Einige Tausend Impfdosen mussten seit Dezember in Kreisimpfzentren vernichtet werden. Als Ursache nennt das Landratsamt unter anderem die eingebrochene Nachfrage sowie die teilweise sehr kurzen Verfalldaten der gelieferten Vakzine. Foto: Woitas

Einige Tausend Dosen Corona-Impfstoff mussten im Ortenaukreis vernichtet werden. Die Gründe dafür sind unter anderem die schwer zu kalkulierende Nachfrage und die teilweise kurze Haltbarkeit des Impfstoffs – ein Problem im ganzen Südwesten.

Ortenau. Weil die Nachfrage nach Corona-Impfungen weiter abnimmt, der Impfstoff aber nur begrenzt haltbar ist, haben Städte und Landkreise im Südwesten Dosen im großen Maßstab vernichten müssen. Der Ortenaukreis macht dabei keine Ausnahme: "Leider mussten auch in den Kreisimpfzentren des Ortenaukreises seit Dezember einige Tausend Impfdosen verworfen werden", bestätigte Kreissprecher Kai Hockenjos auf Anfrage unserer Redaktion. Das hänge einerseits mit der freien Impfstoffwahl und der damit schweren Kalkulierbarkeit der Nachfrage zusammen. "Und auch mit den teilweise nur sehr kurzen Verfalldaten der an uns gelieferten Impfstoffe", so Hockenjos.

 

Die Bestellung und Lieferung des Corona-Impfstoffs für die Kreisimpfzentren und die Mobilen Impfteams wird über die Zentral-Apotheke des Ortenau-Klinikums abgewickelt, berichtet Klinikumssprecher Christian Eggersglüß im Gespräch mit unserer Zeitung. Bestellt werde beim pharmazeutischen Großhandel. Ein Problem dabei: Häufig werde der Impfstoff nicht gefroren, sondern bereits aufgetaut geliefert – der müsse dann zeitnah verimpft werden. Bei der Bestellung selbst sei das nicht vorhersehbar.

"Hinzu kommt, dass immer wieder Impfdosen verworfen werden müssen, weil bei der täglichen Schließung der Kreisimpfzentren noch Impfdosen in angebrochenen Ampullen vorhanden sind, die nicht aufbewahrt werden dürfen", erläutert Kreissprecher Kai Hockenjos weiter. Mehr Details gibt es nicht – wie viele Impfdosen und vor allem mit welchem Wert vernichtet wurden, bleibt offen.

Anders im benachbarten Schwarzwald-Baar-Kreis: Dort wurden laut Recherchen des Schwarzwälder Boten seit November 4918 Impfdosen vernichtet – im Gesamtwert von rund 100 000 Euro. Im Kreis Konstanz wurden bereits gar 14 500 Impfdosen vernichtet, berichtet die Deutsche Presse-Agentur. Das für die Impfkampagne der Landeshauptstadt zuständige Klinikum Stuttgart habe bislang rund 3000 Dosen entsorgt. Der Wert des vernichteten Impfstoffs – etwa 20 Euro pro Dosis – geht landesweit also offenbar in die Millionen.

Immerhin: Den finanziellen Schaden müssen nicht die Landkreise ausbaden. "Der Bund trägt die Kosten und bleibt übrigens bis zur Verimpfung Eigentümer der Impfstoffe", erläutert Pascal Murmann, Sprecher des Sozialministeriums, auf Anfrage unserer Zeitung.

Das Land selbst sei in die Verteilung des Impfstoffs nicht mehr eingebunden. "Deshalb liegen uns auch keine Erkenntnisse vor zu den derzeit bevorrateten Mengen, zu den Ablaufdaten oder zu eventuellen Vernichtungen von Impfstoffen", so Murmann. Selbstverständlich sei es allen Beteiligten an der Impfkampagne des Landes ein großes Anliegen, möglichst wenig Impfstoff vernichten zu müssen. "Dazu treffen die Verantwortlichen unterschiedliche Maßnahmen." So habe die Kassenärztliche Vereinigung (KVV) Baden-Württemberg etwa eine "Impfstoffbörse" eingerichtet.

Arztpraxen könnten auf dieser Internetplattform übriggeblieben Impfstoff untereinander austauschen, erläutert KVV-Sprecher Kai Sonntag gegenüber unserer Zeitung. Denn will ein Arzt einen Patienten impfen, müsse er ein "Vial" – also das Glasfläschchen, in dem das Vakzin geliefert wird – aufbrechen. Je nach Impfstoff brauche es dann aber sechs bis neun andere Patienten, die sich auch impfen lassen wollen, um den Inhalt komplett aufzubrauchen, verdeutlicht Sonntag. Ob und wie viel Impfstoff trotz der Impfstoffbörse in den Arztpraxen vernichtet werde, wisse die Kassenärztliche Vereinigung nicht. "Wir gehen aber davon aus, dass es auch in den Arztpraxen vorkommt", erklärt der KVV-Sprecher.

Auch der Ortenaukreis kooperiert mit den niedergelassenen Ärzten. "Wenn Praxen einen Engpass bei den Impfstoffen haben, versuchen wir auszuhelfen", erläutert Pressesprecher Kai Hockenjos. "Meist erhalten wir die Impfstoffe dann von den Praxen zurück."

Aufgrund der niedrigen Nachfrage würden derzeit keine Impfstoffe mehr bestellt, so Hockenjos. Es seien noch ausreichend Dosen aller Vakzine haltbar auf Lager. Derzeit wird nur an drei Tagen in der Woche im einzig verbliebenen Kreisimpfzentrum in der Lahrer Rheintalsporthalle geimpft. Täglich würden dann zwischen 60 und 80 Impfungen verabreicht. Zu Spitzenzeiten im Sommer vergangenen Jahres waren es im Offenburger Kreisimpfzentrum bis zu 3000 Impfungen täglich.