In einer öffentlichen "Sitzung" im Wald hat der Gechinger Gemeinderat die Ausweisung von elf Waldrefugien beschlossen. Foto: Tröger

Im Gechinger Gemeindewald sollen sogenannte Waldrefugien eingerichtet werden. Welche Gebiete das sein sollen und welche Auswirkungen diese Entscheidung hat, erläuterten Experten dem Gemeinderat vor Ort.

Gechingen - Mit sogenannten Waldrefugien soll auch im Gechinger Gemeindewald das Alt- und Totholzkonzept Baden-Württemberg (AuT-Konzept) umgesetzt werden. Die öffentliche Gemeinderatssitzung dazu fand vor Kurzem vor Ort im Wald statt. Die Vorschlagsliste der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt für elf Waldrefugien in den Distrikten Bergwald, Weiler und Kirchhalde wurde mit sechs gegen zwei Stimmen abgesegnet.

Bedrohte Arten

Bürgermeister Jens Häußler begrüßte neben sieben Gemeinderäten auch Inge Hormel, die stellvertretende Leiterin der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt Calw sowie den Leiter des Gechinger Forstreviers Jürgen Martinek im Distrikt Kirchhalde. Weiter beteiligten sich einige interessierte Bürger sowie Vertreter vom BUND und der Jägerschaft am Waldbegang. Die Gruppe schaute sich auch Vorschlagsflächen in den Distrikten Bergwald und Weiler an.

Hormel und Martinek erläuterten an den besichtigten Beispiel-Waldbeständen die Sinnhaftigkeit des Konzepts. "Neben elf größeren Waldflächen, sogenannten Waldrefugien, die aus der Nutzung genommen werden, sollen auch Einzelbäume und Baumgruppen mit naturschutzfachlich wertvollen Strukturen ebenfalls dem natürlichen Zerfall überlassen werden und als Trittsteine für bedrohte Arten zwischen den Waldrefugien dienen", so Hormel.

Geringerer Prozentsatz

Diese Vernetzung von Waldflächen, Einzelbäumen und Baumgruppen ist wichtig für den Erhalt und die Förderung der Biodiversität auf der gesamten Waldfläche. Mit den elf vorgeschlagenen Mini-Bannwäldern werden knapp 32 Hektar oder etwa 6,3 Prozent des Gechinger Gemeindewaldes, der rund 500 Hektar groß ist, dauerhaft aus der Bewirtschaftung genommen. Dieses "dauerhaft und nicht mehr umkehrbar" war ein Kritikpunkt aus der Mitte des Gemeinderats, wie Häußler im Telefonat mit unserer Redaktion sagte. Auch kam der Antrag, einen geringeren Prozentsatz als die vorgeschlagenen sechs Prozent des Gemeindewalds aus der wirtschaftlichen Nutzung zu nehmen. Häußler betonte weiter, dass es ihm mit Blick auf die Entwicklungsmöglichkeiten der Gemeinde wichtig war, dass keine siedlungsnahen Waldgebiete für das AuT-Konzept ausgewählt werden. "In diesen Bereichen gibt es schon zahlreiche Landschaftsschutz- und Naturschutzgebiete sowie Flora-Fauna-Habitat-Flächen."

Der Bürgermeister hat unterstützt, "dass wir es machen, denn unser Wald bietet die Möglichkeit für Waldrefugien, vom Waldbild her und auch was die Baumarten und den Zustand des Waldes angeht." Auch Hormel betonte diese Aspekte: "Gechingen hat von Haus aus sehr naturnahe Wälder mit großem Strukturreichtum." Dadurch, dass sie künftig auf die Holznutzung auf Teilflächen verzichtet, leiste die Gemeinde einen wichtigen Beitrag zum Artenschutz und zur Sicherung der biologischen Vielfalt.

Finanzielle Auswirkungen

Für die Ausweisung der Waldrefugien kann sich die Gemeinde Ökopunkte gutschreiben lassen und damit Ausgleichsmaßnahmen für Eingriffe in die Natur ausgleichen, beispielsweise bei der Ausweisung von Bau- oder Gewerbegebieten. Andererseits hat natürlich der künftige Verzicht auf rund 2000 Festmeter Holzeinschlag in den Refugien-Flächen auch finanzielle Auswirkungen, wie der Schultes weiter ausführte: "Wir reden da sicher von einem Betrag Richtung 100 000 Euro."

Nach dem unter freiem Himmel gefassten Beschluss, die Waldrefugien gemäß der Vorschlagsliste einzurichten, ist nun wieder die Forstbehörde am Zug. Sie wird die Flächen im Wald kennzeichnen, dokumentieren und sich mit der Naturschutzbehörde abstimmen. Einen wichtigen Aspekt betonte Revierleiter Martinek abschließend: "Für Waldbesucher und Jäger gibt es keine Einschränkungen auf den Flächen, lediglich die Holznutzung wird künftig unterlassen."