Bürgermeister Michael Lehrer (links) ist von der neuen Ausstellung von Edith Maier im Foyer der Ortsverwaltung begeistert. Foto: Herzog

In der Ortsverwaltung Rötenberg ist wieder eine Wanderausstellung zum Thema „Kindheit und Schulzeit früher in unserem Ort“ aufgebaut. Sie kann bis Ende Juni während der Öffnungszeiten besichtigt werden.

Nein, ins Foyer der Ortsverwaltung Rötenberg ist kein Spielwarengeschäft mit historischem Spielzeug und Kinderbüchern eingezogen. Die kultur- und geschichtsbegeisterte Rötenbergerin Edith Maier hat es wieder einmal mit ihrer akribischen Ader geschafft, eine Ausstellung zur Kindheit und Schulzeit in den Jahren von 1900 bis etwa 1970 auf die Beine zu stellen, die ihresgleichen sucht.

 

Die Ausstellungsstücke, viele sind Exponate, erhielt sie von Bürgern im Ort und auch von auswärts. Beim Aufbau der Ausstellung kam Maier die Fasnet sehr gelegen. „Da konnte ich die Schließtage der Ortsverwaltung nutzen und ungestört arbeiten.“

Dabei ist es ihr auf raffinierte Weise gelungen, den Merkur und eine Steinsäule von der Römerausstellung aus dem Vorjahr mit einzubeziehen. Beim Blick in die Ausstellung schlagen nicht nur Kinderherzen höher, es erwacht auch regelrecht das Kind im Manne und der Frau. Maier berichtet von Eltern, die ihre Kinder bereits suchten, weil sie ungewöhnlich lange in der Ortsverwaltung verweilten. Aber auch Erwachsenen sei es schon so ergangen.

Viele Geschichten zu erzählen

Kein Wunder, denn die vielen Ausstellungsstücke haben viele Geschichten zu erzählen. Die unterschiedlich gekleideten Puppen in nostalgischen Puppenwagen und Puppenstuben laden zum Spielen ein. Auch die Kasperle-Figuren ziehen Besucher in den Bann.

Überraschendes zum Spiel Mensch ärgere Dich nicht

Die Brettspiel-Klassiker „Fang den Hut“ und „Mensch ärgere Dich nicht“ erinnern an frühere Herbst und Winter in der Stube am Kachelofen ohne Handy und Computer. Zu „Mensch ärgere Dich nicht“ wartete Bürgermeister Michael Lehrer mit Überraschendem auf. „Das wurde in der Vergangenheit vielfach falsch gespielt. Die gängige Anfangsregel, dass jeder Spieler erst eine Sechs werfen muss, um einen Kegel auf das Startfeld A zu setzen, gibt es nicht“, verweist der Bürgermeister auf das offizielle Regelwerk und berichtet noch von einer interessanten Spielvariante: „Man darf einen gegnerischen Spielkegel auch rückwärts schlagen, und es gibt die Möglichkeit einer Barriere, bei der zwei Kegel einer Farbe auf demselben Feld stehen und die von niemand übersprungen werden darf“. Wer spricht da noch von purem Würfelglück?

Ganz andere Absichten verfolgte das Brettspiel „Fort mit Schaden“ aus den 1930er Jahren. Da wurden Kinder spielerisch erzogen, sparsam zu sein, nicht mit dem Streichholz zu zündeln und Sport zu treiben. Auf einer Holzkommode steht, eingebettet von Keramiktassen, Kochgeschirr und Essbesteck, man mag es kaum glauben, ein Elektro-Spielzeugherd mit Kabelanschluss. Grimms Märchen dürfen ebenso nicht fehlen wie die Streiche von Max und Moritz und Bücher vom umherstreifenden Schalk Till Eulenspiegel.

Kindheit geprägt von Armut und harter Arbeit

Wie betagte Mitbürger Edith Maier allerdings erzählten, war deren Kindheit alles andere als behutsam und schön, sondern geprägt von Armut, Hunger und harter Arbeit. Während Mädchen im Haushalt und Garten helfen und ihre Geschwister hüten mussten, trieben die Buben das Vieh auf die Weide und zur Tränke an den Brunnen. Sie halfen beim Heuen, Dreschen, Pflügen und bei der Waldarbeit. Kinderreiche Familien schickten ihre Kinder schon ab fünf Jahren zu großen Bauern zum Arbeiten. Da die Häuser meist zu klein waren, schlief man zu viert in einem Bett. Die Kinder liefen immer barfuß, Schuhe durften nur in der Schule und beim Kirchgang getragen werden. Wurden die Schuhe zu klein, wurde die Spitze abgeschnitten. Erst in einem Alter von zehn Jahren bekamen die Buben lange Hosen für den Winter.

Bis in die 1960er Jahre hatten die Mädchen eine Schulschürze an, die zu Hause in eine Schaffschürze gewechselt wurde. Bekamen die Kinder ein besonders schönes Spielzeug zu Weihnachten geschenkt, durften sie bis Dreikönig damit spielen. Danach wurde es weggeräumt bis zum nächsten Weihnachtsfest. So blieben die Spielsachen gut erhalten.