Zwei von Jochen Links Wegbegleitern sind die Religion und die Philosophie. Foto: Eva-Maria Huber

Jochen Link ist nicht nur viel beschäftigter Anwalt, sondern auch Außenstellen-Leiter des Opferschutzvereins Weißer Ring im Schwarzwald-Baar-Kreis. Wie der Familienvater mit nur fünf Stunden Schlaf trotzdem genügend Zeit für Familie und Hobbys findet, verrät er im Gespräch mit der Redaktion.

Ein verwunderter Blick. Wie schafft er es, nach nur fünf Stunden Schlaf so tiefenentspannt auszusehen? Die Frage richtet sich an Jochen Link, vielbeschäftigter Anwalt und Außenstellen-Leiter des Opferschutzvereins Weißer Ring im Schwarzwald-Baar-Kreis. Nur mit der morgendlichen Tasse Kaffee, für die er sich immerhin fünf Minuten Zeit nimmt?

 

Es ist Nachmittag und wie meistens liegen hinter Jochen Link nur wenige Stunden Schlaf. Kurz nach 1 Uhr ins Bett, morgens gegen 6 Uhr wieder raus, um mit der Familie schwungvoll in den Tag zu starten.

Kinder und Ehefrau verlassen für verschiedene Schulen das Haus, er eilt zur Kanzlei in der Doppelstadt oder zu Landgerichten irgendwo in Baden-Württemberg. „Unser Standardprogramm“, erklärt er mit einem frischen Lächeln, während die Reporterin schon beim Gedanken an so wenig Schlaf gähnen muss.

Geprägt von Habermas

„Wie schaffen Sie das?“ Man nehme, so der Familienvater, eine große Dosis Humanismus, gewürzt mit buddhistischen Lebensweisheiten, eine Extraportion Humor, dabei insbesondere die Fähigkeit, über sich selbst zu lachen, und die tägliche Ration Dankbarkeit, aber auch Kritik. „Der Philosoph Habermas hat mein methodisches Vorgehen stark geprägt“, wie er erläutert.

Reicht es am frühen Morgen für den Blick in die Zeitung? Nicht wirklich. Nur kurz wird das wichtigste Ressort gestreift, die Politik.

Thematisch geht es beim Interview schnell wieder weg von Unruhestiftern und hin zu Persönlichkeiten, mit denen der Jurist gerne essen gehen würde, wären sie noch am Leben. Denn die spontane Wahl fällt auf den ehemaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt, „einen Menschen mit messerscharfem Verstand, großem Wissen und pragmatischer Weitsicht“.

Hätte der überzeugte Nichtraucher und Vegetarier den Kettenraucher einen Abend lang ertragen? „Die Qualmerei hätte ich in Kauf genommen.“ Auf der Favoritenliste stehen weiter Johanna Geissmar, Ludwig Quidde, Lokman Slim, Giordano Bruno, Maya Angelou – er hört gar nicht mehr auf. Dafür würde er auf viel Schlaf verzichten und zuhören.

Für Jochen Link gibt es nur „positiven Stress“

Kennt der gebürtige Baden-Badener mit rheinland-pfälzischen Wurzeln so etwas wie Stress? „Für mich gibt es nur positiven Stress“, lacht er. Negativer Stress habe grundsätzlich keinen Platz in seinem Leben. Anstrengender Kanzlei-Alltag, schwierige Fälle beim Weißen Ring: Wie findet der Fachanwalt für Arbeitsrecht und Spezialist für Opferrecht noch Zeit für Privates? Die Kinder sind dem Familienmenschen am wichtigsten.

Doch regelmäßig spielt er auch Basketball, macht Langstreckenlauf, nimmt Gitarrenunterricht, seinem Arbeitsrhythmus entsprechend einmal die Woche um 21.30 Uhr. Musikalisch pendelt er zwischen Jean Sibelius, Ana Vidovic, Nura, Kendrick Lamar und aller Art von Metal, vorzugsweise Iron Maiden und Metallica. In seiner Jugendzeit hat ihn aber am meisten Nirvana geprägt.

Schock für eine ganze Generation

Schnell kommen Erinnerungen an den vor über 30 Jahren verstorbenen, charismatischen Nirvana-Frontman Kurt Cobain: „Sein Suizid hat mich sehr mitgenommen.“ Link war damals 18 Jahre alt. „Meine heutige Frau und ich saßen gerade im Kino, als wir davon erfuhren. Es war ein Schock.“ Für ihn, für eine ganze Generation.

Wie wichtig sind dem bald 50-Jährigen, der Religion und Philosophie zu seinen Wegbegleitern gemacht hat, spirituelle Gedanken? Sehr wichtig, weil dies auch bedeute, sich selbst von außen zu betrachten und immer wieder den Blickwinkel zu ändern. Karma ist für ihn nicht nur ein salopp ausgesprochenes Modewort, sondern etwas Erfahrbares.

Was bedeutet es für ihn? Prompt liefert Link eine recht plastische Erklärung: Sein Sohn habe sich am Tag des Interviews in der morgendlichen Hektik frisch gepressten Orangensaft über die neue, erstmals angezogene Hose geleert, der Vater musste lachen. Stunden später, kurz vor dem Gespräch mit unserer Redaktion, habe er sich Kaffee auf den frisch gewaschenen Pullover gekippt. „Auch das ist Karma“, erklärt Link augenzwinkernd.

Große Gabe: Kindliches bewahren zu können

Eigentlich sollte er schon längst wieder in der Kanzlei sein, die Arbeit, die Akten rufen. Was möchte Jochen Link in seinem Leben nicht vermissen? Abgesehen von der „quality time“ mit seiner Familie und Freunden? „Ich möchte immer wieder Menschen kennenlernen, die mich zum Nachdenken bringen, von denen ich etwas lernen kann.“

Welche Gabe möchte er nie verlieren? „Die Fähigkeit, etwas Kindliches in mir zu bewahren.“ Die großen Optimisten seien im Innersten Kind geblieben.“ Pause. „Es gibt viel zu viele reine Erwachsene!“ Der Kaffee ist leer, sein Akku noch lange nicht.