Drei Figuren der Rhöner Fastnacht (von links): der Strohmann, der Spanmann und ein Frauenkostüm. Foto: Peschke

Die Rhön gilt als die nördlichste Fastnachtslandschaft Deutschlands, in der noch Holzmasken getragen werden. Im Fastnachtmuseum Narrenschopf werden aktuell die Masken der Rhön ausgestellt.

Die Zentren der Rhöner sind Oberelsbach und die umliegenden Gemeinden Unterelsbach, Weisbach, Ginolfs und Wargolshausen.

 

Seit dem mittleren 19. Jahrhundert entwickelten sich verschiedene Maskentypen und Kostüme. Es dominieren die sogenannten „schönen“ Masken, Fratzen sind in der Minderheit.

In den 1970er-Jahren unternahm der Bonner Kunstlehrer und spätere Professor Friedrich Münch mehrere Studienreisen in die Rhön.

Für seine Doktorarbeit sammelte er umfangreiches Material zur Rhöner Maskenfastnacht. Dazu gehörten Masken, er drehte Super-8-Filme und führte Interviews. Die Arbeit konnte nicht vollendet werden, da er nach Bonn berufen wurde. Seine Sammlung jedoch blieb erhalten.

2016 als Schenkung

Nach Münchs Tod im Jahr 2016 kam sie durch seine Witwe in Zusammenarbeit mit einer Kulturagentur aus der Region Rhön als Schenkung in das Deutsche Fastnacht-Museum in Kitzingen: Masken, Teile von Kostümen, Fotos, Plakate, Filme, Tondokumente, Interviews, Abschriften und vieles mehr.

Der ehemalige Präsident der Vereinigung schwäbisch-alemannischer Narrenzünfte, Roland Wehrle, sowie der Brauchtumsexperte Werner Mezger wurden im Rahmen einer Veranstaltung des Karnevalsbunds auf die Ausstellung aufmerksam. Es wurde die Idee geboren, die Rhöner Maskenausstellung im Narrenschopf zu zeigen, erzählt Werner Peschke.

Zufällig war er selbst kurz zuvor auf einem Radurlaub entlang des Mains unterwegs und besichtigte das Museum und kannte dadurch die Ausstellung zur Rhöner Fastnacht.

Bis 9. März zu sehen

Der Museumsleiterin des Fastnachtsmuseum Kitzingen, Katrin Hesse, war es am Schluss zu verdanken, dass das Fastnachtsmuseum Narrenschopf diese besondere Ausstellung über die „Rhöner Maskenfastnacht“ übernehmen durfte, informiert er. Zu sehen ist die Ausstellung bis zum 9. März im Vorraum der Kuppel eins und zwei.

Oberelsbach war wohl der Ort, an dem man um 1840 erstmals Masken trug. Heute sind hier die Hauptfiguren Spanmänner und Strohmänner. Ihre freundlichen Masken täuschen. Die Strohmänner knurren grimmig, und die Spanmänner verteilen schon mal heftige Schläge. In Weisbach ziehen mit den Blauen Jüden die wohl bekanntesten Masken der Rhön umher. Sie rennen mit Gebrüll durch die Straßen und „beuteln“ alle erreichbaren Passanten.

Woher kommen die jüdischen Masken?

Im „Jüdezug“ finden sich auch die Anführer Moses und Aaron, die Geiß, Debudel, Hanswurst, Frauenmasken und das Schlappmaul.

In Unterelsbach laufen die „Fosenöchter“ durch die Straßen. In Ginolfs gibt es auch „Jüde“, die allerdings mit Harlekinkostüm und Spitzhüten ganz anders aussehen als die Weisbacher Jüde.

Die Frage ist nun: Woher kommen die jüdischen Masken? Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts werden in der Rhön Masken geschnitzt. Sie gilt als das nördlichste Gebiet Deutschlands, in dem zur Fastnacht holzgeschnitzte Masken getragen werden. Die Gesichter sind nicht grotesk oder komisch, sondern strahlen als „schöne“ Masken Ernsthaftigkeit und Würde aus. Die meisten männlichen Masken sind Bartmänner und in Weisbach gibt es viele „Jüde“. Frauenmasken sind seltener. Sie haben schwarzes Haar, weiße Haut und rote Wangen und werden aus diesem Grund als „Schneewittchen-Typ“ bezeichnet.

Wandertheater führen Theaterstück auf

Die jüdischen Masken gehen wohl zurück auf das Spiel „Der Auszug der Kinder Israel aus Ägypten“, informiert Werner Peschke vom Museum Narrenschopf. In dem Stück führen Moses und Aaron das Volk Israel aus der Sklaverei. Das Theaterstück wurde von Wandertheatern bis ins 19. Jahrhundert in ganz Europa aufgeführt. Es muss die bäuerliche Bevölkerung so beeindruckt haben, dass sich daraus ein örtlicher Brauch entwickelte.

Der Fastnachtsläufer trägt einen Holzreifen mit Ziegenkopf, über den ein weiter Rock als Ziegenkörper gespannt wird. Der Gäßmo gehört der Presseinfo zufolge ebenfalls zum Maskentyp der Jüde. Die Verbindung entstand wohl, weil sich viele Juden als Viehhändler betätigten. Sie handelten vor allem mit Ziegen, deren Fleisch als koscher gilt.

Brauch des Geißkaufens

Ursprung ist wahrscheinlich der unterfränkische Brauch des Geißkaufens: Heiratete ein jüngerer Bruder vor dem Älteren, musste der Ältere ihm eine Geiß kaufen.

Die Bartmänner sind auch heute noch in allen Orten der Rhön gebräuchliche Masken. Der Typ bildete sich seit den 1840er-Jahren aus. Ausgangspunkt war Oberelsbach, das zu dieser Zeit mit seiner Wirtshaus- und Kulturszene als „Klein-Paris“ galt.

Der älteste namentlich bekannte Schnitzer aus Oberelsbach ist Josef Sitzmann, der von 1870 bis 1943 lebte, seines Zeichens Barbier, der deshalb auch „Cils-Boader“ genannt wurde. Er prägte den Standardtyp der Männermasken mit Spitzbart, Schnauzer und Koteletten sowie den der Frauenmasken mit schwarzen Haaren, vollem Mund und weißem Teint. Seine Masken standen in dem Ruf, sich dem Träger anzupassen. Diese Typen übernahm später sein Neffe Siegfried Sitzmann (1874 bis 1945), der „Schmiede-Koarle“. Die Bartmann-Masken sind bis heute prägend.