Er weiß am besten, was hier wo steht: Kreisarchivar Andreas Zekorn blättert in alten Schriften. Foto: Ungureanu

Einen "Rückzug aus dem operativen Geschäft" nennt er es. Fakt ist: Kreisarchivar Andreas Zekorn geht in den Ruhestand. Wann, weiß er noch nicht genau. Auf jeden Fall erst, wenn die Nachfolge geregelt ist.

Zollernalbkreis - Für den Nachfolger oder die Nachfolgerin werde es nicht "ein Sprung ins kalte Wasser" sein wie für ihn selbst seinerzeit, 1991, als Zekorn als Kreisarchivassessor ins Landratsamt gekommen war: "in ein Zimmer voller Zeitungen, die dort gestapelt waren". Wer nach ihm kommt, wird ein gut strukturiertes Feld vorfinden.

Fülle an Dokumenten

Was archivische Arbeit ist, kann wohl kaum jemand so gut erklären wie der promovierte Historiker und Germanist Zekorn: Die Fülle von Dokumenten und Publikationen, die sich in einem Archiv ansammle, müsse gesichtet werden; rund 95 Prozent würden vernichtet, die restlichen fünf Prozent archiviert. Es gehe dabei um Rechtssicherheit für die Bürger und das Gewerbe, um Verwaltungshandlungen, um Entscheidungen des Kreistags, "um nachvollziehen zu können, wie Entscheidungen gelaufen sind". Und es gehe auch um bestimmte historische Aspekte und Ereignisse wie Tschernobyl, Erdbeben oder Corona. Oder Kolonialgeschichten aus Afrika.

Teil des Archivs schon online

Auch Audio- und Video-Dateien werden archiviert, Kunstwerke und Fotos, Unmengen von Fotos. Und nach und nach werden sie digitalisiert und der Allgemeinheit zugänglich gemacht, wenn die Sperrfristen abgelaufen seien. Ein Teil des Archivs sei bereits im Internet bereitgestellt worden, am hausinternen Intranet werden noch gearbeitet: "Das ist komplizierter, als man denkt."

Bei der Aufzählung wird deutlich: Archivische Arbeit lässt sich nicht in wenigen Worten erklären. Man wisse nie, was für unvorhergesehene Fragen beantwortet werden müssen. Zum Beispiel, welche Schäden es beim Einmarsch der Alliierten in Tieringen gegeben hat. Oder welche Dokumente es zu den Gastarbeitern gebe. Oder was bekannt sei über einen Zollernälbler, der wegen angeblicher Hitler-Kritik festgenommen und in Oberndorf gefoltert worden war und in Balingen angeblich Selbstmord begangen hatte.

Zufallsfunde

Immer wieder habe es Überraschungen gegeben, erinnert sich der Kreisarchivar. Zum Beispiel, als er die Unterlagen zu den Zwangsarbeitern des Unternehmens "Wüste" rein zufällig unter dem Stichwort "Gräber" entdeckt habe. Dort, wo sie niemand vermutet hätte, und wo sie 50 Jahre geschlummert hatten. Wichtig sei ihm nicht nur die Bestandssicherung gewesen, sagt Zekorn, sondern stets auch der Aufbau des Archivs: "Für mich war es eine große Chance, eine Struktur hineinzubringen, die bis heute nützlich ist."

Langweilig wird es nie

Alles in allem: Die Entscheidung, Kreisarchivar zu werden, sei goldrichtig gewesen. Langweilig werde es zwischen den alten Dokumenten nie. Er würde es, sollte er noch einmal von vorne anfangen dürfen, sofort wieder tun. Im Ruhestand, sagt er, wolle er sich den Dingen widmen, die er seit Jahren aufgeschoben habe: zum Beispiel dem Aufsatz über die Verbrechen an den Hohenzollerischen Juden. Oder der Arbeit über die Grafschaft Hohenberg, die seit fünf Jahren "unberührt" auf seinem Schreibtisch liege. Die wolle er jetzt fertigstellen. Selbstverständlich werde er weiterhin Vorsitzender der Heimatkundlichen Vereinigung bleiben, sich um die Heimatkundlichen Blätter kümmern, um die Schriftleitung der Hohenzollerischen Geschichte – und etwas mehr Zeit mit der Familie verbringen, vielleicht reisen. Und vielleicht auch endlich mal "ohne Stirnlampe und bei Tageslicht" joggen oder langlaufen. "Denn", räumt er ein, "neben der Zeit mit der Familie braucht jeder auch Zeit für sich."

Elf Bewerbungen da

Elf Bewerbungen seien auf die Stellenausschreibung eingegangen, sagt Personalamtsleiterin Cornelia Staab. Nicht nur in den Zeitungen sei die Stelle ausgeschrieben worden, sondern auch an der Archivschule Marburg und an der Fachhochschule Potsdam. Bei der Vorauswahl habe Andreas Zekorn gewiss ein Wörtchen mitzureden. Entscheiden werde letztlich der Verwaltungs- und Finanzausschuss des Kreistags. "Mein Ziel ist es", sagt Zekorn, "dass meine guten Mitarbeiter einen guten neuen Chef bekommen."