ländern ausgeliefert, sagt Horst Manner-Romberg. „Zwei Drittel davon kamen aus China“, sagt der Beratungs-Spezialist für den Post-und Paketmarkt. Andere Länder trifft es noch stärker. In Skandinavien werde so viel online aus China bestellt, dass Dänemark bereits laut darüber nachdenke, dem US-Beispiel zu folgen, sagt Manner-Romberg. Noch stärker ist die chinesische Dominanz in Russland: „Dort kommen 94 Prozent der Importpakete aus China“.

28 Cent für die Schweiz

Bei der Schweizer Post bleiben nur 28 Cent

Wie viel die deutsche oder die US-Post an einer Sendung aus China verdienen, darüber herrscht eisiges Schweigen. Fragen zu diesem Komplex seien direkt an die Deutsche Post zu richten, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium in Berlin. Die Post verweist auf den Wettbewerb: „Wir können diese Zahlen nicht veröffentlichen“, sagt deren Sprecher Alexander Edenhofer. Logistik-Experte Manner-Romberg weiß um die Geheimniskrämerei – und nennt eine Vergleichszahl aus der Schweiz. 32 Rappen bekomme die dortige Post für ein Paket, das sind 28 Euro-Cent. „Dafür kann man nicht mal die Sortieranlage anschmeißen“, sagt Manner-Romberg.

Die Institution, die das Dilemma ändern könnte, sitzt in Bern, Adresse Weltpoststrasse Nummer 4. In der Universal Postal Union (UPU), dem Weltpostverein, sind 192 Staaten vertreten, im Schnitt findet alle vier Jahre ein Weltpostkongress statt, bei denen strittige Fragen geklärt werden. Das gelang auf dem letzten regulären Treffen 2016 in Istanbul ebenso wenig wie bei einem außerordentlichen Treffen im September in Addis Abeba. Dem Generaldirektor der Institution, dem Kenianer Bishar Abdiraham Hussein blieb so nichts anderes übrig, als die Kündigung des Abkommens durch Donald Trump zu kommentieren. Er „bedauere diesen Schritt“, lässt der Generaldirektor verlauten, und ruft die USA zu neuen Verhandlungen auf.

Massenhaft neue Verträge

Massenhaft neue Verträge notwendig

Denn das ist die Folge des US-Austritts: Die US-Post müsste keine Sendungen aus dem Ausland mehr annehmen, vor allem dann nicht, wenn sie nicht den US-Vorgaben bei Maßen und Gewicht entsprechen. Im Gegenzug müsste kein Mitgliedsland des Weltpostvereins amerikanische Päckchen akzeptieren. Sollte es bei dem Austritt bleiben, dann müsste die US-Post nun mit allen anderen Post-Vertretern bilaterale Verträge schließen. Bei Portokosten und der Verzollung von Sendungen wären für deutsche Kunden „vermutlich spürbare Veränderungen“ zu erwarten, heißt es von Seiten der deutschen Post. Dass es günstiger werden wird ist damit nicht gemeint. Mit den Verhandlungen haben die Beteiligten bis Oktober 2019 Zeit – so lange ist die vertraglich festgelegte Kündigungsfrist der Mitgliedschaft im Weltpostverein.