„Es geht darum, die Versorgung für die Bevölkerung zu gewährleisten.“ Apotheker Frank Klaiber ist empört über die Sparpolitik der Regierung und beteiligt sich am deutschlandweiten Protesttag der Apotheken.
„Die Geschlossenheit zeigt, dass es für alle ein Thema ist“, erklärt Frank Klaiber, Betreiber der Rietenapotheke in Schwenningen. Die Apotheken in Villingen-Schwenningen bildeten eine gemeinsame Front, indem sie am Mittwoch geschlossen bleiben. Vor der Notfallapotheke steht eine Schlange von elf Personen, berichtet Kreisvorsitzender der CDA Schwarzwald-Baar Gottfried Schmidt – das seien nicht mehr Menschen, als gewöhnlich bei Notdienst, meint Klaiber. Die Aufklärung um den Protesttag scheinen also gefruchtet zu haben. Bereits seit Ende vergangener Woche haben die Mitarbeiter der Apotheken ihre Kunden mit Flyern und Aufklärungsmaterial über den Protesttag und das damit verbundene Nichtöffnen der Apotheken informiert.
Erklären Während die Schwenninger Apotheken sich direkt einvernehmlich dafür entschieden hätten, den ganzen Tag geschlossen zu bleiben, um ein Exempel zu statuieren, hätten die Villinger Apotheken aus der Innenstadt sich erst einig werden müssen, ob und wie man sich an dem Protesttag beteiligen würde. Der Kompromiss war dann, am Vormittag geöffnet zu haben und am Nachmittag geschlossen zu bleiben.
Valerie Aigner, Mitarbeiterin in der Paradiesapotheke in der Villinger Innenstadt erklärte am Mittwoch den Kunden am Vormittag, was es mit dem Protesttag auf sich habe, warum denn das Licht in der Apotheke ausgeschaltet bleibe und verteilte Infomaterial, das passenderweise auf Rezeptblöcke gedruckt war. „Das Licht bleibt aus, weil durch die Politik nach und nach immer mehr Apotheken das Licht ausgeht“, erklärt sie nachdrücklich.
Kundenreaktion Ein Kunde bekräftigte direkt beim Betreten der Apotheke „Ich muss sagen, ich find das völlig richtig, was Sie machen“, und spiegelt damit die Meinung der meisten Kunden wieder. „Die meisten finden die Aktion gut“, berichtet Klaiber, „wenige Stimmen sagen Apotheker haben’s ja eh noch gut“. Wenn solche Kommentare kommen, würde Klaiber auf die Forderungen und Zustände hinweisen, die zu dem Protesttag geführt haben.
Die Entscheidung auf diese Weise zu protestieren, sei keine leichte gewesen, da Apotheken einen gesetzlich verankerten Versorgungsauftrag haben und es ihnen nicht erlaubt ist, zu demonstrieren. Doch eine Klage müssen die örtlichen Apotheken nicht fürchten, da die Standesvertretung, die Interessenvertretung der Apotheken, die gesetzliche Lage geklärt habe. Thomas Karcher, Inhaber der Paradiesapotheke, meint: „Es hat sehr lange gedauert, man hätte es früher machen müssen.“ Sein Kollege Klaiber schließt sich an und findet, dass die deutschlandweite Geschlossenheit jetzt zeige, wie dringend der Handlungsbedarf jetzt sei.
Apotheken schließen Die Apotheken werden immer weniger, die Bevölkerung aber wächst. „Wir sind jetzt auf dem Stand von vor 40 Jahren“, sagt Klaiber entrüstet. Gerade die ländlichen Regionen seien betroffen. Immer mehr Apotheken, gerade die kleineren, seien gezwungen zu schließen. „Wir haben enorme Lieferengpässe, weil die Krankenkassen nicht die Herstellungskosten decken, und somit die Medikamente nicht mehr nach Deutschland geliefert werden.
Aufwand und Einsparung Besonders bei Medikamenten für Kindern sei dies im letzten Jahr ins Gewicht gefallen. Außerdem entstehe durch wachsende Bürokratie ein erheblicher, nicht bezahlter Mehraufwand, den der Kunde nicht sehe. „Es geht darum, die Versorgung für den Kunden zu gewährleisten, der Patient ist am Ende der Leidtragende. Es muss ein Spielraum geschaffen werden, Bürokratieabbau kostet ja erstmal nichts“, positioniert sich Klaiber. Zu der Reaktion des Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach auf die Forderungen, dass es kaum Handlungsspielraum gebe, meint Klaiber: „Herr Lauterbach müsste den Rotstift woanders ansetzen.“ Seit zehn Jahren habe es keine Honoraranpassung mehr gegeben, bei wachsender Inflation und steigenden Energiekosten.
Ausblick Der Ausblick in die Zukunft ist wenig verheißungsvoll. Aus genannten Gründen können sich immer weniger Pharmaziestudenten vorstellen, sich selbstständig zu machen und eine Apotheke zu übernehmen und damit mit ihrem Privatbesitz dafür zu haften, weil es sich einfach nicht für sie lohne. Klaiber findet das Schade, weil seinen Beruf sehr gerne ausübt.
Welche Wirkung der Protesttag erzielen wird, ist noch offen. „Ich hab den Glauben noch nicht aufgegeben“, blickt Frank Klaiber nicht ohne Hoffnung in die Zukunft.