Im neuen Gemeinderat von Bad Liebenzell geht es hoch her. So soll Stadtrat Erich Grießhaber (Grüne) seinen Kollegen im Gremium, Dietmar Fischer (CDU), in der konstituierenden Sitzung einen „Säckel“ genannt haben. Die Sache hat ein Nachspiel.
Schon der Wahlkampf im Vorfeld des Urnengangs am 9. Juni wurde mit harten Bandagen geführt. In der konstituierenden Sitzung am 23. Juli ging es gleich zur Sache.
Das zeigte sich unter anderem bei der Wahl zweier Stellvertreter von Bürgermeister Roberto Chiari. So wurden die zweiten und dritten Stellvertreter, Katrin Heeskens und Ekkehard Häberle, nur knapp mit jeweils zehn Stimmen gewählt.
Was sagt Fischer? Stadtrat Dietmar Fischer (CDU), abgewählter Amtsvorgänger von Bürgermeister Roberto Chiari, führte aus, dass es zum guten Ton gehöre, wenn die zweitstärkste Fraktion, also die Liste Zukunft Bad Liebenzell (ZBL) den zweiten Stellvertreter des Bürgermeisters stelle.
Erich Grießhaber (Grüne) entgegnete, dass manche im Gremium sehr still sein sollten, was den guten Ton angehe. Doch von Grießhaber soll während der Wortmeldung von Fischer nicht nur das gekommen sein. Er habe „Der Säckel“ – so schreibt Fischer den Begriff in seiner Dienstaufsichtsbeschwerde – zu ihm während seiner Wortmeldung gesagt, klagt Fischer. Das habe er selbst gehört.
Was sagt Grießhaber? Grießhaber bestreitet im Gespräch mit unserer Redaktion gar nicht, dass der Ausdruck gefallen sei. In einem kurzen Zwiegespräch mit seinem Fraktionskollegen Dietmar Lehmann-Schaufelberger habe er nicht laut über Fischer gesagt: „So ein Säckel.“ Das sei aber erst bekannt geworden, als von AfD-Stadtrat Norbert Maier in der Sitzung die Aussage gekommen sei, dass er dies gesagt habe, so Grießhaber. Die Aussage sei aber nicht direkt an Fischer gerichtet gewesen, macht Grießhaber deutlich.
Anzeige bei der Polizei Fischer ließ die Angelegenheit aber nicht auf sich beruhen. Er fühlte sich von Grießhaber beleidigt und erstattete Anzeige bei der Polizei. Der Posten Bad Liebenzell bearbeite derzeit eine dort eingegangene Strafanzeige wegen des laut Mitteiler vorliegenden Anfangsverdachts der Beleidigung, teilte Benjamin Koch, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Pforzheim, auf Anfrage unserer Redaktion mit: „Nach Abschluss der Ermittlungen wird diese der zuständigen Staatsanwaltschaft Tübingen zur rechtlichen Würdigung und weitergehenden Entscheidung vorgelegt.“
Grießhaber nennt Fischers Reaktion „so was von daneben“ und spricht von einem „Kindergarten“. Fischer solle sich an die eigene Nase fassen. Sich zum Gemeinderat aufstellen zu lassen, wenn man zuvor als Bürgermeister abgewählt worden sei, mache man nicht, findet Grießhaber.
Dienstaufsichtsbeschwerde Doch mit einer Anzeige bei der Polizei ließ es Fischer nicht bewenden. Er legte Dienstaufsichtsbeschwerde bei der Kommunalaufsicht des Landratsamtes Calw gegen Roberto Chiari ein. Er wirft seinem Amtsnachfolger vor, den Zwischenruf von Grießhaber nicht gerügt zu haben. „Auch als Herr Maier den Zwischenruf unmittelbar danach bestätigte, kam es zu keiner Reaktion von Herrn Chiari. Er ließ die Beleidigung stehen“, schreibt Fischer in seiner Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Chiari, die der Redaktion vorliegt und fügt in dem Schreiben hinzu: „Beleidigungen haben in der Öffentlichkeit und in einer öffentlichen Gemeinderatssitzung nichts verloren. Es ist traurig und sehr schade, wenn ein Vorsitzender in einer öffentlichen Sitzung dies zulässt und nicht sofort reagiert.“
Was meint das Landratsamt? Marie Lindenberger, Pressesprecherin des Landratsamtes Calw, bestätigte den Eingang von Fischers Dienstaufsichtsbeschwerde. Sie werde derzeit geprüft. „Eine Beurteilung kann von uns noch nicht abgegeben werden, da wir noch dabei sind den genauen Sachverhalt zu ermitteln und danach diesen prüfen werden.“ Die Prüfung werde voraussichtlich bis Ende September abgeschlossen, so Lindenberger.
Ausdruck nicht gehört
Was sagt Roberto Chiari? Bürgermeister Roberto Chiari sagte auf Nachfrage unserer Redaktion, dass er den Ausdruck „Säckel“ nicht gehört habe. Wenn er so etwas höre, werde er dazwischen schreiten. Wegen des Vorfalls habe er zu Beginn der darauffolgenden Sitzung am 30. Juli einen Appell an das Gremium gerichtet. Er hoffe auf eine „respektvolle und geordnete“ Atmosphäre. Persönliche Angriffe und Beleidigungen seien zu unterlassen. Bei einem Verstoß könne der Bürgermeister als Sitzungsleiter das Verhalten sanktionieren. Das reiche von einer Ermahnung über einen im Protokoll vermerkten Ordnungsruf bis hin zum Ausschluss für den Rest der Sitzung. Nur so könne eine „produktive Arbeitsatmosphäre“ gelingen. Zur Dienstaufsichtsbeschwerde sagte Chiari: „Ich finde es schade, dass Herr Fischer nicht das persönliche Gespräch sucht, sondern den Weg der Dienstaufsichtsbeschwerde.“