Die Kaiserberg-Tour ging am Sonntag in die nächste Runde: Zahlreiche Bürger nahmen dies zum Anlass, um Zeit in der Natur zu verbringen.
Das Kaiserberg-Wanderfest ist seit nahezu 25 Jahren fest eingebürgert und mittlerweile zur „Tour“ umbenannt. Hier gilt es, einen angebotenen Rundweg von rund 20 Kilometern abzulaufen, wahlweise natürlich auch nur Teile davon. Die teils asphaltierten Feldwege führen rund um den Kaiserberg alias Heu- oder Kahlenberg. Der ist zwischen den drei Anlieger-Gemeinden Ettenheim, Ringsheim und Herbolzheim aufgeteilt, mit entsprechend idyllischen Rebhängen und nahezu purer Natur – bis auf eine versteckte Abfalldeponie.
Zum Einstieg fand nun schon zum sechsten Mal ein ökumenischer Morgen-Gottesdienst auf dem Ringsheimer Waldspielplatz im Freien statt, umrahmt von der örtlichen Musikkapelle. Zu dem hatten sich immerhin, mehr als bei gewohnten Gottesdiensten, mehr als 100 Wanderer eingefunden, darunter auch als lokalpolitische Prominenz – darunter Landesjustizministerin Marion Gentges und der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Fechner.
Pfarrer blickt kritisch in die USA
Die evangelische Herbolzheimer Pfarrerin Luisa Bonecker assistierte ihrem katholischen Ruster Amtskollegen Josef Rösch. Der hatte sich zum aktuellen „Tag der deutschen Einheit“ in seiner Predigt die biblische Zwist-Geschichte der Brüder Jakob und Esau samt deren späterer Versöhnung vorgenommen. Auch heute gebe es noch immer Erbstreitigkeiten, Kollegen-Konkurrenz oder Gartenzaun-Nachbarschaftskriege. Besondere Sorgen müsse man sich allerdings um die Weltlage machen. Der amerikanische Präsident Donald Trump bekam vom predigenden Pfarrer eine besondere Kritik ab: „Die US-Bevölkerung spaltet sich immer mehr, von der Regierung mutmaßlich so gewollt.“ Jedoch: Ganz machtlos sei man im Alltag nicht, wenn man pro-aktiv auf Menschen zuginge.
Bürgermeister appelliert, die Freiheit zu schützen
Anschließend ging Ringsheims Bürgermeister Pascal Weber in einer kleinen Begrüßungsansprache ebenfalls auf den Nationalfeiertag ein. Das im (später gesungenen) Deutschlandlied-Text ebenfalls beschworene Recht gelte für jeden, einschließlich Minderheitenschutz. Die Freiheit sei als hohes Gut aktiv zu schützen, gefühlt gefährdet besonders durch den aktuellen russisch-ukrainischen Krieg. Anschließend nutzte die neue badische Weinprinzessin Hannah Spraul aus Renchen die Gelegenheit, um dabei kräftig und charmant Werbung für den hervorragenden regionalen Qualitätswein zu machen – nicht zuletzt eben auch dem vom Kaiserberg mit seinen vielen sonnenverwöhnten Hanglagen.
Während für Weber die Wanderung zum Gottesdienst zum fußläufigen Heimspiel geriet, hatten die Bürgermeisterkollegen Thomas Gedemer (Herbolzheim) und Bruno Metz (Ettenheim) schon etwas weitere Fußwege zurück gelegt. Besonders Metz, der als ursprünglicher Ideengeber zum jährlichen Kaiserberg-Festereignis gewohnt sportlich nun abermals mit einer fröhlichen Gruppe vom Ettenheimer Prinzengarten über einige Kilometer her selbst heran wanderte. Und wer die gesamte, akkurat 19,5 Kilometer lange Rundstrecke komplett ablaufen wollte, hatte sich gleich zum morgendlichen Start in Ringsheim dazu dem Kaiserberg-speziellen Schwarzwaldverein-Wanderführer Dieter Ringwald angeschlossen. Ansonsten übernahmen über den ganzen bei nur elf kühlen Celsiusgraden immerhin unverregnetem Tag viele Klein- und Familiengruppen einen stressfreien Ausflug über komplett autogesperrte Rebwege, darunter auffällig viele mit ihrem jungen Nachwuchs bis hinunter zum Kinderwagenalter. Aber etwa auch die Ringsheimerin Elke Müller mit ihrer 86-jährigen putzmunteren Mutter Irmgard als deutlich ältere Wanderinnen.
Der Heubergturm bot eine verblüffende Aussicht
Insbesondere beim Wege-Kreuzungspunkt an der Ringsheimer Grillhütte machten hunderte „Bergsteiger“ eine Bierbank-Station bei den hier mit Grillwürsten, nudeligem Sauerbraten und Gemüsefrikadellen bewirtenden Weingütern Joachim Weber und Weber-Link, aber unterwegs etwa auch an einer weiteren Wegzweigung bei der Winzergenossenschaft Münchweier-Wallburg-Schmieheim mit Flammenkuchen aus dem Holzofen. Selbstredend: Unterwegs gab es noch ausreichend weitere Getränke- und Verpflegungsstationen – nicht nur mit Wein etwa von der Winzergenossenschaft Bleichtal, den Weinhöfen Weinjubella und Biselin, blumigem Weinhof, Rebland-Restaurante und auch dem Weingut Weber im entfernteren nördlichen Offental.
Schwarzwaldverein warb um neue Mitglieder
Viele der Tageswanderer ließen es sich nicht nehmen, wenigstens per Teilstrecken den 282 Meter hohen Heuberggipfel mit seinem Aussichtsturm neben der dortigen Gaststätte zu erklimmen, denn von dort aus ließ sich trotz bewölktem Himmel ein vergleichsweise klarer Rundblick über die nahen Schwarzwald-Vorberge, den Kaiserstuhl und die schon etwas entfernteren Vogesen samt sogar erkennbarem Straßburger Münsterturm genießen. Dort oben hatte übrigens auch der Schwarzwaldverein Ettenheim-Herbolzheim als Turmerbauer und -betreiber erneut einen Zeltstand aufgebaut, um vor Ort über seine vielfältige Arbeit mit Wanderprogrammen und Wegenetz-Pflege zu informieren – und natürlich bei dieser Gelegenheit auch um weitere Mitglieder zu werben.