Die Kfz-Versicherung gehört zum Bereich Schaden und Unfall, nach Angaben von Konzernchef Junker ist dieses Segment die „Perle des Konzerns“. Foto: stock adobe

Der Finanzdienstleistungskonzern Wüstenrot & Württembergische startet ein umfangreiches Investitionsprogramm und fasst seine digitalen Start-ups in einem eigenen Geschäftsfeld zusammen.

Stuttgart - Mit dem größten Investitionsprogramm der Firmengeschichte ist der W&W-Konzern (Wüstenrot & Württembergische) in das neue Geschäftsjahr gestartet. „Es herrscht eine massive Aufbruchstimmung im Konzern“, sagt Konzernchef Jürgen Junker. „Wir sind dabei, alle Teile zukunftsfest zu machen.“ Der Versicherungs- und Bausparkonzern wolle „schneller, besser und kreativer“ sein als die Wettbewerber.

Für den Zeitraum 2018 bis 2020 will das Unternehmen 820 Millionen Euro investieren – deutlich mehr als im Dreijahreszeitraum davor, als 650 Millionen Euro für neue Produkte, Technologien und Qualifizierung der Mitarbeiter zur Verfügung standen. Um die Investitionen stemmen zu können, will der Vorsorgekonzern in allen Bereichen im Neugeschäft stärker als der Marktdurchschnitt wachsen. Die Produktivität soll jährlich um fünf Prozent gesteigert werden.

Der W&W-Konzern hat bereits einige Initiativen auf den Weg gebracht, um die Digitalisierung voranzutreiben. Im Oktober ging die neue Digitalmarke für den Versicherungsbereich – Adam Riese – an den Start. Seither wurden knapp 7000 Verträge abgeschlossen, etwa 470 Verträge pro Woche. Bis jetzt ist nur eine Privathaftpflicht und eine Rechtsschutzversicherung im Angebot, eine Betriebshaftpflicht für kleinere Gewerbetreibende soll demnächst folgen. 2018 startete die App Finanz Guide. Damit können Kunden am Smartphone all ihre Finanzdienstleistungen – von Versicherungen über Bausparverträge bis hin zu Bankkonten, auch von fremden Anbietern – verwalten und Überweisungen tätigen. Ebenfalls Anfang 2018 ist die Wohnplattform Wüstenrot Wohnwelt an den Markt gegangen, eine Datenbank mit vielen Serviceangeboten. Diese und weitere Start-ups werden ab Mai in einem neuen Geschäftsfeld W&W Brandpool zusammengefasst.

Digitalisierung soll den persönlichen Kontakt ergänzen

Gleichzeitig betont Junker, dass der persönliche Kontakt der Kunden zu ihren Beratern „das Herzstück bleibt“. Er glaube nicht, dass die Digitalisierung den persönlichen Kontakt ersetzen werde, sondern dass sie eine Ergänzung dazu werde.

Im vergangenen Geschäftsjahr hat der Konzern seinen Gewinn nach Steuern um knapp zehn Prozent auf 258 Millionen Euro gesteigert. Besonders erfreulich entwickelte sich die Schaden- und Unfallversicherung, von Junker „die Perle des Konzerns“ genannt. Der Überschuss stieg in diesem Bereich um 16 Prozent auf 125,8 Millionen Euro. Hier wirkten sich wenig Schäden, ein höheres Finanzergebnis und eine geringe Steuerbelastung aus. Das Neugeschäft in der Sachversicherung stieg um 11,6 Prozent auf 232 Millionen Euro.

Im Segment Bauspar-Bank blieb das Ergebnis mit 58,5 Millionen Euro nahezu stabil. Das lag daran, dass der Verkauf von Anteilen an der V-Bank einen Sondereffekt in die Bücher gespült hat. Das Nettoneugeschäft der Bausparkasse (Abschlussgebühr bezahlt) lag mit 11,5 Milliarden Euro leicht unter dem Vorjahr, entwickelte sich aber laut Junker besser als der Markt.

Kein Verkauf von Altbeständen

Der Bereich Personenversicherung brach im Ergebnis kräftig ein auf 31,8 Millionen Euro. Das lag nicht zuletzt daran, weil der Sicherheitspuffer – die sogenannte Zinszusatzreserve – aufgefüllt wurde. Mit dieser Rücklage stellen Lebensversicherer sicher, dass sie langfristig auch in Niedrigzinsphasen die Garantieverzinsung ihren Kunden zahlen können.

Ein Verkauf von höher verzinsten Altbeständen in der Lebensversicherung kommt für die Württembergische nicht infrage. „Das ist für uns ausgeschlossen“, sagte Junker. „Wir wollen weiterhin ein verlässlicher Partner für unsere Kunden sein.“ Auch die wirtschaftlichen Zwänge, Altbestände zu verkaufen, sehe man im Konzern nicht.

Im vergangenen Jahr entfiel ein Drittel des Neugeschäfts in der Lebensversicherung auf klassische Verträge mit einer jährlichen Garantieverzinsung. 2018 werden es weniger sein, erwartet Junker.

Der Konzern beschäftigte zum Jahresende 6619 Mitarbeiter (Vollzeitstellen), hinzu kommen noch knapp 6000 selbstständige Handelsvertreter, die für den Konzern tätig sind.