Burak Tastan und der VfL Nagold (blaue Trikots) waren ihren Gegnern meist deutlich überlegen. Foto: Kraushaar

Landesliga: Redzepagic-Elf nach starkem ersten Saisondrittel auf Rang zwei. Trainer sieht positive Entwicklung. 

Elf Spiele, 31 Punkte und 31:7 Tore – der VfL Nagold ist in der Landesliga mit Platz zwei hinter dem TSV Ehningen seinem eigenen Aufstiegsanspruch bislang gerecht geworden. Der zweite Lockdown verhinderte jedoch die Tabellenführung.

Jetzt da feststeht, dass in diesem Jahr nicht mehr gespielt wird, blickt der Nagolder Coach Armin Redzapagic mit einem gewissen Abstand insgesamt sehr zufrieden auf das erste Drittel der Saison zurück. "Wir haben sogar einen noch besseren Start hingelegt als im Aufstiegsjahr vor drei Jahren. Deshalb finde ich es besonders schade, dass wir in dieser Phase gestoppt wurden", erklärte Redzepagic.

Besonders die Entwicklung und die inzwischen erarbeiteten Automatismen hebt er dabei hervor. "Spielerisch und taktisch waren die ersten Spiele nicht das Gelbe vom Ei. Wir haben zu viele Gegentore bekommen und es oft unnötig spannend gemacht", meint er kritisch. Im Laufe der Hinrunde wurde der VfL aber immer souveräner – auch weil sich das Vertrauen in die eigenen Stärken mit jedem Sieg verbessert hatte. "Das Tolle daran ist, dass wir trotz Rotation eine Steigerung erzielt haben und keinen Leistungseinbruch verzeichnen mussten", freut sich der Stammheimer Redzepagic.

Ein wichtiger Grund dafür sind die Neuzugänge, die eingeschlagen haben. "Wir wussten, dass uns Max Frölich, Steffen Honigmann und Nils Schuon fußballerisch weiterbringen würden, zudem sind sie als Typen eine Bereicherung", sagt Redzepagic. Allen voran führt der Trainer aber Schuon ins Feld. "Er geht im Training voran und lässt die Dinge einfach aussehen. Das ist die Kunst, darum ist er auch gesetzt", sagt der Trainer. Auch die jungen Spieler wie Keeper Joel Mogler, Leon Schaber und Tobias Essig haben sich ihren Platz im Kader erkämpft und es zeichnet sich ab, dass sie in den nächsten Jahren noch wichtigere Rolle einnehmen können. "Unser zweiter Torhüter hat ja schon bewiesen, dass er ein sicherer Rückhalt sein kann. Er lernt jeden Tag von Bubacarr Sanyang dazu. Beide ergänzen sich hervorragend", sagt Redzepagic über Mogler.

Tobias Essig hingegen bringe das Freche im Dribbling und den Eins-gegen-Eins-Situationen mit, auch wenn er körperlich noch zulegen müsse. "Aber er hat etwas in seinem Spiel, das andere nicht haben", lobt Redzepagic den Youngster. Leon Schaber hatte zu Saisonbeginn etwas Pech mit einer Verletzung, aber man sehe jetzt, dass mit ihm zu rechnen sei.

Weitere Leistungsträger im Team sind Burak Tastan, Chris Wolfer und Elias Bürkle. "Letzterer wirkt in dieser Runde gereifter, was auch daran liegt, dass er jetzt regelmäßig trainieren kann, was in der Vergangenheit wegen seines Studiums nicht möglich war", erklärte der VfL-Coach.

Vom ersten Lockdown im Frühjahr ausgebremst wurde dagegen Walter Vegelin: "Er hatte vorher alles in Grund und Boden geschossen. Dann kam die Pause, Urlaub und Nachtschicht, inzwischen hat er sich wieder zu einem meiner gefährlichsten Stürmer entwickelt".

Kaum noch Gegentore

Besonders angetan zeigte sich Redzepagic auch von Lysander Skoda. "Er wirkt deutlich fitter, insgesamt athletischer und reifer im Umgang mit dem Ball. Dazu ist er sehr zweikampfstark". Lob gibt es auch für Matthias Rebmann, der gut aus einer langen Verletzungsgeschichte herausgekommen sei und Max Frölich. "Er und Valentin Asch ergänzen sich hervorragend, er hat sich als Wunschlösung in der Innenverteidigung zu 100 Prozent ausbezahlt. Mittlerweile bekommen wir kaum noch Gegentore", sagt Redzepagic.

Die Skepsis, die vor der Saison gegenüber Neuzugang Steffen Honigmann laut wurde, konnte der Trainer von Anfang an nicht teilen. "Ich kenne ihn schon sehr lange, hatte ihn aus Neubulach nach Stammheim geholt und prophezeit, dass das nur eine Zwischenstation sein würde." Er schätze bei Honigmann den Speed in den Umschaltmomenten. Dazu habe er inzwischen auch schon wichtige Tore erzielt.

Aufholbedarf sieht Armin Redzepagic aber noch beim Thema Chancenverwertung. "Diese Lücke wäre mehr als geschlossen, wenn Pascal Reinhardt nicht ausgefallen wäre", stellte Redzepagic dazu fest und ergänzt: "Das ist aber nur der spielerische Rückschlag. Meines Erachtens liegt der größere Schaden am Lerneffekt, der verloren ging. Gerade die jungen Spieler hätten von seiner Trainingseinstellung und von seiner Art und Weiße, wie er spielt, viel gelernt." Nach der erneuten Verletzung und dem Karriereende kann Reinhardt seine Qualitäten inzwischen nur noch als Co-Trainer einbringen. "So einen Spieler nicht mehr zaubern zu sehen, das ist schon sehr schade, das vermisse ich am meisten" sagt der Cheftrainer.

Die – teils auch Corona-bedingte – Rotation habe die Mannschaft verstanden und ziehe voll mit. Der große und ausgeglichene Kader bringe dabei viele Vorteile. "Ich genieße das Privileg, dass wir jetzt deutlich besser trainieren können und wirklich alles aus jedem rausholen können", räumt Redzepagic fast allen Kickern gewisse Einsatzzeiten ein. Diese komfortable Situation und das Wissen um die aktuelle spielerische Ausnahmestellung in der Landesliga halten den Kader zusammen. "Uns wird im Winter niemand verlassen", zeigt sich der Coach zufrieden. Mit der Rotation bekomme jeder seine Chance. Wichtig sei dabei, dass die Spieler "wissen woran sie sind".

Lehren aus der Vergangenheit

Bei der Kaderplanung hatten die Verantwortlichen auch schon die Zukunft im Blick – und zogen ihre Lehren aus Vergangenheit. "Wir mussten nur aus der Verbandsliga absteigen, weil wir zu wenige Ersatzspieler hatten. Darum haben wir uns mit Blick auf die laufende Runde und darüber hinaus auch deutlich verstärkt", sagt Redzepagic.

Abteilungsleiter Uli Hamann teilt diese Einschätzung zur Verbandsligasaison 2018/2019: "Als Raphael Schaschko und Pascal Reinhardt ausgefallen waren, konnten wir diese Leistungsträger nicht mehr ersetzen". Dass durch die verordnete Corona-Zwangspause jetzt nach der Winterpause aber noch 27 Spiele offen stehen, bereitet dem Trainer hingegen Sorgen. "In der Liga sind wegen den Entfernungen die Spiele unter der Woche nicht einfach zu bewältigen", sagt er. Redzepagic plädiert deshalb dafür, schon Ende Januar mit den Punktspielen zu beginnen und die Saison nach hinten in den Juni oder sogar Juli zu verlängern. Auch die Lösung, erst die Hinrunde zu beenden und dann die Tabelle in zwei Hälfte teilen, sieht er als eine Möglichkeit an. Dann bliebe auch noch genügend Zeit für die Relegation. Denn eines ist an der Nagold sicher: Der VfL brennt darauf, wieder in der Verbandsliga zu spielen.