An den Polen des Jupiter haben Astronomen nur im UV-Licht sichtbare dunkle Ovale entdeckt – erdgroße, magnetisch angetriebene Tornados (Pfeil). Der Große Rote Fleck des Gasplaneten erscheint in dieser kolorierten UV-Aufnahme dunkelblau. Foto: © Troy Tsubota and Michael Wong/UC Berkeley

Auch auf dem Jupiter bilden sich Tornados, allerdings im gigantischen Maßstab und nur an den Polen des Gasriesen, wie Astronomen jetzt entdeckt haben. Die Jupiter-Versionen der Windhosen haben den Durchmesser der Erde und ragen bis in die Ionosphäre des Planeten hinauf.

Der Jupiter ist ein Planet der Superlative: Das gilt auch für seine Wetterphänomene. Auf keinem anderen Planeten im Sonnensystem gibt es so wild tosende Sturmbänder, so riesige Wirbelstürme oder einen Großen Roten Fleck. Auch an den Polen des Gasriesen gibt es gigantische Stürme. Über ihnen wölbt sich eine dichte Schicht aus Aerosolen, wie Aufnahmen des Hubble-Teleskops im UV-Bereich gezeigt haben.

 

In den Polarregionen toben regelrechte Sturm-Karussells. Am Nordpol des Jupiter umkreisen acht Wirbelstürme einen zentralen Sturm, am Südpol sind es fünf. Das haben Beobachtungen der Jupitersonde „Juno“ der US-Raumfahrtbehörde Nasa belegt.

Jupiter unterliegt einem 70-jährigen Klimazyklus. In diesem Zeitraum kommt es zur Ausbildung von Wirbelstürmen. Foto: Nasa/JPL-Caltech/SwRI/ASI/INAF/JIRAM
Jupiter hat keine feste Oberfläche und keine klar begrenzte Atmosphäre. Fast der ganze Planet besteht aus Gasen.  Foto: AFP/Nasa

Raumsonde „Juno“ erforschte Jupiter-Pole

Die Polarregionen des Planeten sind nur wenig erforscht, weil Jupiters Rotationsachse keine große Neigung besitzt und seine Pole daher von der Erde kaum zu sehen sind. „Juno“ war die erste Raumsonde, die gezielt die Pole überflog.

Auf den Aufnahmen der ersten fünf Überflüge sind deutlich die Muster der Wirbelstürme zu sehen, die sich jeweils um einen zentralen Wirbelsturm bewegen, der direkt über dem Pol sitzt.

Künstlerische Darstellung der Nasa-Raumsonde „Juno“ am Jupiter. Foto: Nasa/JPL
"Juno" umkreiste Jupiter, der mit einem Äquatordurchmesser von rund 143 000 Kilometern der größte Planet unseres Sonnensystems ist.  Foto: AFP

Atypisch kreisende Wirbelstürme

Überraschenderweise scheinen die kreisenden Wirbelstürme nicht in die Mitte zum zentralen Sturm am Pol zu driften, wie es die Atmosphärendynamik erwarten lässt. Die Art und Weise, wie die Zyklone nicht verschmelzen, ist ebenso unbekannt wie der Prozess, über den sie sich zu der derzeitigen Konfiguration entwickelt haben.

Der Jupiter-Polar-Orbiter „Juno“ ist eine Raumsonde der Nasa, die den Gasplaneten Jupiter erforschte. Sie wurde am 5. August 2011 gestartet und schwenkte am 4. Juli 2016 in eine Umlaufbahn um den Jupiter ein.

Mit einer durchschnittlichen Entfernung von 778 Millionen Kilometern ist er von der Sonne aus gesehen der fünfte Planet. Foto: AFP

Jupiter im UV-Licht betrachtet

In diesen Polarkappen gibt es zudem ein sobnderbares hänomen. „Innerhalb der Polarkreise des Jupiter wurden temporär auftauchende dunkle Ovale unbekannter Herkunft beobachtet“, berichten Troy Tsubota von der University of California in Berkeley und seine Kollegen.

Worum es sich bei diesen erdgroßen, scheinbar zufällig auftretenden Ovalen handelt und wie sie entstehen, blieb jedoch zunächst unerforscht. Die Studie ist im Fachmagazin „Nature Astronomy“ erschienen.

Aufgrund seiner chemischen Zusammensetzung zählt Jupiter zu den Gasplaneten. Die sogenannten Gasriesen – neben Jupiter sind es in unserem Sonnensystem Saturn, Uranus und Neptun – bilden die Gruppe der äußeren Planeten.  Foto: Nasa/JPL-Caltech/SwRI/MSSS/Gerald Eichstädt

Am Südpol des Gasriesen häufiger als am Nordpol

Deshalb haben Tsubota und sein Team nochmals systematischer nach Aufnahmen dieser Polar-Ovale gesucht. Dafür werteten sie Archivaufnahmen des Hubble-Teleskops aus der Zeit von 1994 bis 2022 aus. In dieser Zeit hatte das Weltraumteleskop die Polarregionen 26-mal mit seiner Wide Field Camera im ultravioletten Bereich beobachtet.

Die dunklen Ovale – hier eines am Jupiter-Südpol – tauchen nur vorübergehend auf und bleiben meist nur ein bis zwei Monate bestehen. Foto: © Troy Tsubota and Michael Wong/ UC Berkeley

Die Astronomen wurden tatsächlich fündig: Zwischen 1994 und 2022 hatte das Teleskop acht dunkle Ovale am Südpol und zwei am Nordpol des Jupiter eingefangen. „Damit scheinen die südlichen Ovale vier- bis sechsmal häufiger vorzukommen als ihre nördlichen Gegenstücke“, schreiben die Forscher.

Das Auftauchen und Verschwinden im Laufe der Beobachtungszeit legt zudem nahe, dass diese dunklen Phänomene maximal 81 Tage lang anhalten, einige sich aber auch schon nach gut zwei Wochen wieder auflösen.

UV-absorbierende Aerosole in polarer Dunstschicht

Doch worum handelt es sich bei diesem Phänomen? Laut Studie deutet die dunkle Färbung der Polar-Ovale im UV-Bereich darauf hin, dass in ihnen die UV-absorbierenden Aerosole der polaren Dunstschicht besonders konzentriert sind. „Der Dunst in den dunklen Ovalen ist rund 50-mal dichter als für diese Dunstkappe normal“, erklärt Koautor Xi Zhang von der University of California in Santa Cruz.

Die weiteren Analysen der Daten zeigten, dass die erdgroßen Ovale rotieren und wahrscheinlich eine Art gigantischer Tornado darstellen. Ähnlich wie bei den irdischen Windhosen saugen auch diese polaren Jupiter-Tornados Luft und Schwebstoffe aus tieferen Schichten der Atmosphäre in die Höhe. Dadurch entstehen die UV-absorbierenden Zonen in der Ionosphäre des Gasriesen.

Magnetfeld gebiert Wirbelstürme

Anders als terrestrische Tornados werden die Jupiter-Ovale allerdings nicht von aufeinander treffenden Luftmassen und Winden erzeugt. Stattdessen vermuten die Astronomen, dass das starke Magnetfeld des Jupiter und die an seinen Polen zusammenlaufenden Magnetfeldlinien dafür verantwortlich sind.

„Weil diese Ovale nur innerhalb der jovianischen Polarlicht-Zonen auftreten, scheint klar, dass sie letztlich von Interaktionen mit der Magnetosphäre des Planeten angetrieben werden“, schreiben die Wissenschaftler.

Sie vermuten, dass Reibungseffekte zwischen dem Jupiter-Magnetfeld und dem heißen, ionisierten Plasma des nahen Vulkanmonds Io für magnetische Turbulenzen sorgen. Diese bilden manchmal Magnetwirbel, die bis in tiefere Schichten reichen und einen Tornado verursachen.

Vom Inneren bis zu den Monden

„Solche Verbindungen zwischen verschiedenen Atmosphärenschichten sind für alle Planeten prägend und wichtig, ob Erde, Jupiter oder Exoplanet“, erläutert Tsubotas Kollege Michael Wong. „Beim Jupiter sehen wir immer mehr Hinweise darauf, dass solche Prozesse das gesamte Jupiter-System durchziehen – von seinem inneren Dynamo bis zu seinen Monden und ihren Plasmahüllen, von der Ionosphäre bis in die stratosphärischen Dunstschleier.“

Die dunklen Tornados der Jupiterpole tragen nun dazu bei, diese weitreichenden Wechselwirkungen ein Stück besser aufzuklären. „Solche Phänomene helfen uns, den Planeten Jupiter als Ganzes zu verstehen“, sagt Wong.