Kunst, die berührt: Martina und Wolfgang Hehl stellen in Hechingen aus. Die Ausstellung „Vis à Vis“ bringt die emotionalen Skulpturen von Martina Hehl und die musikalisch inspirierten Werke von Wolfgang Hehl zusammen.
Für das in Göttelfingen lebenden Künstlerpaar Hehl ist es die erste größere gemeinsame Ausstellung, die sich ganz auf ihre Arbeiten konzentriert.
Bisher zeigten sie ihre Werke – bis auf ein Wochenende in Rosenfeld – nur im Rahmen von Gemeinschaftsausstellungen des Kunstvereins „Oberer Neckar“. „Wir freuen uns sehr auf diese gemeinsame Ausstellung“, machen beide bei einem Vorortbesuch deutlich.
Von Angesicht zu Angesicht
„Vis à Vis“, wörtlich übersetzt „von Angesicht zu Angesicht“, wurde diese Ausstellung in der Villa Eugenia in Hechingen betitelt und tatsächlich arbeiten beiden Kunstschaffenden sehr eng zusammen ohne sich bei diesem „Sich-Gegenüber-Stehen“ in irgendeiner Weise künstlerisch im Weg zu stehen. „Vis à Vis“ steht auch für die Gegenüberstellung ihrer unterschiedlichen Ausdrucksweisen, Themen und Materialien.
Die Besucher der Hechinger Ausstellung werden die vielen Facetten des Malers Wolfgang Hehl und die Bildhauerin Martina Hehl kennenlernen.
Wenn Musik Malerei wird und umgekehrt Besucht man die Hehls in ihrem Privathaus, wird man zuallererst von der Präsenz des Hausherren gefangen genommen. Durch die offene Terrassentür geht’s direkt in sein Atelier. Dort arbeitet er meist an mehreren Bildern gleichzeitig – mit jener opulenten Technik, für die er bekannt ist.
Basis aller Arbeiten aus allen Schaffensepochen sind Werke klassischer Komponisten, die sich Wolfgang Hehl bis zu hundert Mal anhört, bevor er auch nur einen Pinselstrich macht. Er malt die Musik. Wobei Malen nicht ganz der richtige Ausdruck für den Stil von Hehl ist. Er setzte die Partituren in seine eigene Bildsprache um. Er wird beim Arbeiten zum Karajan des Pinsels und bringt die Musik, mit der er sich gerade beschäftigt, voller Inbrunst auf die Leinwand.
Der „Hehlismus“ – ein eigener Stil Und dies spiegelt sich in all seinen Werken wider, die alle die ureigene Hehlsche Handschrift tragen und deren klassischen Grundzüge überlagert sind von einem eigenen, wildexpressionistisch angehauchten Stil, dem „Hehlismus“. Einen „Hehl“ erkennt man. Egal, ob es sich nun um die Seerosenteiche, die Torten, Engel, Blumen oder um Landschaften handelt. In Hechingen wird er Bilder aus den letzten 15 Jahren seines kreativen Schaffens ausstellen.
Wenn Wolfgang Hehl arbeitet, dann hört man das. Vor allem seine Nachbarn, die dann schmunzelnd feststellen:„Jetzt schafft er wieder.“
Skulpturen mit Seele Ganz anders bei seiner Frau Martina. Bei ihr geht es eher ruhig zu, wenn sie sich mit ihren bestechend schönen Skulpturen beschäftigt.
Sie, die ebenfalls eine begnadete Zeichnerin und Malerin ist, konzentriert sich aktuell mehr auf die dreidimensionale Kunst der Bildhauerei. „Da bin ich näher dran – ich kann die raue Oberfläche berühren, haptisch das Material begreifen, Werkzeugspuren hinterlassen und meinen Figuren meine Handschrift mitgeben.“
Zwischen Präsenz, Emotion und Augenblick Ihre Plastiken spiegeln geradezu die Seele der Personen wider und sie haucht ihren Arbeiten eine Lebendigkeit ein, die nie überzeichnet künstlich wirkt. Sie gibt ihnen so den Spirit, der nur in der ganz intensiven Auseinandersetzung mit der Situation – der Momentaufnahme – entstehen kann. Man spürt den Respekt der Künstlerin vor dem Modell und der Geschichte, die darin versteckt ist.
Wiederkehrende Themen sind das Leben im Hier und Jetzt, Beziehungen, Kommunikation und das Ringen um Balance und Standpunkt. Doch auch das Scheitern und die Konsequenz des Strauchelns, des Fallens, transportiert sie in ihren Arbeiten.
Die Vernissage-Gäste dürfen sich auf eine besondere Werkschau freuen und ab dem 27. April ganz tief in die wunderbare Welt von Martina und Wolfgang Hehl eintauchen.
Die Vernissage findet am Sonntag, 27. April, um 14 Uhr in der Villa Eugenia, Zollernstraße 10, in 72379 Hechingen statt. Begrüßung: Uwe Bürkle. Danach folgt ein Gespräch mit dem Künstler-Ehepaar.
Die Künstler und ihre Vita
Martina Hehl – Kunst-Start und Beruf
Nach dem Abitur begann Martina Hehl ein Kunststudium in Nürtingen und belegte Zeichenkurse an der Uni Tübingen, entschied sich dann aber für eine Ausbildung zur Physiotherapeutin.
Anatomie und Emotionen
Ein hiermit einhergehendes intensives Anatomiestudium und tiefe Einblicke in menschliche Emotionen und Verhaltensweisen kommen ihr in ihrer künstlerischen Auseinandersetzung zugute.
Techniken und roter Faden
Sie arbeitet mit verschiedenen Techniken und Materialien. Der rote Faden, der sich durch ihren Lebensweg zieht, ist die Beschäftigung mit dem Thema „Mensch“, mit all seinen Befindlichkeiten und Fragestellungen.
Malerei statt Musik
Nach dem Abitur an einem musischen Gymnasium entschied sich Wolfgang Hehl gegen ein Musikstudium – und für die Malerei. 1974 bis 1979 studierte er an der Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. Es folgten ein Rom-Aufenthalt, ein Lehramtsstudium (1979–81) und ein Studium der freien Malerei bei Professor Mansen.
Antiquariat
Seine Studiengänge finanzierte er sich selbst – mit einem Antiquariat und dem Handeln mit Antiquitäten.
Kunst-Lehrer
Von 1983 bis 2000 unterrichtete er als Kunsterzieher am Eugen-Bolz-Gymnasium in Rottenburg.
Inspiration
Seit 2000 ist er freischaffender Maler und lebt seine Liebe zur Farbe aus. Die Musik ist in seinem Leben weiterhin präsent; so malt er ausschließlich begleitet von klassischer Musik. Die Komponisten Beethoven, Berlioz und Bruckner inspirieren ihn besonders – viele seiner Werke interpretieren Musik, die ihn tief geprägt hat.