Ein historischer Rummel soll Karussells zum Jubiläum auf den Schlossplatz bringen. Foto: Peter-Michael Petsch

Das Volksfest könnte bald einen Ableger auf den Schlossplatz schicken. Jedoch nur für eine Jubiläumsausgabe. 2018 werden 200 Jahre Volksfest gefeiert und das 100. Landwirtschaftliche Hauptfest. Um angemessen zu feiern, würde Ideengeber Wulf Wager gerne einen historischen Rummel aufbauen.

Stuttgart - Es scheint fast vergessen. Gerade in Zeiten, in denen man auf dem Wasen vornehmlich Hopfen, Gerste und Malz sowie dem Rausch huldigt – doch das Cannstatter Volksfest war einstmals ein Erntedankfest. Gestiftet 1818 von König Wilhelm I., als schlimme Hungerjahre endlich vorüber waren. 2018 wird das 200 Jahre her sein, weil dann auch das Landwirtschaftliche Hauptfest, die Leistungsschau der Bauern, zum 100. Mal stattfindet, will man groß feiern. Doch wie? Mit noch mehr Zelten? Noch mehr Remmidemmi? Noch mehr Bier? Wulf Wager vom Cannstatter Volksfestverein, Brauchtumsexperte und Inhaber einer Agentur, hat eine Idee entwickelt, plant quasi den Export Cannstatter Lebensart nach Stuttgart. „Wir müssen zum Jubiläum unbedingt auf die Wurzeln dieses Festes zurückgehen“, sagt er, „also zum Erntedankfest.“

Wie das gehen könnte, haben er und sein Kompagnon Christian List sich in München abgeschaut. Dort feierte man 2010 das 200-Jahr-Jubiläum des Oktoberfests, und erschöpft von der Sauferei der Jetztzeit reiste man in die Vergangenheit und baute neben dem Oktoberfest die Oide Wiesn auf, die alte Wiese. Dort standen alte Karussells und Buden, es gab ein historisches Festzelt, ganz ohne Ballermann. Dort traten Blasmusiker auf, Volkstänzer und Schuhplattler. Im Herzkasperlzelt versuchten junge Wilde althergebrachte Musik, Theaterstücke und Literatur in die Moderne zu überführen. Es kamen mehr als eine halbe Million Besucher. Seitdem ist die Oide Wiesn Bestandteil des Oktoberfests.

Nach dem Motto, lieber gut abgespickelt als schlecht erfunden, wollen Wager und List dieses Konzept nach Stuttgart überführen. Ermutigt vom Erfolg einer Ausstellung, die vier Schausteller beim Frühlingsfest aufgebaut hatten. Sie zeigten Fundstücke aus alten Zeiten des Rummels, ein Museum auf Reisen. Die Besucher waren begeistert. Doch beim Volksfest war kein Platz dafür, der Wasen ist schlicht zu klein. Wenn 2018 auch noch Landwirtschaftliches Hauptfest ist und das Güterbahnhofsgelände mutmaßlich bereits bebaut wird, wird sich dort nirgends ein historischer Rummel aufstellen lassen.

Bier soll es auch geben, aber eben keine Party

„Deshalb müssen wir ausweichen“, sagt Wager, „und warum soll man das größte Fest des Landes nicht im Herzen des Landes feiern, eben auf dem Schlossplatz?“ Natürlich, Bier soll es auch geben, aber eben keine Party. Wager und List schwebt ein Jahrmarkt vor mit Feuerschluckern, Akrobaten, der Dame ohne Unterleib und dem stärksten Mann der Welt, mit Schiffsschaukeln, Pferdekarussellen und Orgeln, mit einem kleinen Museum, mit einem Tanzboden, mit einem Zelt, in dem Kabarettisten, Schauspieler, Poeten und Musiker auftreten sollen. Mit Volkstümlichem, aber nicht mit Verzopftem „Es gibt viele junge Leute, die sich mit Heimat beschäftigen und neu interpretieren“, sagt Wager, „aber die finden im Radio und im Fernsehen nicht statt: Hier könnten wir ihnen ein Forum bieten und Tradition und Moderne verbinden.“ Beginnen würde er eine Woche vor dem Volksfest und den historischen Rummel noch eine Woche zeitgleich zum Volksfest veranstalten. Die Zeit, in der auch das alle vier Jahre stattfindende Landwirtschaftliche Hauptfest läuft. So könnte man die Besucher der Agrarmesse noch zu einem Abstecher in die Innenstadt bewegen.

Das Konzept habe er vor einem Jahr bei der Veranstalterin des Volksfests, der städtischen Tochter in.Stuttgart, eingereicht, gehört habe er seitdem nichts mehr. Aber es sind noch fünf Jahre hin, da hat man doch genügend Zeit? Wager: „Das scheint nur so. Es gibt nicht mehr so viele historische Geschäfte. Die müssen sie rechtzeitig buchen, sonst bekommen sie niemanden mehr.“ Die Kosten, schätzt er, „kommen an die Millionengrenze ran“.

Die oberste Instanz in Sachen Volksfest ist Wasenbürgermeister Michael Föll. „Das Konzept ist interessant“, sagt er, „ich habe mich mit Wulf Wager auch darüber unterhalten.“ Klar sei, ewig Zeit dürfe man nicht mehr verstreichen lassen, deshalb werde man nach den Haushaltsberatungen mit allen Beteiligten „Ideen sichten“ und über das Konzept sprechen.

Womöglich bekommt das Volksfest bald einen Ableger in der Innenstadt.