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An Bord eines Luftwaffen-Airbus sind die Särge mit den drei in Afghanistan getöteten Soldaten am Samstagabend in Leipzig eingetroffen.

Berlin/Leipzig - An Bord eines Luftwaffen-Airbus sind die Särge mit den drei in Afghanistan getöteten Soldaten am Samstagabend in Leipzig eingetroffen.

Zuvor hatten die Soldaten des Regionalen Wiederaufbauteams (PRT) im Feldlager Kundus in einer Trauerzeremonie Abschied von ihren gefallenen Kameraden genommen. Anschließend wurden die Särge zum Flughafen Kundus gebracht, von wo sie über Usbekistan nach Deutschland geflogen wurden. Am vergangenen Dienstag waren die drei Soldaten aus Ostdeutschland nach einem Feuergefecht mit den Taliban ums Leben gekommen. Die Männer stürzten in der Nähe von Kundus bei einem Ausweichmanöver mit ihrem Transportpanzer vom Typ "Fuchs" in einen Wassergraben und starben.

Für sie wird es am kommenden Donnerstag im thüringischen Bad Salzungen eine zentrale Trauerfeier geben. Vor der Trauerfeier werden Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) und der Bundeswehr-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan zu einem Gespräch mit den Angehörigen zusammentreffen und ihre Anteilnahme ausdrücken, teilte die Bundeswehr mit.

Mit dem jüngsten Vorfall sind bislang 35 deutsche Soldaten in Afghanistan bei Anschlägen, Gefechten, Unfällen und Unglücken ums Leben gekommen. Insgesamt sind am Hindukusch rund 3700 deutsche Soldaten stationiert.

Angesichts der zunehmenden Gewalt gegen deutsche Soldaten ist eine neue Debatte über die Afghanistan-Strategie entbrannt. SPD-Fraktionschef Peter Struck plädiert für Verhandlungen mit den gemäßigten Taliban, CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer fordert einen Plan für eine geordneten Rückzug. Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan, schlägt ein energischeres Vorgehen gegen Aufständische vor. Der Bundestag entscheidet am Donnerstag über ein weiteres Afghanistan-Mandat, dabei geht es um die Beteiligung an Awacs-Aufklärungsflügen der Nato.

"Ich habe in Kundus schon mit Taliban gesprochen, wir müssen alle einbeziehen - jedenfalls die gemäßigten Taliban", sagte der frühere Verteidigungsminister Struck dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Ausschließen würde er Gespräche mit Leuten wie dem untergetauchten Taliban-Führer Mullah Omar. "Ich habe mir seinen Lebenslauf angesehen. Das ist ein Massenmörder." CSU-Landesgruppenchef Ramsauer forderte eine "Exit-Strategie". "Dabei geht es um saubere Kriterien, wann der jeweilige Einsatz erfüllt ist und stufenweise beendet werden kann", sagte Ramsauer der "Bild am Sonntag". "Der geordnete und schrittweise Rückzug aus dem Kosovo kann dabei als Vorbild dienen."

Jung versicherte trotz der tragischen Ereignisse in der "tageszeitung" (taz): "Wir haben schon viel erreicht." Sobald Afghanistan an die Taliban zurückfalle, habe das auch Terror für die Welt zufolge. Die Bundeswehr sorge deshalb auch "unmittelbar für die Sicherheit der deutschen Bevölkerung". In der "Super Illu" betonte Jung: "Bei 840 Aufbauprojekten in unserem Verantwortungsbereich im Norden sehen die Menschen, dass es vorangeht." Für das Land bestehe die Chance auf "Wohlstand in Frieden". So gebe es heute 6,2 Millionen Schüler - davon 40 Prozent Mädchen - acht Millionen Handy-Nutzer sowie neu errichtete Krankenhäuser, Brücken, Straßen und Kindergärten.

Auch SPD-Fraktionschef Struck stellte den Einsatz am Hindukusch nicht infrage. "Ich sehe keinen Grund, jetzt aufzugeben und zu sagen: Es tut mir leid, die über 30 deutschen Soldaten sind leider umsonst gestorben, wir gehen raus." Bis zum Abzug könne es aber noch zehn Jahre dauern. Das Nachbarland Pakistan, müsse aber in Zukunft noch stärker eingebunden werden, um ein Ende der Gewalt zu erreichen.    

Gefordert werden auch weitergehende Befugnisse für die Truppe. Nach Informationen des "Focus" beklagte Generalinspekteur Schneiderhan im Kreis von Bundeswehr-Führungskräften die "sehr restriktive Auslegung" der Rechtslage beim deutschen Einsatz. Die Soldaten müssten aktiv gegen erkannte Aufständische vorgehen können, "um nicht immer auf die Schlachtbank geführt zu werden". Der Linke-Fraktionschef Gregor Gysi und der Vizefraktionschef der Grünen, Hans-Christian Ströbele, forderten in der "taz" die sofortige Beendigung des Einsatzes.