Die Entwicklung von Apps liegt in der Hand der Jüngeren - Oft entwickeln Freiberufler die Anwendungen für Smartphones. Foto: AP

Junge Leute und Freiberufler entwickeln die Anwendungen für das Smartphone.

Apps sind zurzeit der Hit. Die kleinen Programme sind begehrt und bergen große Chancen für Entwickler. Häufig sind das Freiberufler, das ist typisch für diese Art von Applikationen. Und zunehmend geht es weniger um Spaß und Spiel, sondern auch um Entwicklung und Integration von Business-Apps in Geschäftsanwendungen.

Christian Hartmann hat und ist, was einen mustergültigen Entwickler von Smart-phone-Applikationen ausmacht: der 38-Jährige hat Wirtschaftsinformatik studiert, ist aus Überzeugung Freiberufler, hat Erfahrung in der Entwicklung von Backend-Systemen, kennt sich mit dem Front-End aus und ist überzeugter Apple-Fan. Trotz allem: „Obwohl die Auftragslage für App-Entwicklungen sehr gut ist, werde ich weiterhin zweigleisig fahren und plane, auch künftig über die Hälfte meines Umsatzes mit Aufträgen im Server-Umfeld zu machen.” Den Rest sollen Apps bringen. Hartmann hält Smartphones und die zurzeit starke Nachfrage nach App-Entwicklungen für einen Hype, der wieder abflachen wird. Andere sehen das anders.

Nach Informationen des US-amerikanischen Marktforschungsunternehmens IDC wurden 2010 weltweit 302,6 Millionen Smartphones ausgeliefert. Im Vergleich zu 2009 ist das ein Plus von 74,4 Prozent. Nokia hat einen Marktanteil von etwa einem Drittel, Research in Motion (Blackberry) und Apple liegen mit jeweils rund 17 Prozent auf den Plätzen zwei und drei. Für das laufende Jahr erwarten die Forscher von IDC ein ebenfalls starkes Absatzwachstum von Smartphones. Deren Plattformen dominieren Google und Apple. Google (Marktanteil 36 Prozent) nutzt das offene Betriebssystem Android für seine Geräte, Apples System heißt iOS. Obwohl Apple nur 17 Prozent Marktanteil hat, fährt das Unternehmen die Hälfte des Gewinns der Branche ein. Der Grund: Apple-Apps sind im Vergleich zu Google-Apps kostenpflichtig.

„30 Prozent bleiben bei Apple, 70 Prozent bekommt der Entwickler beziehungsweise das Unternehmen, das die App im App-Store von Apple eingestellt hat”, sagt Christian Walde-Sauer, Leiter des Competence Center Mobile Applications bei der Pass Consulting Group in Aschaffenburg, einem IT-Beratungs- und Software-Haus. Apple stelle Entwicklern eine sehr gute Dokumentation zur Verfügung, und für einen Jahresbeitrag von 99 US-Dollar könne man seine Apps in den Store stellen. Im Gegenzug vermarktet Apple das Produkt und übernimmt die Bereitstellung und die Zahlungsabwicklung. „Das macht die Selbstständigkeit für Einzelpersonen leicht, und daher gibt es recht viele Freiberufler in diesem Umfeld”, sagt Walde-Sauer.

Er geht davon aus, dass die Nachfrage nach App-Entwicklern steigen wird, zunehmend aber Entwickler gebraucht werden, die sich nicht nur mit den Apps auskennen, sondern auch Kenntnisse über branchenspezifische Geschäftsprozesse verfügen und die Apps an bestehende Systemlandschaften anbinden können. Moderne App-Entwickler müssen nach seiner Meinung in der Lage sein, mit Apps Emotionen zu transportieren und gleichzeitig Front- und Backend-Wissen bereitzustellen.

Seite 2: Mobile Anwendungen im Trend

Hartmann fiel der Einstieg in die Welt der mobilen Smartphone-Betriebssysteme nicht schwer. „Ich habe schon vorher im Mac-Umfeld entwickelt und kannte die Programmiersprache C.” Wissen über Android und Objective C hat er sich im Selbststudium von Büchern beigebracht. Objective C ist die Entwicklungsumgebung für Mac und iOS. Ein aktuelles Projekt, an dem er mitgearbeitet hat, wurde Ende April 2011 im App-Store veröffentlicht: eine App vom Potsdamer Platz in Berlin.

„Das ist eine für Smartphones optimierte Version der Internetseite www.potsdamerplatz.de”, sagt Martin Spitzenberg, Gründer und Geschäftsführer von Appmotion, einer Agentur für mobiles Marketing in Hamburg. Für diese Agentur hat Hartmann die App mitentwickelt, Auftraggeber von Spitzenberg war die Potsdamer Platz Management GmbH. Eine Besonderheit der App ist das auffällige Navigationsrad. Über dieses hat der Benutzer rasch Zugriff auf alle wichtigen Kategorien wie Restaurants und Bars, Hotels und Spa, oder er kann sich über die Geschichte des Platzes informieren. Eine interaktive Karte zeigt interessante Punkte in der Umgebung und berechnet die Route dorthin. „Apps müssen einen Mehrwert schaffen, Probleme lösen, nur dann lassen sie sich verkaufen.” Bezahlt hat die App die Managementgesellschaft, und sie kann kostenlos im App-Store abgerufen werden. Ihr eigentliches Ziel: Gäste und Umsätze am Potsdamer Platz.

„Das Gerät ist klein, man hat daher begrenzte Raum-Ressourcen und weniger Rechen- und Speicherkapazität. Nicht immer besteht eine Online-Verbindung, und auf die Oberfläche wird sehr viel Wert gelegt”, nennt Hartmann Unterschiede zu konventionellen Entwicklungen. Bei der Kundschaft handle es sich häufig um (Werbe-)Agenturen, die vornehmlich über die Optik gehen. „Deshalb verbringt man die meiste Zeit in der App-Entwicklung damit, Funktionen so zu designen, wie sie der Kunde gerne hätte.” Persönlich sieht er den Reiz von App-Entwicklungen so: „Weil man am Frontend das Ergebnis seiner Arbeit sieht”. Ein solches Erlebnis haben nicht viele Informatiker.

Im November 2010 hat Gulp, ein Unternehmen in München, das Freiberufler in Projekte vermittelt, die User der Datenbank gefragt, wie sie zehn vorgegebene IT-Trends werten. Gewinner war „Mobile Anwendungen”. Gulp hat mehr als 2500 Kunden, 75 000 eingetragene IT-Experten und rund 900 000 abgewickelte Projektanfragen. „Einen regelrechten Boom in der Nachfrage nach Mobile-App-Spezialisten können wir noch nicht erkennen - die Freiberufler in diesem Bereich sind aber gefragt, und der Bedarf steigt auf lange Sicht”, prognostiziert Susanne Schödl aus dem Portal- und Projektmanagement von Gulp. Im Februar 2011 gingen zum Beispiel 14 506 Projektanfragen ein, davon richteten sich 0,9 Prozent an App-Entwickler. In absoluten Zahlen waren das 130 Anfragen.

Die Mobile-App-Entwickler bei Gulp fordern im Schnitt mit 68 Euro pro Stunde etwas weniger als die Gesamtheit der IT-Freelancer (72 Euro), was wohl daran liegt, dass sie im Durchschnitt etwas jünger und unerfahrener sind als der durchschnittliche IT-Selbstständige. Fast ein Fünftel der freiberuflichen App-Spezialisten ist jünger als 34 Jahre. Dagegen liegen nur 9,8 Prozent aller IT-Selbständigen in dieser Altersklasse. „Die Entwicklung von Apps liegt in der Hand der Jüngeren.”

Rund 60 Prozent der freiberuflichen App-Spezialisten sind im Apple-Bereich tätig. Mit großem Abstand folgen Android-Experten auf Platz zwei (16,5 Prozent). „Bei der Nachfrage sieht es allerdings anders aus”, so Schödl. Platz eins bei der Verteilung der Mobile-Apps-Anfragen im Februar 2011 sei an Android gegangen. Auf Platz zwei folgten deutlich abgeschlagen iPhone-/iPad-Experten und auf dem dritten Rang Windows Phone beziehungsweise Windows Mobile. „Freelancer mit dem notwendigen Wissen um die Betriebssysteme von Smartphones sollten sich überlegen, ob die Entwicklung von mobilen Apps nicht etwas für sie wäre”, sagt Schödl. In der Entwicklung für iPhone und iPad liege sicher Wachstumspotenzial - allerdings auch große Konkurrenz.