In Sachen Ganztagsschulen hat Grün-Rot noch einiges aufzuholen. Das meint zumindest die Bertelsmann Stiftung, die Baden-Württemberg in seiner Studie zum Ausbau der Schulen als eines der Schlusslichter listet.
In Sachen Ganztagsschulen hat Grün-Rot noch einiges aufzuholen. Das meint zumindest die Bertelsmann Stiftung, die Baden-Württemberg in seiner Studie zum Ausbau der Schulen als eines der Schlusslichter listet.
Stuttgart - Baden-Württemberg zählt beim Ausbau der Ganztagsschulen eine Studie zufolge zu den Schlusslichtern. Während im vergangenen Schuljahr in Sachsen fast 80 Prozent und in Hamburg fast 62 Prozent der Kinder und Jugendlichen ganztags zur Schule gingen, waren es im Südwesten nur 18,9 Prozent.
Lediglich Bayern schnitt mit 12,4 Prozent laut der am Donnerstag veröffentlichten Erhebung der Bertelsmann Stiftung schlechter ab. Baden-Württemberg liegt deutlich unter dem Bundesschnitt von 32,3 Prozent. Auch der grün-roten Landesregierung reicht das nicht aus - sie will in den kommenden Jahren rasch aufholen.
Der Zuwachs in den vergangenen Jahren sei mit je 1,4 Punkten in Baden Württemberg im „Schneckentempo“ verlaufen, beklagte die Stiftung. Steuere man nicht gegen, habe im Jahr 2020 trotz rückläufiger Schülerzahlen nur jeder dritte Schüler eine Chance auf einen Ganztagsplatz.
Nach den Angaben der Stiftung wünschen sich 70 Prozent aller Eltern in Deutschland einen Ganztagsplatz für ihr Kind.
Vorstand Jörg Dräger plädiert deshalb für einen Rechtsanspruch jedes jungen Menschen auf den Besuch einer solchen Schule. Die grün-rote Landesregierung macht für die schleppende Entwicklung die CDU-geführte Vorgängerregierung verantwortlich. In der Vergangenheit hatten SPD- und Grünen-Politiker moniert, die CDU habe wegen eines überkommenen Familienbildes mit einer nicht erwerbstätigen Mutter den Ausbau behindert.
Auch mit Blick auf den Anteil der Grund- und weiterführenden Schulen bis zur zehnten Klasse mit Ganztagsbetrieb trägt Baden-Württemberg die rote Laterne mit insgesamt 30,5 Prozent, wobei der Wert für die Privatschulen bei 50 Prozent liegt.
Im Südwesten herrscht die gebundene Ganztagsschule vor, deren über den Tag verteilten Lernangebote verpflichtend sind. Ihr Anteil an allen Erst- bis Zehntklässlern beträgt 11,1 Prozent; 7,8 Prozent lernen im offenen Ganztag, für den sie sich freiwillig entschieden haben. Der Stiftung zufolge geben Wissenschaftler der obligatorischen Form den Vorzug, weil sich Lern-, Übungs- und Entspannungsphasen abwechseln. Kritiker der offenen Form monieren, dass diese eine Halbtagsschule nebst Nachmittagsbetreuung sei.
Im Südwesten wird die Ganztagsschule 2014/15 nach fast fünf Jahrzehnten vom auf ein Drittel aller Schulen begrenzten Modellversuch zur Regelschule - und damit dauerhaft Teil des Schulsystems. „Deshalb ist dieser Schritt ein historischer Durchbruch für mehr Bildungsgerechtigkeit im Land“, sagte Kultusminister Andreas Stoch (SPD). Die Landesregierung verspricht sich vom Ganztag eine bessere individuelle Förderung und weniger Abhängigkeit des schulischen Erfolgs von der sozialen Herkunft. Auch soll die Betreuungslücke zwischen Kindergarten und Grundschule geschlossen werden.
Grün-Rot will vor allem in den 2400 Grundschulen den Ganztag voranbringen: Bis 2023 sollen rund 70 Prozent aller Grundschulen umgestellt sein. Kostenpunkt dann: 158 Millionen Euro pro Jahr. Die Schulen erhalten je nach Ausgestaltung pro Gruppe bis zu zwölf Lehrerwochenstunden zusätzlich. Die kommunalen Schulträger haben für das kommende Schuljahr bereits 181 Anträge für Ganztagsbetrieb an ihren Grundschulen und Grundstufen der Förderschulen für Kinder mit Lernschwierigkeiten gestellt.