Die Jahre, als das Elsass von den Nationalsozialisten besetzt war, greift das Dreiländermuseum Lörrach mit seiner neuen Sonderausstellung auf.
Zweifellos ist das Elsass die europäische Region mit den meisten Staatswechseln. Bereits im Mittelalter griffen immer wieder andere Herrschaften auf dieses Land zu. Mit der Gründung des Deutschen Reichs 1871 nahm sich Deutschland das Elsass, der Versailler Vertrag regelte 1919 die Übernahme durch Frankreich. Wieder markante Veränderung brachte der Reichsanschluss im Jahr 1940.
Straßburger Ausstellung gab den Anstoß
Eben jene fünf Jahre unter der Diktatur des Nationalsozialismus greift das Dreiländermuseum Lörrach mit seiner neuen Sonderausstellung auf. „Elsass 1940 bis 1945“ lautet der Titel. Vor einigen Jahren stellte die Bibliothek der Universität Straßburg eine Ausstellung über diese Zeit zusammen. Angesichts der 80. Wiederkehr des Kriegsendes und damit der deutschen Herrschaft über das Elsass griff das Dreiländermuseum die Straßburger Dokumentation auf und stellte sie zum Teil um.
Reichhaltige Sammlung im Museumsbestand
Die weithin bekannte Lörracher Museumssammlung enthält auch zu diesem Thema einen reichhaltigen Bestand, darunter rund 350 Plakate aus der Periode der faschistischen Besetzung des Elsass. Während die Ausstellung in Straßburg sehr stark auf die dortige Situation ausgerichtet war, unter anderem auf den geltungssüchtigen Bürgermeister Robert Ernst, setzt das Dreiländermuseum Akzente auf viele Orte im Elsass. So sind Dokumente aus Mulhouse, Guebwiller, Thann und etlichen anderen Orten zu finden, die die vielfältigen Entwickelung jener Jahre anschaulich darstellen.
Einen Schwerpunkt bildet die aggressive Germanisierung nach dem Anschluss. Diese „Verdeutschung“ betraf alle Bereiche des täglichen Lebens, der Kultur und der Bildung, wie es beim Pressegespräch hieß.
Wieder einmal konnten die Mitarbeiter des Dreiländermuseums eine gelungene Mischung sachlicher und inhaltsreicher Dokumente mit emotional wirkenden Stücken verbinden. Museumsleiter Jan Merk freute sich, dass es gelungen ist, gemeinsam mit den französischen Kollegen diese – im Übrigen wieder durchgängig zweisprachige – Ausstellung zu gestalten. Zusammengehörigkeit und auch Trennendes ist in vielen Einzelheiten zu sehen. Emotional wirken vor allem jene Ausstellungsstücke, die die Jahre unmittelbar nach den Machtwechseln darstellen.
Vielleicht eine Kleinigkeit, aber während die ins Land gekommene deutsche Herrschaft im Jahr 1940 ein Plakat aufhängen ließ, das explizit dazu aufforderte, alles Französische „auszukehren“, drehten die nach Kriegsende wieder französischen Behörden das Motiv einfach um und forderten auf, alles Deutsche hinaus zu werfen.
Bewusst in teilweise düsteren Farben gehalten
Doch, und das beweist die Zeit bis in die Gegenwart, so einfach geht das eben im Elsass nicht, bis heute ist es ein „Doppellland“, aus dem Einflüsse beider Seiten wohl nicht mehr wegzudenken sind. Merk beschrieb die Logik der Ausstellung. Der Eingang stellt die Zeit seit 1881 dar, beschriebt markante historische Ereignisse. Anschließend folgen Einblicke in die Jahre der Gleichschaltung, die Übernahme aller Funktionen durch den NS-Staat. So wurde zum Beispiel die „Reichsuniversität Straßburg“ als besondere Bildungsstätte des NS-Reiches dargestellt.
Gestalterin Aurera Hardt erläuterte die mit Anthrazit und braun etwas düstere Präsentation. Bewusst habe man sich für dunkle, mitunter auch verwaschene oder vielleicht auch unsympathische Farben entschieden. Dies solle ein Sinnbild dafür sein, wie das NS-Regime dem Elsass seine rabiate und frankreichfeindliche Politik überstülpte – schnell, drastisch und dennoch unvollkommen. Erst der Bereich, in dem der Widerstand dargestellt wird, erscheint mit hellem blau wieder etwas freundlicher.
Reges Interesse von allen Seiten
Eben weil diese Sonderausstellung das Leben beider Nachbarn so unmittelbar betrifft, erregt sie schon zu Beginn starkes Interesse von allen Seiten. Museumspädagogin Caroline Buffet verwies darauf, dass eine Vielzahl von Anmeldungen aus allen drei Ländern vorliegt. Bewusst sei die Ausstellung auch inhaltlich so gestaltet, worden, dass sie gleichermaßen geschichtserfahrene Erwachsene und auch Jugendliche anspricht. Leider gehe das Wissen über die komplizierten und gewaltintensiven Verhältnisse jener Zeit gerade bei der jungen Generation in Deutschland und Frankreich zurück, sagte sie. Deshalb sei es ein Anliegen der Sonderausstellung, Wissenslücken zu schließen und Interesse für historische Abläufe zu erzeugen. Spezielle Programme für junge und ältere Besucher sind vorbereitet.
Die Ausstellung „Elsass 1940 bis 1945“ ist vom 26. Juli bis zum 23. November im Dreiländermuseum, Basler Straße 143, zu sehen. Das Museum hat dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Weitere Informationen gibt es im Internet: www.dreilaendermuseum.eu.