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Andererseits streute Gorschlüter, so etwa am Abend des 7. Dezember, sehr wohl Verschwörungserzählungen. Corona sei ein Weg, das Bargeld abzuschaffen. Zudem sollten offenbar alle Menschen auf diesem Planeten mit einem Chip versehen werden.
Zudem fanden im Umfeld des "Lichtspaziergangs" auch noch weitere Verschwörungsmärchen Verbreitung: So wurde Anfang Dezember in dem Telegram-Kanal der Initiative "Querdenken (743 Balingen)", in der von Beginn an für die Spaziergänge geworben worden war, ein Foto geteilt, das Bezug nimmt auf den Film "Der Untergang" (2004). Dieser stellt die letzten Tage im Führerbunker während der Schlacht um Berlin am Ende des Zweiten Weltkriegs dar. Im Original ist auf dem Filmplakat Bruno Ganz zu sehen, Darsteller von Adolf Hitler. Auf der von "Querdenken 743" abgeänderten und verbreiteten Version des Bilds schaut Angela Merkel quasi in den Untergang ("Die letzten Tage der Bundesregierung"). Merkel trägt auf dem Bild eine Mütze, darauf montiert ist ein Davidsstern. Die Kanzlerin als Erfüllungsgehilfin einer jüdischen Weltverschwörung?
In einem anderen Telegram-Kanal – "Zollernalbkreis – Eltern für Aufklärung und Freiheit" kursierte dieser Tage zudem ein Foto, das einen jungen Wehrmachtssoldaten zeigt. "Ehre wem Ehre gebührt", heißt es dazu, und: "Vergesst niemals, was sie auf sich genommen haben, um uns eine bessere Welt zu ermöglichen." In ebendieser Eltern-Gruppe wurde insinuiert, dass alle Menschen, die sich nicht gegen Corona impfen lassen wollen, in "moderne" Konzentrationslager verbracht werden würden. An einer anderen Stelle der Eltern-Gruppe war von der "BRD GmbH" die Rede – eine klassische Formulierung sogenannter Reichsbürger, in deren Verständnis die Bundesrepublik eine Firma ist.
"Luftholen" in der Fußgängerzone
Mit Verschwörungstheoretikern hat man nichts zu tun? Ganz offensichtlich ist das Gegenteil der Fall. Zumal die Gruppen, aus denen diese Beispiele stammen, auf dem Flyer des "Lichtspaziergangs" ausdrücklich als Mitveranstalter genannt sind.
Inwiefern es personelle Überschneidungen gibt zwischen Nutzern dieser Gruppen und den Teilnehmern der verbotenen Versammlung am Montagabend, ist unklar. Fest dürfte stehen, dass am Montag der harte Kern des Balinger "Lichtspaziergangs" präsent war und sich um das Verbot der Veranstaltung wenig scherte. Rund 40 Leute haben sich nach Angaben der Polizei versammelt. Darunter war auch Versammlungschef Christoph Gorschlüter.
Der Ostdorfer hatte davor, nach dem Verbot der Veranstaltung durch die Stadt am Freitag vergangener Woche, auf der Homepage geschrieben, dass man ausdrücklich nicht zum Widerstand gegen das Verbot aufrufe. Außerdem aber darauf hingewiesen, dass es selbstverständlich jedem frei stehe, am frühen Abend draußen frische Luft zu holen.
Gorschlüter wählte als Ort für dieses Luftholen die Balinger Fußgängerzone; trotz des Versammlungsverbots und trotz des Umstands, dass das Balinger Ordnungsamt den Marktplatz weiträumig abgesperrt hatte. Andere taten es ihm gleich. Die Polizei war mit starken Kräften vor Ort. Wie sich zeigte, in weiser Voraussicht. Rund 40 Personen, teils mit Transparenten, kamen trotz Verbots zusammen und versuchten nach Angaben der Polizei, sich zu einem Aufzug zu formieren.
Gegen Gorschlüter selbst ermittelt die Polizei nun wegen eines mutmaßlichen Vergehens gegen das Versammlungsgesetz. Die Polizisten leiteten zudem 18 Ordnungswidrigkeitenverfahren nach dem Versammlungsgesetz ein und stellten zehn Verstöße gegen die Corona-Verordnung fest.
Mann widersetzt sich minutenlang Kontrolle
Besonders ein Vorfall machte am Montagabend schnell die Runde: Wie einer der Versammlungsteilnehmer sich der Kontrolle widersetzte und schließlich von den Beamten zu Boden gebracht wurde. Minutenlang, das zeigten mittlerweile wieder gelöschte Videos in sozialen Netzwerken, hatte sich der Mann geweigert, sich auszuweisen und stattdessen von den Polizisten deren Dienstausweise verlangt.
Grundsätzlich, so sagte es eine Polizeisprecherin am Dienstag, sind Beamte über eine interne Dienstvorschrift dazu angehalten, auf Verlangen ihre Dienstausweise vorzuzeigen beziehungsweise ihre Namen und Dienststellen zu nennen. Wie und wann das geschehe, hänge indes von der konkreten Situation ab: Wenn "sofortiges Einschreiten" notwendig sei, könne dies seitens der Beamten auch nach einer "Maßnahme" erfolgen.
"Friedlich" unterwegs mit Einhandmesser
Dieses schnelle Einschreiten war aus Sicht der Polizei am Montagabend geboten: Man habe die Personalien der Teilnehmer der verbotenen Versammlung feststellen müssen. In solchen Situationen beteilige man sich grundsätzlich nicht an "Personalienaustausch"-Geschichten nach dem Motto: Zeigen sie mir erst einmal, dann zeige ich Ihnen. Dadurch, das lehre die Erfahrung, solle das "sofortige Einschreiten" oftmals hinausgezögert oder gar verhindert werden. Die "Lichtspaziergänger", deren Versammlung verboten war, hätten die Pflicht gehabt, sich auszuweisen. Davon seien sie auch nicht deswegen entbunden, weil die Polizisten zunächst ihre Dienstausweise nicht vorzeigen wollten.
Bei der Rangelei mit dem Mann, der sich so renitent gegen die Feststellung seiner Personalien wehrte, wurde ein Polizist leicht verletzt. Er erlitt eine Prellung am Bein. Bei der Kontrolle fanden die Beamten bei ihm noch ein sogenanntes Einhandmesser. Ermittelt wird deshalb wegen eines Vergehens gegen das Versammlungsgesetz. Der "friedliche" Lichtspaziergänger hat zudem gegen das Waffengesetz verstoßen. Das Messer behielt die Polizei ein.
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