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Familie in China: Rauswurf eines Ingenieurs bei einem Rüstungszulieferer wird zum Politikum.

Stuttgart/Elmshorn - Das Arbeitsgericht Elmshorn besitzt nicht einmal eine eigene Internetseite. Dennoch macht ein Streitfall in der kleinen Stadt unweit von Hamburg und Nordsee bis in den Süden der Republik Schlagzeilen: Weil er eine Chinesin geheiratet hat, soll ein Ingenieur eines Zulieferbetriebs für die Bundeswehr plötzlich ein Sicherheitsrisiko für seinen Arbeitgeber sein. Vor dem Elmshorner Arbeitsgericht streitet der mittlerweile gekündigte 47-Jährige um die Rückkehr an seinen Arbeitsplatz.

Da er während der Probezeit entlassen wurde, kann sich der Ingenieur nicht auf das deutsche Kündigungsschutzrecht berufen. Stattdessen plädiert er auf Unwirksamkeit der Kündigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Letzteres hat der deutsche Staat 2006 verabschiedet, um Menschen vor Diskriminierungen wegen ihrer Herkunft, ihres Geschlechts, ihrer Religion, ihres Alters oder einer Behinderung zu schützen.

Der Arbeitnehmer schreibt in seiner Klage, ihm sei mündlich gesagt worden, durch seine familiären Beziehungen zur Volksrepublik China sei er besonders anfällig für Anbahnungs- und Werbungsversuche chinesischer Nachrichtendienste geworden. Außerdem wohne seine Frau mit ihrer Tochter in China - damit sei er zudem erpressbar, und die chinesische Geheimpolizei könne Druck auf ihn ausüben, Firmengeheimnisse zu verraten.

Der Stuttgarter Anwalt und Präsident des Verbands deutscher Arbeitsrechts-Anwälte, Michael Henn, sieht in dem Fall einen "besonders bizarren Verstoß" gegen das AGG. Vor Gericht landen in der Regel Diskriminierungen wegen des Alters oder des Geschlechts - zum Beispiel, wenn Bewerber aus diesen Gründen bei einer Stellenausschreibung nicht berücksichtigt werden. Zwar gelten die Chinesen gemeinhin als Weltmeister der Industriespionage. Daraus könne man aber nicht einfach schließen, wer eine Chinesin heirate, sei nicht mehr vertrauenswürdig, sagt Henn. "Das ist ein grobes Pauschalurteil."