Foto: dpa

Der Ausbau von Radverleih und Wegen kommt voran – Manchmal ist er gegen Widerstand ertrotzt.

Stuttgart - Bei den 7. Fahrrad-Aktionstagen warben Minister, Bürgermeister, Stadträte und OB-Kandidaten fürs Umsatteln auf das umweltfreundliche Verkehrsmittel. Tatsächlich tun sich in Stuttgart Politiker aber schwer, Fahrrädern vor Autos Vorfahrt zu gewähren. -

 

Matthias Hahn (SPD) wurde zum Geständnis genötigt. „Ich bin mit dem Dienstwagen gekommen“, bekannte der Umweltbürgermeister auf die Frage, wie er zu den Rad-Aktionstagen gelangt sei. Anders machte es Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne), der in Begleitung von Landräten und Lokalpolitikern von Untertürkheim zum Schlossplatz anradelte.

„Wir bauen die Hauptradrouten weiter aus“

Hermann und Hahn diskutierten, wie das Fahrrad als Alternative zum Auto in Städten und Kommunen voranzubringen sei. Vor kurzem hat Hermanns Ministerium eine Radkultur-Initiative gestartet, in der Lörrach, Mannheim und Tübingen Modellkommunen für Fördermaßnahmen sind.

Hahn berichtete, wie das Stuttgarter Radverkehrskonzept umgesetzt wird. „Wir bauen die Hauptradrouten weiter aus“, erläuterte er. So sollen in Kaltental auf der Tallängsroute weitere Radschutzstreifen angelegt werden. Im weiteren Routenverlauf soll in Cannstatt auf der Waiblinger und der Nürnberger Straße eine Fahrbahn je Richtung zum Radweg zurückgebaut werden.

Davor war im Juli 2011 beispielsweise schon der neue Radweg im Cannstatter Travertinpark fertig geworden. Fortschritte gab es beim stadtweiten Verleihsystem Call-a-Bike, wo seit Oktober 2011 neben 400 herkömmlichen Mieträdern zusätzlich 100 Elektroräder zur Ausleihe bereitstehen.

„Heftige Kampfabstimmung“ über Sperrung der Hofener Straße

Hahn beließ es nicht bei Erfolgsmeldungen. Er plädierte auch für mehr Investitionen in Radverkehrsprojekte: „Im Doppelhaushalt 2012/2013 sind dafür 4,8 Millionen Euro vorgesehen. Zuvor waren es 1,3 Millionen. Ich kann mir gut vorstellen, dass der Fahrradetat weiter aufgestockt wird.“

Der Grünen-OB-Kandidat Fritz Kuhn bekräftigte am Stand der Ökopartei, Stuttgart neben der Auto- auch zur Fahrradstadt machen zu wollen. Nur: Beifall wird das nicht bringen. Erst vergangene Woche lieferten sich die Ratsfraktionen eine „heftige Kampfabstimmung“ (Hahn) über die zeitweilige Sperrung der Hofener Straße für Autos.

„Wir müssen das Rad voranbringen, weil es den Straßenverkehr entlastet“

Eine Ratsmehrheit aus Grünen, SPD und SÖS/Linke setzte gegen das konservative Lager durch, dass die Straße am rechten Neckarufer zwischen Cannstatt und dem Max-Eyth-See künftig im Sommerhalbjahr an Wochenenden für Radler reserviert ist. Autofahrer müssen über die Neckartalstraße ausweichen. Nach dem Beschluss boykottierte die CDU Mühlhausen demonstrativ einen Stadtteilbesuch von Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle. Der ist zwar nicht ressortzuständig, aber ein Grüner.

Gelassener zeigt sich inzwischen CDU-Fraktionschef Alexander Kotz. „Wir müssen das Rad voranbringen, weil es den Straßenverkehr entlastet“, bekräftigte er. Ein Mittel sei die Öffnung von Einbahnstraßen für Radler im Gegenverkehr. „Das geht in Stuttgart zu langsam.“

Dass Stuttgart immer mehr Radler hat, beweisen 40 automatische Zählstationen. „Mit 4000 Radlern täglich herrscht im Schlossgarten der dichteste Radverkehr“, so der städtische Fahrradbeauftragte Claus Köhnlein. 2002 seien es dort noch rund 1000 Radler weniger gewesen. Auch die 30.000 Besucher der Aktionstage beweisen das große Interesse an dem Verkehrsmittel. Publikumsmagneten waren die elektrisch betriebenen Pedelecs. „Stuttgart ist eine ideale Pedelec-Stadt“, meinte Christoph Joachim vom Verkehrsclub Deutschland (VCD).