Zehn Nester, 40 Einzelfunde, Tendenz steigend: Die Asiatische Hornisse vermehrt sich in Schopfheim – mit Folgen für die Bienen und für den Geldbeutel von Grundstücksbesitzern.
Ein Blick in die Karte der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) zeigt: Es wimmelt nur so an Fundstellen in Baden-Württemberg, von Nordbaden über die Rheinschiene bis ins Dreiländereck finden sich die Markierungen für Einzelfunde oder ganze Nester dicht an dicht. Zoomt man in die Karte hinein, wird deutlich: Auch in Schopfheim und seinen Ortsteilen ist die „Vespa velutina“ offenbar längst zu Hause. Mindestens zehn Nester sowie über 40 Einzelfunde sind dokumentiert.
CDU: Stadt soll Thema auf die Agenda nehmen
In einem Antrag macht die CDU-Fraktion nun auf das rasant wachsende Problem aufmerksam und fordert von der Stadtverwaltung, das Thema auf die Agenda zu nehmen und Initiative zu ergreifen – vom gezielten Informieren der Bevölkerung über Meldeplattformen, Verhaltensregeln, und Haftung bis zur konkreten Unterstützung bei der Entfernung von Nestern, auch durch ehrenamtliche Kräfte. „Ziel ist die Erarbeitung und Vorstellung eines umsetzungsorientierten Maßnahmenplans zur weiteren Verfahrensweise im ersten Quartal 2026“, schreibt die CDU.
Hornissen-Alarm in Raitbach
Dass die Fraktion mit ihrem Antrag in Sachen Hornissen sprichwörtlich ins Wespennest sticht, zeigen mehrere Meldungen aus den vergangenen Tagen. Akuten Hornissen-Alarm etwa gab es gerade in Raitbach: Die Asiatische Hornisse bedrohe die Bienenvölker im Dorf, berichteten in der Ortschaftsratssitzung am Dienstag Bienenzüchter des örtlichen Imkervereins: Innerhalb kurzer Zeit würden ganze Bienenvölker vernichtet.
Auf Nachfrage unserer Zeitung berichtet Ortsvorsteher Sebasstian Johannsen Näheres zum aktuellen Fall: Ihm selbst war aufgefallen, das rund um einen Efeu-Stock mächtiges Hornissen-Gewimmel herrschte. Über Fotos war schnell bestätigt, dass es sich dabei um den Eindringling handelte, und über einen einen Trick – einige Tiere wurden markiert, so dass ihr Flugradius eingegrenzt werden konnte – wurde wenig später in etwa 80 Metern Entfernung das Nest entdeckt: An einem Baum auf einem Privatgrundstück, in etwa 18 Metern Höhe, mit einem Durchmesser von etwa 80 Zentimetern und Unterschlupf für geschätzt 600 bis 800 Hornissen.
Ein Nest vernichtet – vier, fünf weitere nicht
Das Nest wurde von einem Experten vernichtet. Nach Einschätzung des Ortsvorstehers aber gibt es im Dorf vier, fünf weitere Hornissen-Nester – mit der Aussicht, dass sich diese in kürzester Zeit weiter vermehren. Eine Entwicklung, die Johannsen beunruhigt: „Wir müssen das Problem ernstnehmen und gemeinsam angehen“, sagt er, und appelliert an die Bevölkerung, mit wachem Auge durch die Gegend zu gehen und Verdachtsfälle unbedingt zu melden.
Gefahr für einheimische Arten
Das Problem mit dem Eindringling ist nämlich: Die Asiatische Hornisse ist eine Bedrohung für einheimische Insekten – konkret die Honigbiene und andere Bestäuber. „Ein Bienenstock ist für die Asiatische Hornisse wie ein geöffneter Kühlschrank“, trägt Johannsen die Worte des Experten weiter, der in Raitbach zu Gange war. Auch für Menschen bestehe ein erhöhtes Risiko, insbesondere bei Störungen der Nester, ergänzt die CDU in ihrem Schreiben.
Beseitigung und Kosten: Privatsache
Auch von offizieller Stelle – Kommune Land, Bund – wünscht sich Johannsen deutlich mehr Initiative – und verweist darauf, dass die Tendenz aktuell gerade in die andere Richtung geht.
Tatsächlich wurde das Problem Asiatische Hornisse vom Bundesumweltministerium just vor einigen Monaten zur Privatsache erklärt. Grund ist grotesker Weise gerade der Umstand, dass sich diese Art rasant vermehrt und zwischenzeitlich als „weit verbreitet“ gilt. Wo diese Statusänderung einerseits anzeigt, dass das Problem massiv gewachsen ist, entfällt dadurch zugleich die Pflicht zur Beseitigung von Nestern durch den Staat.
Im aktuellen Raitbacher Fall hat Johannsen die Dinge selbst in die Hand genommen und die Kosten für die Beseitigung des Nestes – knapp 200 Euro – auf die „eigene Kappe“, beziehungsweise aufs Ortsbudget genommen.
Auch die CDU fordert in ihrem Antrag, dass Stadt das Problem aktiv angeht – etwa, indem sie das ehrenamtliche Engagement wahrnimmt und unterstützt, das sich in dieser Angelegenheit gerade formiert.
Imkerverein bereit zum Engagement
Konkret steht der Imkerverein Schopfheim bereit, die Stadt bei Aufklärung, Monitoring und Koordination der Entfernung von Nestern zu unterstützen. Mehrere Mitglieder seien bereit, an entsprechenden Schulungen teilzunehmen, sofern die Stadt Schutzausrüstung (zum Beispiel Imkeranzüge und Lanzen) und Material für die sachgemäße Beseitigung stellt und finanziert, schreibt die CDU.
Thema im Rathaus noch nicht recht auf der Agenda
Dass das Thema im Schopfheimer Rathaus tatsächlich noch nicht recht auf der Agenda ist, hatte sich in der Gemeinderatssitzung am Montag gezeigt. Dort hatte Walter Würger als Ortsvorsteher von Langenau berichtet, dass vier Hornissennester gefunden worden seien und gefragt, welches Vorgehen hier angesagt sei. „Das klären wir ab“, erwiderte Bürgermeister Dirk Harscher daraufhin. Für den Moment wisse er nur, dass das Land sich aus dem Thema verabschiedet habe und die Kosten an den Privaten hängen bleibe“.
Die Asiatische Hornisse
Rasante Verbreitung:
Seit 2023 hat sich die Hornissenart in Deutschland und auch in Baden-Württemberg rasant ausgebreitet. Die Zahl der gemeldeten Nester im Land stieg von 607 2023 auf rund 1500 in 2024.
Gesammelte Infos
zur Asiatischen Hornisse (Handlungsempfehlung, Kontakt zu sachkundigen Personen für die Entfernung von Nester, etc.) auf der Homepage der Uni Hohenheim.
Fundorte:
Wer glaubt, eine Asiatische Hornisse gesichtet zu haben, soll dies melden – ein Foto muss mitgeschickt werden. Einen Überblick über bisherige Meldungen gibt die interaktive Karte der LUBW.