Das Museum Natur und Mensch in Freiburg entführt seine Besucher in die Welt der schwarzen Turmaline. Jeder Kristall hat seine ganz eigene Form, Farbe und Glanz.
Der pensionierte promovierte Chemiker Paul Rustemeyer aus Gundelfingen bei Freiburg hat ein seltenes Hobby, das er mit etwa 20 bis 30 Menschen teilt. „Und zwar weltweit“, wie er betont. Seit mehr als zwei Jahrzehnten erstellt der aus München stammende Hobby-Mineraloge hauchfeine sogenannte Dünnschliffe aus schwarzem Turmalin: Einem Kristall, der in der Fachsprache „Schörl“ genannt wird und hinter dessen unscheinbarer, schwarzer Fassade sich faszinierende Feuerwerke aus Farben und Formen verbergen, die beim Schleifen freigelegt werden.
Vor rund 350 Millionen Jahren entstanden
Turmaline sind Kristalle, die vor rund 350 Millionen Jahren in einer Tiefe von 10 bis 20 Kilometern im Erdinneren entstanden sind und die mit den Jahrmillionen den Weg an die Oberfläche gefunden haben. Ein bis zehn Jahre benötigt so ein Kristall für sein Wachstum, berichtet Rustemeyer. Vor 20 Jahren hat er begonnen, eine Wanderausstellung über diese „komplexen Naturwunder“ aus Boro-Silikat zu erstellen.
Nun ist Rustemeyers Ausstellung nach 22 anderen Standorten im deutschen Sprachraum erstmals in Freiburg zu sehen. Sie umfasst mehr als 400 Kristalle und über 1500 Dünnschliffe, dazu mehrere Sachfilme Rustemeyers, Leuchtkästen mit Großdias und über 160 Bildtafeln mit massiv vergrößerten Details aus dem Innenleben der Kristalle.
Rustemeyer will Menschen begeistern und Wissen vermitteln
Paul Rustemeyer ist seit seiner Schulzeit von Kristallen fasziniert. Für seine Turmaline hat er im Lauf der Jahre ein Vermögen ausgegeben und die halbe Welt bereist; die Ausstellung in Freiburg hat einen Versicherungswert von einer Viertelmillion Euro.
Mit seinen Kristallen und den bizarr anmutenden, massiv vergrößerten Fotos der Farben und Strukturen im Kristall – die wie Kulissen aus alten Science Fiction Filmen anmuten – wolle er den Sinn für Ästhetik im Menschen ansprechen, aber auch Wissen vermitteln.
Die zahlreichen Dünnschliffe hat Rustemeyer selbst in präziser Handarbeit gefertigt. Dabei werden auf Glas geklebte Scheiben des Kristalls so lange von Hand abgeschliffen, bis sie die Farbenpracht der eingeschlossenen Metalle im Kristall prachtvoll aufleuchten lassen.
Man kann nicht sagen, welche Farben und Muster einen erwarten
„Es ist sehr meditativ, wenn man nach einem Tag voller Besprechungen im Büro so eine Arbeit erstellt.“ Jeder Kristall sei eine „Wundertüte“, bei der man nicht sagen könne, welche Farben und Muster einen erwarten und was man aus dem Aufbau des Kristalls über dessen Entstehungsgeschichte erfahren könne.
Die Kristalle seien daher „wie Lebewesen“ für ihn, so der Ausstellungskurator und Experte, der mit seinen Forschungen als Hobby-Mineraloge mittlerweile auch in der Fachwelt Anerkennung gewonnen hat: Rustemeyer hat wissenschaftlich nachgewiesen, dass beim Entstehen der Kristalle auch sogenannte „Deltastrukturen“ wachsen können, bei denen sich zwei Sorten von Kristallen auf einer Fläche ansiedeln können. 20 Jahre und unabhängige Gutachten von vier Professoren habe es gebraucht, bis die Fachwelt seine Entdeckung akzeptiert habe, sagt Rustemeyer.
Ausstellung noch bis zum 14. Januar 2024 zu sehen
In der Ausstellung in Freiburg wird die Entstehungsgeschichte der Turmaline nachgezeichnet und erklärt. Mitmachen ist aber auch möglich: Das Museum bietet eine Besucher-Rallye, Mal- und Puzzle-Stationen für Kinder an sowie Kurse im Steine schleifen als Begleitprogramm, so Museumsleiterin Silke Stoll. Man sei dankbar für das Engagement Rustemeyers beim Erstellen der Ausstellung.
Immer wieder zeige sich, wie wertvoll der Beitrag sogenannter „Bürgerwissenschaftler“ wie Paul Rustemeyer für den Fortschritt in der Wissenschaft sei. Die Ausstellung „Kristallmagie – Verborgener Zauber dunkler Turmaline“ beweise das eindrucksvoll. Sie ist noch bis zum 14. Januar 2024 im Museum Natur und Mensch in Freiburg zu sehen.