Inga Kretschmer erläutert in der Grube die Fundstelle. Auf dem Steinfundament könnte eine Säule oder ein Altar gestanden haben. Foto: Steinmetz

Bei Grabungen im künftigen interkommunalen Gewerbegebiet in Empfingen sind römische Überreste gefunden worden.

Empfingen - Auf Einladung des Zweckverbands Kompass81 besichtigten am Freitag zahlreiche Interessierte den entdeckten Steinkreis auf dem archäologisch untersuchten Gelände.

Dass Römer hier gesiedelt hatten, war bekannt. Inga Kretschmer vom Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart verwies beim Treffpunkt am Baucontainer auf Funde aus den Jahren 1990 bis 2003 in den Gewannen Hälde und Eichle. Größere Mengen an Keramik, römische Ziegel und eine Münze aus dem ersten Jahrhundert nach Christus sind damals gefunden worden.

1,5 Hektar große Fläche freigelegt

Die ersten Voruntersuchungen hat das Landesdenkmalamt aber erst im vergangenen Jahr veranlasst, nachdem bekannt war, dass hier das interkommunale Gewerbegebiet erschlossen werden soll. Mit einer "Rettungsgrabung" ist die Firma ArchaeoConnect aus Tübingen beauftragt worden. Ende Juni hat sie damit begonnen und inzwischen eine 1,5 Hektar große Fläche freigelegt. Was zutage kam, wird den Archäologen noch manche Rätsel aufgeben.

20 Zentimeter unter der Oberfläche

Nur etwa 20 Zentimeter unter der Oberfläche kam ein Steinkreis mit einem Durchmesser von 60 Metern zum Vorschein. "Das war eine ziemliche Überraschung", erklärte Inga Kretschmer. Die Steinrollierung, wie sie die rundliche Struktur bezeichnete, könnte das Fundament für eine schmale Mauer oder einen Zaun gewesen sein. Der Befund sei in der Region bislang einzigartig. Was ebenfalls noch näher zu untersuchen wäre, ist das quadratische Fundament inmitten des übrigens nicht ganz runden Steinkreises, der auf der östlichen Seite einen schmalen Zugang hatte. Ebenfalls entdeckt wurden mehrere in Stein gefasste Pfostensetzungen, Grubenreste, kleine Gräben und zahlreiche Verfärbungen. Ob Gebäude in dem Steinkreis standen, müsse anhand der Funde noch ausgewertet werden. Nachweise für Häuser seien jedenfalls nicht gefunden worden.

250 Funde

Die Römer waren nicht zuerst hier. Darauf deutet ein kleines Urnengrab mit Leichenbrand hin. Es seien auch Verfärbungen von massiven Pfosten für Holzgebäude festgestellt worden. Insgesamt bargen die Ausgräber 250 Funde, nicht gerade viel, wie Jonas Armingeon von der Firma ArchaeoConnect sagte. Er datierte die ältesten römischen Überreste auf 85 nach Christus. Frühestens um diese Zeit dürfte denn auch der Steinkreis angelegt worden sein. Nur fragt es sich noch, zu welchem Zweck. "Sie haben etwas Besonderes", bescheinigte Inga Kretschmer den Empfingern.

Mitten im römischen Gebiet

Empfingen lag mitten im römischen Einflussgebiet zwischen Rottweil und Rottenburg. Nur anderthalb Kilometer entfernt, beim Weiherhof, gab es eine "villa rustica", in Sulz befand sich ein römisches Kastell. Für die kreisförmige Struktur habe man in der Gegend aber nichts Vergleichbares: "Wir haben nichts, was so rundlich ausgeformt ist. Der Steinkreis in Empfingen liegt isoliert in der Landschaft", erklärte Inga Kretschmer. Sie kann daher nur spekulieren: Es könnte ein Markt für Viehhandel gewesen sein, auch eine sakrale Funktion will sie nicht ausschließen.

Die Funde werden nun alle dokumentiert, um sie dann auszuwerten. Es werde nicht viel übrig bleiben, was erhalten werden könne, erklärte Inga Kretschmer.

Tafeln für römische Vergangenheit

Nach den Ausgrabungen sollen, wie Bürgermeister Ferdinand Truffner, ankündigte, die Flächen wieder verfüllt und vorerst weiter landwirtschaftlich genutzt werden. Die Bagger würden erst in zwei bis drei Jahren anrollen, um das 35 Hektar große Gewerbegebiet zu erschließen. Truffner könnte sich vorstellen, dass mit Tafeln auf die römische Vergangenheit aufmerksam gemacht wird.

Steinkreis gut sichtbar

Nach den Erläuterungen zu den Ausgrabungen ging’s ins Gelände. Gut beraten waren diejenigen, die mit Gummistiefeln gekommen waren. Nach dem Regen war es matschig und die Warnung angebracht, nicht in die ausgehobenen, mit Wasser gefüllten Gruben zu fallen. Der freigelegte Steinkreis ist gut sichtbar. Offenbar sind dafür Sandsteine mit verwendet worden, und die könnten, so ein Teilnehmer an der Führung, nur aus Renfizhausen stammen. Haben womöglich schon die Römer dort einen Steinbruch betrieben? Für den einen oder anderen Empfinger stellte sich bei der Besichtigung die Frage, ob nun ihre Heimatgeschichte umgeschrieben werden müsse.