Noch fehlt die Hälfte, aber bis Freitag ist das Riesenrad komplett. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Es ist soweit: Am Freitag beginnt das 172. Cannstatter Volksfest in Stuttgart. Angesichts der Weltlage bleibt die Sicherheit das beherrschende Thema.

Stuttgart - Eines vorneweg: Die weitaus größte Gefahr, die der Gesundheit beim Cannstatter Volksfest droht, ist es zu viel Bier zu trinken. Gegen solcherlei Fährnisse hilft nur die eigene Mäßigung. Doch wie umgehen mit einer Gefahr, die viele umtreibt und beunruhigt, für deren Eintreten es laut der Polizei aber keinerlei konkreten Hinweise gibt? Wie begegnet man dem Terror, und der Angst davor? Oder wie es Werner Klauss, der Sprecher der Festwirte, sagt: „Es ist eine Gratwanderung: Wir wollen, dass unsere Gäste sich sicher fühlen, wir wollen sie aber auch nicht verunsichern.“

Eine Gratwanderung, die im Vorjahr beim Volksfest gelang und beim Oktoberfest gründlich schiefging. Dort zäunte man die Theresienwiese ein, die Polizei trat martialisch auf, durch Taschenkontrollen kam es zu Staus an den Eingängen. Die Folge: Es kamen weniger Besucher. Lag es an der „Hochsicherheitswiesn“, an der Furcht vor Anschlägen oder gar am miesen Wetter? Darüber streitet man bis heute.

50 Ordner arbeiten an den Eingängen zum Gelände

Doch einig ist man sich in München wie in Stuttgart. Trotz des allgegenwärtigen Mantras, man solle sein Leben nicht ändern, am westlichen Lebensstil festhalten, hat die Furcht vor Anschlägen die großen Feste verändert, auch das Volksfest. Polizisten stehen an den Eingängen, überwachen den Platz per Video, Poller hat man an der Stadtbahnhaltestelle eingegraben, damit dort kein Laster einfahren kann. Lieferwagenfahrer müssen ihren Pass zeigen und 100 Euro Kaution hinterlegen, bevor sie auf den Platz dürfen.

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50 Ordner sind in Diensten der Veranstalterin in.Stuttgart an den Eingängen im Einsatz. Dieser hohen Zahl ist geschuldet, dass ein Eingang am Neckardamm dicht gemacht wird. Am Recyclinghof bleibt geschlossen. „Dort wollte ohnehin keiner hinein“, heißt es bei in.Stuttgart. Da kann man sich die zwei Mann dort künftig sparen.

Die Zelte müssen künftig mehr Ordner stellen. Von der Öffnung des Festplatzes an bis zum Zapfenstreich muss an jeder Türe ein Ordner stehen, auch an den Notausgängen. Das Dinkelacker-Zelt der Brüder Klauss hat 14 Ein- und Ausgänge. 25 Ordner beschäftigten Werner und Dieter Klauss einst, über die Jahre wuchs die Zahl auf 52. „Das kostet uns dieses Jahr bis zu 30 000 Euro mehr“, sagen die Brüder Klauss.

Der Bierpreis steigt auf bis zu 10,50 Euro

So erkläre sich dann auch, dass der Bierpreis wieder um 30 Cent steigt, auf 10,20 bis 10,50 Euro. Klauss: „Wir müssten den Preis eigentlich deutlicher steigern, um mit den Kosten Schritt zu halten.“ Nun haben die Wirte seit jeher genug Gründe gefunden, um das Erhöhen des Bierpreises zu rechtfertigen. Heuer allerdings sei man am Ende der Fahnenstange angelangt, versichern sie. Zumal es nicht immer aufwärts gehe. Während bei manchen die Reservierungen auf dem Niveau des Vorjahres liegen, einem ziemlich guten Jahr, berichten andere von Rückgängen. „Wenn nur einer von Hundert aus Angst fortbleibt, summiert sich das.“

Nährt die Diskussion um die Sicherheit erst das Gefühl der Unsicherheit? Thomas Engelhardt, Leiter des Bad Cannstatter Polizeireviers, weiß um das Dilemma. Er versichert, man könne unbesorgt auf den Wasen kommen. „165 Beamte sind über den Tag verteilt auf dem Platz“. Etliche davon in Zivil. Sie achten auch auf Taschendiebe und Burschen, die ihr Handy missbrauchen, um Frauen unter das Dirndl zu fotografieren. Engelhardt: „Da nutzen wir alle Möglichkeiten und ziehen das Handy ein.“ 22 Sexualdelikte wurden voriges Jahr angezeigt. Knapp 900 Straftaten gab es insgesamt. Bei vier Millionen Besuchern. Der Statistik zufolge ist es auf dem Wasen also sehr sicher. Die weitaus größte Gefahr für Leib und Leben droht vom Kater danach.