Warten auf den Termin in der Ausländerbehörde – wegen akuter Überlastung kann das derzeit geraume Zeit dauern. Foto: © Daniel Ernst – stock.adobe.com

Die Zahlen explodieren. Immer mehr Ausländer leben im Schwarzwald-Baar-Kreis – das treibt die Ausländerbehörde des Landratsamtes an den Rand des Möglichen. Sie ist heillos überlastet und soll jetzt sogar in mehreren Fällen wegen Untätigkeit verklagt werden.

Die Zustände der Ausländerbehörde in Stuttgart sorgten in der Vorwoche für Schlagzeilen – ein Einzelfall ist das wohl nicht. „Bei uns ist es nicht viel besser“, räumte Landrat Sven Hinterseh am Montag im entsprechenden Kreistagsausschuss ein. Auch hier blickt man auf eigentlich unhaltbare Zustände.

Schwarz auf Weiß steht es in der Tabelle: 2012 lebten – ohne die Städte Villingen-Schwenningen und Donaueschingen – noch 8455 Ausländer im Landkreis – bis zum 31. Juli 2023 waren es mit 16 811 fast doppelt so viele. Und es ist längst nicht nur der Krieg in der Ukraine, der sich hier auswirkt.

Die Anzahl der erteilten Aufenthaltserlaubnisse hat zwar nicht im selben Grad zugenommen wie die reine Personenanzahl – 2012 waren es 1587, bis Ende Juli 2023 lag man bei 1931, doch auch die Verfahren, die nicht mit einer solchen Erlaubnis enden, wollen bearbeitet sein.

Arbeitsbelastung viel zu hoch

Immer wieder neue Bestimmungen und die absolute Notwendigkeit, den Fachkräftemangel auch durch ausländische Fachkräfte zu lindern, machen die Sache nicht einfacher. „Die Arbeitsbelastung in der Ausländer- und Staatsangehörigkeitsbehörde ist seit langer Zeit sehr angespannt“, bilanziert man in der Kreisverwaltung. Trotz personeller Verstärkung durch zwei Mitarbeiter sei es nicht gelungen, „das Arbeitspensum auf ein Normalmaß zu reduzieren und die Rückstände zügig aufzuholen“. Die Folge: Weitere Stellen sollen geschaffen werden – bereits im Dezember beantragte man fünf weitere Stellen, zwei wurden direkt genehmigt, über drei weitere sollte mittelfristig gesprochen werden – und das ist jetzt der Fall. Ob die drei Stellen ausreichend sind, darf bezweifelt werden, denn ein Abflauen der Fallzahlen ist aktuell nicht in Sicht. Im Gegenteil: Betriebe drängen immer häufiger auf die rasche Bearbeitung, damit die Arbeitskräfte schnell tätig werden können.

Antragsteller bemühen Anwälte

Blickte man 2012 noch auf 310 Einbürgerungsanträge im Landkreis, waren es zum 5. September 2023 schon 1191. Sie alle sind derzeit offen zur Bearbeitung und diese werde sich, stellt das Landratsamt klar, noch längere Zeit hinziehen. „Durchschnittlich konnte die Staatsangehörigkeitsbehörde mit der bisher zur Verfügung stehenden Personalausstattung rund 300 Verfahren pro Jahr abschließen.“

Doch nicht nur diese gewaltige Anzahl an offenen Fällen sitzt der Verwaltung im Nacken – es sind neben unzähligen Beschwerden mittlerweile sogar Klagen anhängig. Zwei Antragsteller trieben Untätigkeitsklagen voran, in sieben weiteren Fällen wird diese Maßnahme derzeit angedroht.

So reagieren die Kreisräte auf die Situation

Für Wolfgang Kaiser (Grüne) stand außer Frage, dass das Thema drängt. Die Stellen aufzustocken sei „längst überfällig“, sagte er mit tadelndem Blick in Richtung der CDU. Die gewünschten Stellen zu genehmigen sei wichtig, um die Fachkräftegewinnung zu verbessern, die Integration voranzubringen und auch als Signal an die Mitarbeiter des Landratsamtes. Unterließe man das, hätte das gravierende Folgen, auch für die letzten Endes Betroffenen bei der Bearbeitung ihrer Verfahren: „Das wären vier Jahre Wartezeit, das wäre ja absurd!“

Auch Walter Klumpp (Freie Wähler) wollte diesen Punkt nicht ohne Selbstkritik am Gremium abhaken: Für die Zukunft, so ein Appell an die anderen Kreisräte, sollte man vorausschauender reagieren, wenn sich die Situation so wie in diesem Fall doch bereits so deutlich ankündige. „So etwas bricht ja nicht über uns herein wie ein Unwetter“, fand auch Edgar Schurr (SPD), das Problem bestehe schon lange – er habe abgesehen davon „hohe Achtung vor den Leuten, die diesen Job machen“, denn bei der Ausländerbehörde zu arbeiten, sei „nicht vergnügungssteuerpflichtig“. Für die beantragten Stellen gaben die Kreistagsfraktionen am Montag mehrheitlich grünes Licht – ob, wann und wie sie allerdings besetzt werden können, steht nun auf einem anderen Papier.