Das Stück „Ganz schön blöde“ wurde in der Wildberger Stadthalle aufgeführt. Die Geschichte ist witzig – und soll Kindern nahebringen, dass sie ein Recht auf Selbstbestimmung haben.
Die Wildberger Stadthalle war fast voll besetzt, als das Stück „Ganz schön blöde“ der Kölner Theatergruppe „Zartbitter“ für Dritt- und Viertklässler aus Wildberg, Effringen und von der Ludwig-Haap-Schule in Bad Teinach-Zavelstein aufgeführt wurde. Ein witziges Stück mit Musicaleinlagen – und ziemlich ernsten Themen.
Das Stück dreht sich um Tine und den „Teugel“. Der ist noch halb Teufel und halb Engel und würde gern Schutzengel werden. Allerdings ist er schon 16 Mal durch die Prüfung gerasselt. Versuch Nummer 17 findet bei Tine statt: „„Und deshalb werde ich dich jetzt einen Tag und eine Nacht lang so richtig beschützen“, erklärt er selbstbewusst.
Doch stellt er sich unter Gefahren eher Erdbeben und Eisberge vor. Tine allerdings hat ganz andere Sorgen. Sie ist gerade umgezogen. „Ich habe Angst, dass es in der neuen Schule wieder so wird wie in der alten Schule“, vertraut sie sich ihm an. Denn dort wurden sie und ihre Mitschüler von einer Clique gemobbt.
Petzen oder Hilfe holen? Das ist hier die Frage
Warum sie ihren Eltern nichts gesagt hat? „Das wäre petzen“. Das kann der Teugel nicht akzeptieren und ruft direkt eine Spielshow ins Leben: „Petzen oder Hilfe holen?“ Da muss auch das Publikum hin und wieder aushelfen. Und Tine erkennt: Mobbing offenzulegen ist kein Petzen: „Alleine komme ich gegen die Kinder ja gar nicht an!“
Dann wird es noch viel schlimmer: Der Bruder von Tines bester Freundin Jenny hat Nacktaufnahmen der beiden Mädchen gemacht, als diese im Bad waren. Und möchte sie jetzt an der ganzen Schule und im Internet verbreiten. Wenn die Mädchen etwas sagen, droht er, jennys Katze etwas anzutun. Empörtes Raunen geht durch das Publikum. Zum Glück hat Tine den Teugel an ihrer Seite.
„Was ist in dieser Geschichte nun alles „Blödes“ geschehen?“, fragen die beiden Schauspieler am Ende, als das Stück gemeinsam besprochen wird. Die Kinder wissen Bescheid: Mit den Nacktfotos wurde die Privatsphäre verletzt, Jennys Bruder hat versucht, die Mädchen zu erpressen und auch der Teugel kommt nicht ganz ungeschoren davon. Im Stück gibt er sich als Tine aus und bestellt eine Pizza Diavolo für sie – obwohl Tine die gar nicht mag. Er bestimmt einfach über sie.
Was kann man tun? Den Eltern Bescheid sagen oder den Lehrern“, sagen die Kinder. Die Schulsozialarbeiter sind ebenfalls eine gute Adresse, erläutern die beiden Darsteller.
Auch sehr persönliche Anmerkungen machen die Kinder. Ein Mädchen erzählt: „Ich habe eine sehr gute Freundin, die hört mir auch zu, da frag ich sie auch“ Und: „Ich finde es toll, dass ich eine Freundin gefunden hab, die für mich da ist.“
Die Beratungsstelle Onyx gegen sexualisierte Gewalt hat das Theater von „Zartbitter“ organisiert. Alle zwei Jahre gibt es eine Aufführung zur Prävention. „Die Kinder müssen ja erst einmal wissen, was nicht gut ist“, meint Albrecht Frank, Leiter von Onyx. Mit der Präventionsarbeit, die vor allem über die Lehrer und Erzieher läuft und von Onyx unterstützt wird, sollen Kinder lernen, Nein zu sagen, dass ihr Körper ihnen gehört und wo sie sich Hilfe holen können. Und Kinder sollen lernen, dass grade Übergriffe nicht „normal“ sind und sie ein Recht darauf haben, ohne diese aufzuwachsen.
Das Theater hat den Vorteil, dass es sehr mitreißt, meint Frank. Ein Film könnte die Aufmerksamkeit über diese Zeitspanne nicht so sehr fesseln. Wichtig sei auch, dass belastende Inhalte mit den Kindern nachträglich besprochen werden – nicht nur bei der Aufführung von „Ganz schön blöde“, sondern etwa auch bei Filmen. Dann würde das Gesehene in der Regel besser verarbeitet.
Die Beratungsstelle Onyx
Bei der Beratungsstelle Onyx können sich Kinder Hilfe holen, wenn sie sexueller Gewalt ausgesetzt sind. Im Grundschulalter würde das auch viel über die Fachkräfte laufen, meint Albrecht Frank. Diese können sich mit Material für die Prävention bei Onyx eindecken. Zur Beratung dürfen Kinder und Jugendliche auch ohne ihre Eltern kommen, sie brauchen ihren richtigen Namen nicht nennen und die Mitarbeiter stehen unter Schweigepflicht. Außerdem gibt es die Nummer gegen Kummer (116 111), erläutert Katrin Schübel von Onyx den Schülern, bei der die Kinder selbst anrufen können.