Fliegende Funken: Die Ausbildung zur Fachkraft für Metalltechnik. Foto: dpa-Zentralbild

Die duale Ausbildung hat ein Imageproblem: Viele Unternehmen in der Region suchen händeringend nach qualifizierten jungen Menschen, die jedoch häufig neue Wege gehen.

Die duale Ausbildung hat ein Imageproblem: Viele Unternehmen in der Region suchen händeringend nach qualifizierten jungen Menschen, die jedoch häufig neue Wege gehen.

Stuttgart - Einen passenden Auszubildenden für den Betrieb zu finden fällt Alexander Graf derzeit nicht leicht. Die Hecolux GmbH, ein mitteländischer Elektrogroßhändler aus Stuttgart, bildet normalerweise drei Azubis zu Groß- und Außenhandelskaufmännern aus. „Eine Stelle ist bis auf weiteres unbesetzt“, sagt Graf.

Die unbesetzte Lehrstelle ist eine von insgesamt rund 5000 im Land. Azubis – vor allem gute – sind derzeit Mangelware in Baden-Württemberg. Die zwölf regionalen Industrie- und Handelskammern verzeichneten 2013 insgesamt 4,6 Prozent weniger Ausbildungsverträge als im Vorjahr. Im Jahr 2013 traten demnach 45 900 junge Menschen ihre Ausbildung in einem Industrie-, Handels- oder Dienstleistungsunternehmen an. Das sind 2200 weniger als im Jahr zuvor. In Zukunft dürften es noch mehr werden.

„Die Zahlen zeigen, dass sich der Wettbewerb um gute Leute verschärft hat“, sagt der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Stuttgart. Ein Grund dafür sei der mit dem demografischen Wandel verbundene Rückgang der Auszubildenden. Eine noch größere Rolle spielt laut anderen Experten die veränderte Schullandschaft in Baden-Württemberg.

„Der Rückgang hängt auch stark mit der Schulreform zusammen“, sagt Peter Klausen von der Arbeitsagentur Stuttgart. Der 57-Jährige ist Abteilungsleiter der Berufsberatung und beobachtet einen „Werteniedergang der betrieblichen Ausbildung“, der in einen „Imageverlust“ gemündet sei. „Viele Eltern gehen davon aus, dass der einzig richtig gute Weg über das Studium führt“, sagt Klausen. Und: Anstatt eine duale Ausbildung aufzunehmen, gingen immer mehr Hauptschüler auf Werkrealschulen. Realschüler strebten Berufsfachschulen an. „Hinzu kommt ein exorbitanter Rückgang bei der Zahl der Hauptschüler. Während es im Jahr 2004 noch 31,3 Prozent in Stuttgart gab, sind es im laufenden Schuljahr nur noch 8,3 Prozent“, sagt Klausen. Das sei ein besonderer Verlust, weil der Weg von Hauptschule in der Vergangenheit oftmals in eine Ausbildung führte.

Land steht vergleichsweise gut da

In der Region Stuttgart fällt der Rückgang an Ausbildungsverträgen im Vergleich zum Land etwas geringer aus. Rund 10.800 Azubis unterzeichneten hier ihren Arbeitsvertrag und damit 4,3 Prozent weniger als im Vorjahr.

„Im Vergleich zu anderen Bundesländern stehen wir damit in Baden-Württemberg aber noch gut da“, so der IHK-Hauptgeschäftsführer Andreas Richter. Die anderen Industrie- und Handelskammern haben für ihre Regionen bislang keine Zahlen veröffentlicht.

Die rund 5000 freien Lehrstellen erklärt Andreas Richter mit der gut laufenden Konjunktur. „In guten wirtschaftlichen Zeiten ist das Ausbildungsangebot immer größer.“

Ganz anders sieht es auf den anderen Gebieten des Arbeitsmarkts in Baden-Württemberg aus. Die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit rechnet im Jahr 2014 zwar mit einem Rückgang der Arbeitslosenquote. Im vergangenen Jahr lag diese im Land bei 4,1 Prozent – und stieg damit im Vergleich zum Vorjahr um 0,2 Prozent. Im Südwesten hatten im Jahr 2013 somit durchschnittlich 233.945 Menschen keinen Job.

Zum Jahresende war die Arbeitslosigkeit im Südwesten wie saisonal üblich leicht angestiegen. Die Zahl der Arbeitslosen legte im Dezember gegenüber dem Vormonat um 1,1 Prozent und gegenüber dem Vorjahr um 0,9 Prozent auf 224 896 zu. Die Arbeitslosenquote stieg auf 3,9 Prozent (November: 3,8 Prozent). Damit liegt Baden-Württemberg im Bundesvergleich erneut hinter Bayern (3,7 Prozent). Bei der Jugendarbeitslosigkeit kann der Südwesten die bundesweit niedrigste Quote (2,6 Prozent) vorweisen.

Dass nicht nur Quantität, sondern auch Qualität eine entscheidende Rolle spielt, weiß Alexander Graf von der Hecolux GmbH zu berichten. Die Firma stellte vor einigen Monaten einen Azubi ein, der die Firma aber wieder verließ, weil er die erhoffte Arbeit nicht lieferte. „Die Auswahl ist schwieriger geworden, auch weil die Qualität der Bewerbungen abgenommen hat.“