Lahm gelegt ist die Telefonanlage in Neuweiler schon, bald soll sie auch noch abgebaut werden. Foto: Schabert

Viele Jahrzehnte gab es öffentliche Telefonzellen. Auch in Neuweiler und Oberreichenbach. Jetzt ist damit Schluss, die Telekom versetzt der alten Technik den Gnadenstoß und baut die kaum mehr genutzten Fernsprecher ein für alle Mal ab.

Oberreichenbach/Neuweiler - Die Telekom macht ernst: Sie stellt den Betrieb der öffentlichen Fernsprechstellen ein. Auch in Neuweilers Teilort Oberkollwangen, wo noch eine der wenigen Anlagen in den Waldgemeinden neben dem Buswartehaus nahe der Kirche steht, gibt diese nach Drücken der Taste "-T-" keinen Ton mehr von sich. Vor allem der geringen Nutzung nach Verbreitung des Handys ist laut Telekom die Stilllegung der letzten Telefonzellen und öffentlichen Sprechstellen geschuldet, die in den nächsten Wochen abgebaut werden sollen.

Widerstand der Bevölkerung

Groß frequentiert wurde wohl der Apparat in Neuweilers Ortsteil am Angelbach auch nicht mehr. Im vorletzten Jahrzehnt war es Neuweilers Gemeindeverwaltung aber wichtig, hier ein öffentliches Telefon zu erhalten. Denn wer neben der Sprechstelle auf sein Handy schaut, stellt bis heute fest, dass kein Empfang vorhanden ist. Dennoch geht jetzt auch dort die Zeit der öffentlichen Telefone kurz vor ihrem 125-jährigen Jubiläum zu Ende.

Einige Bürger leisteten dem Netzausbau allerdings Widerstand

Bemühungen und die Bereitschaft der Telekommunikationsunternehmen vor anderthalb Jahrzehnten, in Oberkollwangen die Mobilfunkverhältnisse mit einem Verstärker zu bessern, sind am Widerstand einiger Bürger gescheitert. Sie brachten einen Gebäudebesitzer dazu, auf seinem dafür geeigneten landwirtschaftlichen Feldschuppen über dem Ort entgegen ursprünglicher Absicht die kleine technische Einrichtung doch nicht zuzulassen.

25 Pfennig für fünf Minuten

In alten Dokumenten heißt es auf den 15. November 1898: "In Aichelberg, Oberkollwangen, Würzbach und Zwerenberg ist die Errichtung von Telegraphenanstalten verfügt worden. Diese Telegraphenanstalten erhalten Telephonbetrieb".

Auf den genannten Tag wurden die Einrichtungen – wie Veröffentlichungen aussagen – "mit beschränktem Tagesdienst für den öffentlichen Verkehr in Betrieb genommen, auch wird bei denselben der Unfallmeldedienst eingerichtet."

Zu den Kosten für Ferngespräche wird erläutert: "Beim unmittelbaren telephonischen Verkehr des Publikums kommt die ermäßigte Gebühr von 25 Pfennig für je fünf Minuten Sprechzeit zur Anwendung." Über die Telegraphenanstalt Oberkollwangen lief damals die "Versorgung der Wohnplätze" Agenbach, Breitenberg, Glasmühle und Weikenmühle. Ein derartige Einrichtung unterhielt auch Neuweiler.

Von Aichelberg her wurden Hünerberg, Meistern und die Rehmühle versorgt. Über Würzbach spannten sich die Drähte für Naislach und Oberreichenbach, über Zwerenberg für Gaugenwald, Hornberg und Martinsmoos. Im Jahr 1901 meldet das Calwer Wochenblatt am 22. Oktober, dass die Weikenmühle ab diesem Tag eine eigene "Telegraphenanstalt mit Telephonbetrieb" erhält. Meist war die Telegrafenstelle mit einem Ladengeschäft, einer Gaststätte oder einem sonstigen Privatbetrieb verbunden.

Noch immer Vorwahl 07055

Bis heute gilt Neuweiler Vorwahl auch in anderen Gemeinden und Städten

Später entwickelte sich das Telefonnetz über eine Fernmeldezentrale in Neuweiler. Bis heute muss außer für die sieben zur Gemeinde gehörenden Ortsteile bei Festnetz-Anrufen in das zu Neubulach gehörige Martinsmoos und in die Bad Wildbader Stadtteile Aichelberg, Hünerberg und Meistern Neuweilers Vorwahl 07055 gewählt werden.

Interessant ist eine Meldung aus dem Jahr 1903, die mit folgendem Inhalt im "Enztäler", einem Vorgängerblatt des Schwarzwälder Boten, erschien: "Künftig werden in den Monaten April bis September die Witterungsvorhersagen der meteorologischen Zentralstation in Stuttgart den sämtlichen Telegrafenanstalten des Landes täglich um 10 ½ Uhr vormittags mitgeteilt und an den Telegrafenstationen öffentlich angeschlagen. Gegen besondere Gebühren wird die Vorhersage von den Telegrafenanstalten auch einzelnen Personen ins Haus jeden Tag mitgeteilt." Damit kam man, wie dem alten Zeitungsbericht weiter zu entnehmen ist, Wünschen aus der Landwirtschaft nach.