Margot und Werner Schaumann blicken heute auf 50 Jahre Ehe zurück. Foto: Heinig

Sie sind beide in der Goethestraße in Villingen aufgewachsen. Sie kennen sich schon seit der Kindheit, waren als Jugendliche in der gleichen Clique. Heute feiern Margot und Werner Schaumann ihre Goldene Hochzeit und blicken auf 50 außergewöhnliche Jahre zurück.

VS-Villingen - Dass die evangelische Margot mit dem SPD-Kommunalpolitiker Richard Götz als Vater und der katholische Werner aus der CDU-orientierten Familie von Schuhmachermeister Gottfried Schaumann und mit Zunftmeister Franz Kornwachs als Onkel jemals zueinanderfinden würden, das war Ende der 1960er-Jahre noch nicht selbstverständlich. Eine ökumenische Hochzeit blieb den beiden auch verwehrt, man traute sich 1971 evangelisch. Er war Elektromechaniker bei Dual, danach Kienzleaner, sie Verwaltungsfachangestellte mit der Zusatzausbildung zur Industrieassistentin im städtischen Bauverwaltungsamt und später im Jugendamt. Zwei Töchter wurden geboren.

Alkoholsucht des Mannes sorgt für Drama

Hinter den Kulissen spielte sich damals aber schon ein Drama ab. Werner Schaumann wurde zum Alkoholiker. Als DJ bei den Jugendbällen, beim Frühschoppen, am Stammtisch, bei Kegelausflügen – Gelegenheiten gab es viele und Ausreden auch. Margot Schaumann "deckte" ihren Mann, erfand Entschuldigungen, litt. Ablenkung fand sie an der Fastnacht, auf der Bühne der Alten Jungfern. Auch er war, längst der Sucht verfallen, todunglücklich und wollte in jener Zeit seinem Leben mehrfach ein Ende setzen. Dann kam der Tag, an dem er – wieder einmal – am Balkongeländer stand. "Spring doch endlich, erlöse mich" – diese Worte seiner Frau legten bei Werner Schaumann den Schalter um. Er rührte keinen Alkohol mehr an, sie blieb.

Oberjungfer ist Organisationstalent

Seit 35 Jahren ist der heute 75-Jährige trocken. Die Schaumanns beschlossen, mit ihrer Geschichte an die Öffentlichkeit zu gehen, sprechen in Schulen und in Kliniken über ihren Leidensweg und vermitteln die Botschaft: zur Krankheit Alkoholismus zu stehen, nichts zu vertuschen und sich Hilfe zu holen. Werner Schaumann ließ sich zum Suchthelfer ausbilden und betreute zehn Jahre lang betroffene Arbeitskollegen Aufgrund suchtbedingter Nachfolgeerkrankungen wurde er mit 52 Jahren arbeitsunfähig. Seine Margot, inzwischen Oberjungfer, stockte ihre Arbeit als Schulsekretärin der Karl-Brachat-Realschule auf, eine Stelle, an der sie ihr "Organisationstalent, ihre lebensbejahende Art und ihren unerschütterlichen Optimismus" (Werner Schaumann) einbrachte wie auch später bei der alljährlichen Ausrichtung der Villinger Adventsfenster. Die wird die 72-Jährige, so ihre Hoffnung, nach einem Jahr Pandemiepause in der kommenden Vorweihnachtszeit wieder in die Hand nehmen.

Großes Fest erst nächstes Jahr

Werner Schaumann wirkt ehrenamtlich bei der Selbsthilfekontaktstelle und beim Gesundheitsnetzwerk des Landkreises mit und ist Sprecher der Tinnitus- und Morbus-Menière-Gruppe. Werner und Margot Schaumann werden ihr Fest der Goldenen Hochzeit pandemiebedingt auf 2022 verschieben. Zu feiern haben sie dann eine Ehe, in der sie wirklich durch dick und dünn gingen, die sich mit Hilfe gemeinsamer Therapien und mit vielen Gesprächen neu erfand. Und die Werner Schaumann sagen lassen: "Ich bin meiner Frau heute so dankbar, dass sie nie ihre Koffer gepackt hat".