Beleidigungen und persönliche Angriffe sind dank Smartphone und "social media schnell" geschrieben und veröffentlicht – und nehmen anscheinend zu. Foto: Gollnow

Frommerns Ortsvorsteher Stephan Reuß hat öffentlich gemacht, dass er in "social media" persönlich angegriffen wurde. Er will die Menschen für dieses Problem sensibilisieren.

Balingen-Frommern - Im Ortschaftsrat hatte Reuß berichtet, dass Unzufriedenheit mit kommunalen Angelegenheiten seiner Wahrnehmung nach "vermehrt in persönliche Hetze im Internet" münde. Ein erboster Bürger habe ihn sogar daheim aufgesucht und "zur Rede stellen wollen".

"Auf Facebook wird man schnell mit Missständen in Verbindung gebracht, für die man eigentlich nichts kann", sagt der 39-Jährige im Gespräch mit unserer Redaktion. Dabei gehe es eigentlich um "alltägliche Geschichten", wenn beispielsweise der Bauhof etwas nicht so erledige, wie es ein Bürger erwarte.

Schnell ist die erste Emotion im Netz publiziert

Bürgermeister, Ortsvorsteher, Gemeinde- und Kreisräte würden schnell persönlich beleidigt oder gar verleumdet, obwohl der Betreffende genau wisse, dass diese für den Missstand gar nichts könnten. In "social media" werde oft die erste, wütende Emotion gleich veröffentlicht: "Im Internet sind die Leute schnell dabei, was zu schreiben." Sie vergäßen dabei oft, dass auch der Angegriffene ein Mensch sei.

Die Hemmschwelle dafür, so empfindet es der Verwaltungsfachmann, werde immer niedriger. Er sagt zu dem Fall, in dem er selbst angegangen wurde: "Das ist nicht schön, aber das macht mich nicht fertig. Da stehe ich drüber."

"Das geht gegen die Ehrenamtlichen."

Doch er sieht eine gesellschaftliche Gefahr aus der Häufung von Hetze im Netz: "Das geht gegen die Ehrenamtlichen." Es könne sein, dass sich Betroffene überlegten, ob sie weiter für die Gemeinschaft ihre Zeit und Energie einsetzen wollen.

Diese Überlegung ist nicht aus der Luft gegriffen. Beispielsweise hat Albstadts Oberbürgermeister Klaus Konzelmann im Juni angekündigt, nicht erneut zur Wahl anzutreten: Er habe "eine zunehmende, teils bis ins Unverschämte gehende Ich-Bezogenheit" von Bürgern erlebt, begründete er. Auch andere gewählte Bürgervertreter im Kreis wurden schon beleidigt oder sogar körperlich angegriffen.

Albstadt Oberbürgermeister hat schon aufgegeben

Die Menschen sollten besser nochmal nachdenken, ehe sie im Internet persönliche Attacken reiten, findet Stephan Reuß. Um der Gefahr zu begegnen, dass Ehrenamtler wegen Hetze und verrohender Sitten frustriert ihre Ämter aufgeben, wolle er auf dieses Thema aufmerksam machen.

Und das hat offensichtlich funktioniert: On- und offline wird der Vorstoß des Frommerner Ortsvorstehers diskutiert.

Die Reaktionen, die Reuß selbst mitbekommen hat, signalisierten viel Zuspruch, berichtet er: "Gut, dass du das angesprochen hast", sagten und schrieben ihm Bürger, Bekannte und Verwaltungskollegen.