Hat Jäscht etwas mit Hefe zu tun? Foto: StN

Der Bericht „Jäscht“ hat Volker Walz aus Stuttgart daran erinnert, dass im Englischen die Hefe „yeast“ heißt, und so vermutet er, dass hier möglicherweise eine sprachliche Verwandtschaft besteht.

Stuttgart - Der Bericht „Jäscht“ hat Volker Walz aus Stuttgart daran erinnert, dass im Englischen die Hefe „yeast“ heißt, und so vermutet er, dass hier möglicherweise eine sprachliche Verwandtschaft besteht.

Um einen solchen Zusammenhang aufzuspüren, müssen wir die Bedeutung von Jäscht und Hefe zuerst vergleichen. Und dies hat es schnell: der Begriff „Jäscht/Jäst“ ist vom Verb „jästen“ (gären, schäumen) abgeleitet und bedeutet somit ursprünglich „Gärung, Schaum“, aber auch „Hefe“. Die Hefe, ahd. heffe, mhd. hebe/hefe, schwäbisch „Heffå/Hef“, stammt vom Verb „heben“. Hefe wird bekanntlich zum Brotbacken verwendet. Die Bestandteile der Hefe sind einzellige Pilze, die sich durch Sprossung oder Teilung vermehren. Bei dieser Gärung fördern dieselben das „Aufgehen“ des Teigs und sorgen dadurch für die Lockerung des Brots. Hefen sind auch die entscheidenden Treibstoffe für die Gärung von süßen Säften, seien es welche von Äpfeln, Birnen, Trauben oder anderen Früchten. Etwas anders erfolgt die Gärung beim Brauen von Bier, wo mittels des Malzzuckers und dem Zusatz von Hefe die alkoholische Gärung einsetzt.

Bis hierher ist der sachliche Zusammenhang von Jäscht und dem englischen yeast geklärt, wo und wann aber kann sich diese sprachliche Verknüpfung ergeben haben? Um das herauszubekommen, müssen wir etwa 1800 Jahre zurück in die Germanenzeit blicken. In der damaligen Zeit lebte im Nordosten vom heutigen Schleswig-Holstein das germanische Volk der Angeln. Südlich davon an der Nordsee siedelten die (Alt-)Sachsen, nicht zu verwechseln mit den späteren Sachsen im Mittelalter und den Niedersachsen. Diese Sachsen waren ein westgermanischer Völkerverband, zu dem auch die Cherusker gehörten. Östlich davon befand sich von der Elbe bis zur Oder, im Norden bis zur Ostsee das Gebiet der Sueben. Nebenbei: Die Ostsee wurde vom römischen Historiker Tacitus um 100 n.Chr. als „Mare Suebicum“ beschrieben, viel, viel später nannte man den Bodensee „Schwäbisches Meer“.

Zwischen den benachbarten Angeln, Altsachsen und Sueben gab es bestimmt immer wieder Begegnungen, ihre germanische Sprache dürfte gegenseitig verständlich gewesen sein und bei Zusammenkünften wird es zweifellos auch Trinkgelage gegeben haben. Bekannt ist, dass zu Ehren der Götter reichliche Trinkfeste veranstaltet wurden. Da die Germanen besonders den Met, einen vergorenen Honigwein, liebten, wurde dabei bestimmt auch über dessen Gärung, über Hefe und Schaumbildung gesprochen. Schriftliche Belege liegen zwar nicht vor, doch die Vermutung dürfte auf festem Boden stehen.

Im 5. Jahrhundert waren die Römer nicht mehr in der Lage, ihre Provinz „Britannien“ zu halten. Vom Festland kamen die Sachsen, die sich zuvor schon mit den Angeln vereinigt hatten, teilweise sickerten sie ein, teilweise wurden sie von den Römern zu Hilfe gerufen. Mit ihnen kam der Name „Angelsachsen“ sowie die germanische Sprache auf die Insel und damit „yeast“ für die Hefe. Daraus lässt sich schließen, dass das Wort „Hefe“ damals noch nicht benutzt wurde, der Begriff „Jäst“ dürfte etwas älter sein. In der deutschen Sprache ist es umgekehrt: Jäst hat sich nicht erhalten, dafür Hefe, allerdings wird in Norddeutschland „Gest“ (= Jäst) mundartlich verwendet, davon abgeleitet ist das Wort „Gischt“. Der schwäbische Spruch des Tages kommt von Marianne Bitterling aus Schorndorf. Sie schreibt: „Immer, wenn eine Wahl bevorstand und die Politiker schöne Reden schwangen, hörte ich von meiner Mutter (Jahrgang 1910) den Satz: ,Oh, der Scheemaelbrägler!‘ Vermutlich ist dieses Wort mit Schönredner zu übersetzen. Gemeint sind Politiker, die vor der Wahl etwas versprechen, was sie nach der Wahl nicht halten können.“ Schreiben Sie uns: Zentralredaktion, Postfach 10 44 52, 70039 Stuttgart, Stichwort: Schwäbisch, Fax: 07 11 / 72 05 - 73 09; E-Mail: land@stn.zgs.de

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