Kultur: Beim Antikriegstag in der Alten Synagoge in Hechingen fordern die Redner Engagement für Frieden und Gerechtigkeit
Hechingen. Ein Schrei nach Gerechtigkeit, ein Schrei nach Frieden, in Wort und Musik – so beschrieb der Vorsitzende des ver.di Ortsvereins Zollernalb, Salvatore Bertolino, den Verlauf der Veranstaltung zum Antikriegstag, zu der er am Mittwoch in die Alte Synagoge in Hechingen eingeladen hatte.
Diesen "Ort der Zeit und Heimatgeschichte" bezeichnete Manfred Bensch von den ver.di-Senioren Zollernalbkreis als geradezu prädestiniert, die Erinnerungen wachzuhalten – unter anderem an den Überfall der Wehrmacht auf Polen am 1. September 1939 – und sich wider des Vergessens einzusetzen. "Hier und überall" solle der Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit erfolgen, forderte auch Bertolino, der sich wünschte, "dass Völkerverständigung zur Selbstverständlichkeit wird".
Weshalb, das verdeutlichten die weiteren Redner, die dafür einen großen Borgen spannten. So werde nach Ansicht von Klaus Jetter, zweiter ehrenamtlicher Bürgermeister-Stellvertreter Hechingens, der Gedenktag in einer "schwierigen Zeit" abgehalten, denn es gebe immer noch viele Kriege und Vertreibung, Fremdenhass und antisemitische Übergriffe. Abschreckendes Beispiel sei die aktuelle Lage in Afghanistan. "Jeder kann etwas tun, um die Friedensbotschaft in die Welt zu tragen", mahnte Jetter angesichts dieser Ereignisse an.
"Ruder herumreißen"
Für Bernd Romer von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Zollernalb, der auch im Namen des Deutschen Gewerkschaftsbunds sprach, stehen vor allem die Regierung und die Parteien in Pflicht. Diese sollten klar Stellung beziehen und beim Thema Rüstungsausgaben "das Ruder herumzureißen". Die vielen Milliarden Euro, die dafür ausgegeben würden, könnten besser für andere Zwecke ausgegeben werden: um die soziale Ungerechtigkeit zu beseitigen, für den Klimawandel, zur Alterssicherung, in der Pflege und für mehr Bildung.
Rainer Püttbach, Personalrat der Hechinger Stadtverwaltung brach das Thema noch weiter herunter. Für ihn ist mit Blick auf die Verschiedenartigkeit der Bevölkerung, was Nationalitäten und Glaubensrichtungen angeht, "das Wichtigste, voneinander zu wissen". Er gab den Ratschlag: "Redet miteinander, lernt voneinander, trefft euch miteinander. Dann kann man nicht gegeneinander aufgebracht werden."
Das Leid, das Hechinger in Kriegen erfahren mussten, verdeutlichte der Heimatforscher Adolf Vees in drei Kurzgeschichten: So zogen junge Männer 1864 in den deutsch-dänischen Krieg, "in dem sie starben für ein fremdes Land und ein Ziel, das sie nicht kannten". Im Ersten Weltkrieg fielen Hechinger an der Westfront, und 1944 wurden Bewohner Opfer von feindlichen Flugzeugangriffen. An die jüdische Gemeinde in Hechingen erinnerte Mario Peters, der unter anderem ein Stück von Leon Schmalzbach, das der letzte Kantor der Synagoge 1925 komponiert hatte, am Flügel intonierte und jüdische Lieder spielte und sang.