Nach Meinung etlicher Zuschauer fiel die Komödie „Diener zweier Herren“ im Parktheater durch. Ein Missverständnis bei der Ankündigung des Abos ist eine Erklärung, warum einige den Saal in der Pause verließen. Dabei war die Inszenierung gelungen.
Die Inszenierung des Potsdamer Neuen Globe Theaters versetzte das 1746 uraufgeführte Stück mit vielen Irrungen und Wirrungen vom Italien aus der Mitte des 18. Jahrhunderts nach Pforzheim Mitte der 1970er-Jahre. Die witzigen Dialoge wurden entsprechend angepasst. Auch die Namen der Figuren entsprachen nicht der Vorlage.
Die Handlung blieb im Wesentlichen erhalten: Kemal Eckeneckezi (Andres Erfurth), laut Programm der „wandelnde Migrationshintergrund“, verdingt sich bei dem Gastronom Gundolf (Matthias Radecke), der als „Hotelbesitzer und Schwabe“ angekündigt wurde. Anja Lemmermann mimte die „sehr heiratsfähige Tochter“ Rosi. Die „rheinländische Frohnatur“ (eine eigene Interpretation) Frau Lombardi, die eine „Winkeladvokatenwitwe“ ist, verkörperte Regina Gisberts. Beatrice, die als Mann verkleidet auftritt, wurde von Jessica von Wehner dargestellt. Laurenz Wiegang gab den Florian Müller, genannt „Holm – Stock Holm“. Für die vier Hochzeiten am Ende wurden noch Siegfried (Marco Litta) und Blondina (Nora Backhaus / Rosemarie Klinkhammer) benötigt. Regie führte Kai Frederic Schrickel. Den angepassten Text hat John von Düffel verfasst.
Kemal, der gelegentlich auch als Kamel bezeichnet wird, verdingt sich – die Zeiten sind nicht nur für Gastarbeiter in Zeiten von Ölkrise anno 1973 hart – bei zwei Herren: Gundolf und dem besagtem Stock Holm. Mit wie viel Witz und Fantasie er diesen Spagat bewältigt, hat viel der gelungenen Inszenierung ausgemacht.
Gerade noch ausreichend Respekt vor Klassiker
Das Ensemble zeigte viel Liebe zum Detail. Eine angebliche Ingrid Steeger (eine der echten Ulknudeln aus der Fernsehserie „Klimbim“) erklärte, wer welchen Charakter darstelle. Den Vogel schoss Frau Lombardi ab. Zu ihrem schrillen Auftreten passten die echten roten Locken, ein Hosenanzug mit lila Flecken und rote Pumps. Das sah schlimm aus und war sicher genau so gewollt.
Dazu gehörten Einspielungen der Erkennungsmelodie von „Klimbim“ oder „Dalli, Dalli“ und eine Soloeinlage – Kemal schmachtete die Schnulze „Griechischer Wein“. Das alles passte genau zu der Art, wie das Ensemble den Text mehr als 200 Jahren nach vorne und in eine andere Vergangenheit verfrachtet hat. Viele der Zuschauer werden die 1970er-Jahre mit allen ihren Irrungen und Wirrungen noch gut in Erinnerung behalten haben.
Insgesamt hat das Ensemble nur gerade noch ausreichend Respekt vor dem Klassiker gezeigt. Doch was soll daran falsch sein? Erinnert sei etwa an den überwältigenden Erfolg des Films „Romeo und Julia“ von Buz Lurmann, der die Tragödie nach Verona Beach Ende des 20. Jahrhunderts verlegt hatte.
Inszenierung wird zu spaßiger Unterhaltung
Der originale „Diener zweier Herren“ ist der Comedia dell’arte zuzuordnen. Daher war die Aufführung im Abo A enthalten, das Klassikern und ernstem Theater vorbehalten ist. Für die, die sich den Spaß irgendwann entgehen ließen und das Parktheater verließen, war die Vorstellung aber eher Boulevard, zu dem das Abo B gehört. Über Geschmäcker lässt sich bekanntlich nicht streiten.
Auch ein Kakadu (Stimme von Nicole Bunger) hatte Anteil daran, dass die Inszenierung im Lahrer Parktheater zu einer spaßigen Unterhaltung wurde. Zu den Ausrutschern gehörte derweil etwa etwa das Zitat „Habe fertig“, bekannt durch den öffentlichkeitswirksamen Wutanfall des Bayern-München-Trainers Giovanni Trapattoni 2003.
Das steckt hinter der Comedia dell’arte
Comedia dell’arte bezeichnet eine Kunstform des italienischen Theaters zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert, das heute so definiert wird: Die Stücke dienen Schauspieler und Ensemble, nicht dem Autor oder dem Text. Sie sollen eine szenische Wirkung anstreben – nicht Probleme aufwerfen und Gehalt vertiefen. Masken und Typen werden dargestellt und nicht Individuen und ihre Entwicklung. Die Inhalte sollen weder Werte vermitteln, noch belehren. Diese Einteilung stammt vom deutschen Literaturwissenschaftler und Romanisten Wolfram Krömer. Genau das hat die Inszenierung „Diener zweier Herren“, wie es das Neue Globe Theater aus Potsdam in Lahr inszeniert hat, versprochen und erfüllt.