Kerngesund stakste Nandu Hansi auf der Mittleren Filderstraße umher. Menschen soll der handzahme Nandu gewöhnt gewesen sein. Foto: StZN

Für den ausgebüxten Laufvogel kam jede Hilfe zu spät. Auch der Tiernotdienst konnte nur noch den Tod des Exoten feststellen. Jetzt ist wohl auch klar, woran der Nandu starb.

Stuttgart - Am Ende kam jeder Hilfe für Hansi zu spät: Der entlaufene Nandu ist noch an der Fundstelle zusammengebrochen und gestorben. Am frühen Freitagmorgen hatte ein Polizeibeamter, der privat auf der Mittleren Filderstraße Richtung Plieningen unterwegs war, den ausgebüxten Laufvogel in einem Waldstück nahe der Straße entdeckt.

„Der Vogel war am Bein verletzt und hat den Beamten ganz nah an sich rangelassen“, berichtet Polizeisprecher Stephan Widmann. Weil der Vogel an Menschen gewöhnt ist, gelang es dem Beamten, seine Jacke über Hansis Kopf zu werfen, der plötzlich blind und orientierungslos einfach stehen blieb. Nur Sekunden vor Eintreffen des Tiernotdienstes brach der exotische Vogel dann vor den Augen des Beamten zusammen und starb - noch bevor sein bereits alarmierter Besitzer eintraf, um ihn nach Hause zu bringen.

Wahrscheinlicher Herzinfarkt durch Stress

„Hansi war kerngesund, aber er hat wohl beim Fangversuch einen Herzinfarkt erlitten. Solche Vögel sind sehr stressempfindlich“, erklärt Hansis Besitzer. Er hätte den Laufvogel, den er mit der Hand aufgezogen hat und der für ihn zur Familie gehörte, am liebsten im Garten beerdigt. „Leider musste ich ihn verbrennen lassen, das ist Vorschrift“, bedauert er. Wochenlang hatte er mit seiner Familie den Wald abgesucht. Dem Beamten, der Hansi gefunden hat, ist er trotzdem dankbar. Denn in einem Ballungsraum wie Stuttgart können solche exotischen Vögel leicht von Autos überfahren werden. „Wir waren krank vor Sorge, aber wahrscheinlich hatte Hansi die beste Zeit seines Lebens in der Wildnis“, tröstet sich sein Besitzer.

Panik vor Autos und Hunden

„Diese südamerikanischen Laufvögel sind Fluchttiere. Vergleichbar mit dem Verhalten eines Pferdes, schaltet der Vogel bei Gefahr, besonders wenn sie von oben kommt, den Kopf aus und die Beine an“, erklärt Heike Roloff, Amtstierärztin der Stadt Stuttgart. Das Tier muss unter ständigem Stress gestanden haben: Neben Autos könnten Hunde von Spaziergängern den Wildvogel in Panik versetzt haben. „Wäre er länger umhergeirrt, wäre er irgendwann sicher mit einem Auto zusammengestoßen“, so die Tierärztin. Warum aber ist der Nandu überhaupt ausgebüxt? Die Tierschutzorganisation Peta positioniert sich grundsätzlich gegen die Haltung solcher Wildtiere: „Ausbrüche von Nandus sind keine Seltenheit, denn sie nutzen jede Gelegenheit, aus ihren engen Gehegen zu entkommen“, so Peter Höffken, Fachreferent bei Peta.

Bauarbeiten Schuld an Hansis Tod?

Das sieht Amtstierärztin Roloff, ebenso wie der Besitzer, anders: Auslöser für Hansis Flucht sei nicht die Haltung der Vögel gewesen, denn die würden in einem artgerechten Gehege leben, so Roloff. Vielmehr sollen die Bauarbeiten des Nachbarn die Wildvögel in nackte Panik versetzt haben.„Als ich im Urlaub war, ist mein Nachbar mit einem Kranwagen über das Gehege drüber. Da hatten die Tiere Todesangst und Hansi, der Kräftigste von allen, ist durchgedreht“, so der Halter. Er macht seinen Nachbar, der unbeirrt weiterbaut, für den Tod von Hansi verantwortlich. Denn Hansi sei in Todesangst vor der Gefahr von oben geflüchtet ist. Mittlerweile wacht die ganze Familie über die restlichen Nandus, die der Besitzer vorsorglich in ein Ausgleichgehege geführt hat. „Erst am Donnerstag waren meine Vögel wieder in Panik, weil mein Nachbar erneut mit dem Kranwagen über das Gehege gefahren ist“, so der Halter der Tiere. Er habe zwar die drei Zäune erneut verstärkt, sei aber gegen die Bauarbeiten direkt am Gehege machtlos.